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Dresdner Schüler digitalisieren den „Grünen Daumen“

Christoph Trischler und Alexander Kunsnezoff vom Schülerrechenzentrum Dresden präsentieren ihren "Giesomaten" im Dresdner Infineon-Entwicklungszentrum Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Christoph Trischler und Alexander Kunsnezoff vom Schülerrechenzentrum Dresden präsentieren ihren „Giesomaten“ im Dresdner Infineon-Entwicklungszentrum Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Mit ihrem „Giesomat“ wollen Christoph und Alex die Zimmerpflanzen automatisiert vor dem trockenen Tod bewahren

Dresden, 13. April 2022. Manche päppeln auch den zartesten Keim zu einer prachtvollen Zimmerpflanze auf – und anderen vertrocknet selbst der robusteste Fikus. Falls Sie zu letzterer Spezies gehören: Christoph Trischler und Alexander Kunsnezoff vom Schülerrechenzentrum Dresden haben mit Infineon-Hilfe eine Lösung für Menschen ohne „Grünen Daumen“ gefunden: Die 17 und 18 Jahre jungen Tüftler haben einen „Giesomat“ entwickelt, der automatisch anzeigt, wenn die geliebte Zimmerpflanze oder der Büro-Gummibaum zu vertrocknen droht oder auch chronisch überwässert wird. Eine automatische Gießmaschine ist zwar noch nicht integriert – aber das kann ja noch werden.

Untersetzer aus dem 3D-Drucker mit Elektronik gespickt

Im Grundsatz besteht der Giesomat aus einem Kunststoff-Untersetzer aus dem 3D-Drucker. Darin haben die Jungs einen Mikrokontrollchip, ein Funkmodul, einen Akku und Anschlüsse für bis zu vier Sensoren integriert. Ist die Pflanze darauf platziert, muss der Blumenliebhaber einen Bodenfeuchte-Sensor in die Erde stecken. Über weitreichende Funksignale des „Long Range Wide Area Network“-Standards (Lorawan) sendet der Giesomat die Messwerte an einen Minicomputer vom Typ „Raspberry Pi“. Ein selbstgeschriebenes Python-Programm und weitere Software-Bausteine übernehmen dann die Auswertung und Aufbereitung der Daten.

Alarm war nachts zu nervig

Eigentlich hatte das Duo auch schon ein akustisches Warnsignal in den Giesomat eingebaut, das den Pflanzenbesitzer ans Gießen erinnert, solange noch kein Gießroboter zu Hand ist. „Den haben wir aber wieder ausgeschaltet: Das ist zu nervig, wenn der Alarm in der Nacht losgeht“, erzählt der 17-jährige Christoph, der normalerweise im Berufsschulzentrum Elektronik lernt, wenn er nicht gerade im Schülerrechenzentrum tüftelt. „Meine Eltern hat das zu sehr gestört.“

Infineon kooperiert mit Schülerrechenzentrum

Fachliche Unterstützung bekamen die beiden bei dieser schon recht komplexen Prototypen-Entwicklung von zwei Tutoren Mayk Röhrich und Sebastian Simon vom Dresdner Infineon-Entwicklungszentrum: Mayk Röhrich schaffte beispielsweise die nötige Hardware heran, stellte auch den Kunststoff-Untersetzer im 3D-Drucker her. „Außerdem können sich die Schüler bei Fragen an uns wenden und wir helfen ihnen auch, Lösungen zu finden, wenn sie an bestimmten Punkten nicht weiterkommen“, erzählt Sebastian Simon.

Seniormanager Sebastian Simon vom Infineon-Entwicklungszentrum. Foto: Heiko Weckbrodt

Seniormanager Sebastian Simon vom Infineon-Entwicklungszentrum. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Chipentwickler wollen mehr Schüler fürs Technologie-Studium animieren

Vor allem aber verspricht sich das Unternehmen auch langfristige Effekte aus der Kooperation mit dem Schülerrechenzentrum: „Im Bereich Halbleiter Elektrotechnik und Informatik haben wir so viele Unternehmen in der Mikroelektronik ein Nachwuchsproblem“, erklärt der Seniormanager. Infineon wolle daher mehr junge Leute aus der Region für ein Studium in den Hightech-Fächern begeistern. „Das Schülerrechenzentrum ist dafür eine gute Plattform“, sagt er. Denn die Jungen und Mädchen, die dort in ihrer Freizeit lernen, zu programmieren, Roboter zu steuern oder Elektronik zusammenzulöten, seien schon recht fit: „Bei manchen Software-Details kennen sich die Schüler ehrlich gesagt schon besser aus als ich“, gesteht Simon, dessen Informatikstudium doch schon ein paar Jahre zurücklegt und der als Seniormanager im Infineon-Entwicklungszentrum heute doch eher mit Chipdesign als mit Python-Codezeilen zu tun hat.

Giesomat kann auch CO2, Wärme und Feuchte messen

Und die beiden Jungs haben auch schon Ideen, wie sich ihr Prototyp weiterentwickelt lässt. „Das könnte zum Teil eines Smart Gardens werden“, meint der 18-jährige Alexander vom Marie-Curie-Gymnasium. So lassen sich an den Giesomat auch andere Sensoren koppeln, die beispielsweise den Kohlendioxid-Gehalt der Umgebung, die Temperatur und Luftfeuchte messen können. Im Grundsatz haben sie das auch schon ausprobiert, nur noch nicht grafisch aufbereitet. Führt man all dies in einem „Garten 4.0“ zusammen und koppelt es mit der richtigen Software und Rechnerwolke, könnten hochautomatisierten Gewächshäuser jede Pflanze individuell versorgen – und damit Wachstum und Erträge verbessern. In einigen Profi-Gartenbetrieben ist ähnliche Technik auch bereits im Einsatz, aber noch rar gesät. Vor allem aber in Büros und Wohnungen, in denen kein Mensch mit „grünem Daumen“ lebt oder arbeitet, könnte solch ein Giesomat womöglich manch Pflanzenleben retten…

Neben Alex und Christoph haben weitere Nachwuchs-Entwickler vom Schülerrechenzentrum Dresden ihre Projekte und Prototypen im Infineon-Entwicklungszentrum vorgestellt. So zeigten beispielsweise Bruno Hoffmann, Karl Jahn, Tom Nitsche und Jakob Paridon mit „Intectainment“ ihr Konzept für ein firmeninternes Netzwerk ähnlich den Facebooks und Twitters in freier Wildbahn. Ein weiteres Team präsentierte ein Übersetzungsprogramm, in das auch freier Dolmetscher ihre Künste einbringen können.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Präsentation, Interviews

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt