Bund und Land sagen 15 Millionen Euro jährlich für Umbau und Forschung an komplexen Systemen zu
Görlitz, 5. September 2021. Das Helmholtz-Zentrum fortgeschrittenes Systemverständnis „Casus“ bekommt künftig 15 Millionen Euro pro Jahr für seine Forschungen über Klima, Schwarze Löcher, Energieversorgung und andere komplexe Systeme. Außerdem soll das wachsende Team aus seinem Übergangsdomizil am Görlitzer Marktplatz in das alte Kondensatorwerk umziehen, das eigens für die Wissenschaftler saniert und umgebaut wird. Eine entsprechende Vereinbarung bis 2038 haben nun Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Staatssekretär Wolf-Dieter Lukas vom Bundesforschungsministerium in der Grenzstadt unterzeichnet. Das hat das Mutterinstitut, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), mitgeteilt.
Ministerin will einen Magneten für Wissenschaftler aus aller Welt schaffen
„Wir wollen das Casus gemeinsam zu einem internationalen Vorbild der interdisziplinären Forschung im Bereich der Digitalisierung machen“, kündigte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) an. Es sei bewusst an der Grenze zu Polen, in der Mitte Europas angesiedelt: Das Zentrum können „auf diese Weise zu einem Magneten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt werden“. Das „Center for Advanced Systems Understanding“ (Casus) kooperiert dafür mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig, dem Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik Dresden sowie den Unis Dresden und Breslau.
Helmholtz-Tochter erforscht Klima, Schwarze Löcher und autonomes Fahren
Das Casus entstand im Sommer 2019 als Ausgründung des HZDR und bezog zunächst ein Quartier in der Görlitzer Altstadt. Der Bund gab dem neuen Institut zehn Millionen Euro Startfinanzierung bis einschließlich 2021, der Freistaat legte eine weitere Million dazu. Die Forscher wollen insbesondere mit Simulationen an Supercomputern, mathematischen Modellen und anderen Methoden komplexe Systeme zu verstehen lernen, in denen besonders viele Einflussfaktoren und Teilchen zusammenwirken . Dazu gehören die kosmische Teilchen- und Energieströme in der Nähe überschwerer Objekte ebenso dazu wie Wetter, Klima, Künstliche Intelligenz, das Zusammenspiel von Physik, Chemie und Biologie in lebenden Organismen oder das vernetzte und autonome Fahren in der Stadt der Zukunft.
60-köpfiges Team wächst
Derzeit umfasst das Team um Direktor Prof. Roland Sauerbrey und den Gründungsbeauftragten Dr. Michael Bussmann rund 60 Wissenschaftler, Ingenieure und studentische Hilfskräfte. Viele von ihnen sind aus dem Ausland dazugestoßen und auch künftig will sich das Casus-Kollektiv stark international ausgerichten. Damit das Team weiter wachsen kann, lässt das HZDR ab 2022 das alte Kondensatorwerk an der Neiße für die Forscher umbauen.
Zu DDR-Zeiten stellte Fabrik Stromspeicher für Radios und Fernseher her
Das Fabrikgebäude entstand in der Kaiserzeit, um das Jahr 1890. Verschiedene Unternehmen stellten hier Koffer und Dampfkessel her, zeitweise war hier eine Diamantschleiferei untergebracht. Ab 1952 stellt dort der VEB Kondensatorenwerk Görlitz verschiedene Energiespeicher für Radios, Fernseher und andere elektrische und elektronische Geräte her. Zeitweise waren in der Fabrik über 1000 Menschen beschäftigt. Nach der Wende brach der Absatz ein, 1992 ging das Kondensatorwerk pleite. Seither verfällt die alte Fabrik. Die Sanierungs- und Umbaukosten dürften im zweistelligen Millionenbereich liegen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: HZDR, Oiger-Archiv, Wirtschaft in Sachsen, Rottenplaces, Industriekultur Ost
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