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Lufttaxis: Milliardenmarkt oder nur ein Hype?

Das elektrische Lufttaxi von Joby Aviation auf dem Textfeld des Unternehmens in Kalifornien. Foto: Joby Aviation

Das elektrische Lufttaxi von Joby Aviation auf dem Textfeld des Unternehmens in Kalifornien. Foto: Joby Aviation

Auch die Nasa testet nun ein Lufttaxi von Joby – doch die Zukunft der Elektro-Senkrechtstarter bleibt umstritten

Big Sur/Cambridge, 4. September 2021. Die Nasa testet derzeit im kalifornischen Big Sur ein Flugtaxi. Dabei handelt es sich um einen elektrischen Senkrecht-Starter des Luftfahrtunternehmens „Joby Aviation“ aus Santa Cruz. Die US-Raumfahrtbehörde will damit untersuchen, ob und in welchem Maße sich Lufttaxis für künftige Mobilitätskonzepte in den USA eignen. Hintergrund: Zwar gibt es viele Ankündigungen, den Lufttaxis stehe eine goldene Zukunft bevor. Doch über Versprechen und Einzelanfertigungen ist diese Mobilitätstechnologie bisher nicht hinausgekommen.

So stellen sich die Nasa-Illustratoren den urbanen Luftverkehr der Zukunft vor. Visualisierung: Nasa

So stellen sich die Nasa-Illustratoren den urbanen Luftverkehr der Zukunft vor. Visualisierung: Nasa

Die Nasa-Tester wollen unter anderem die Leistung, Wendigkeit, Reichweite und den Lärmpegel des ausgewählten Lufttaxis ausmessen. Auch die Kommunikation mit einer Kontrollstation ist Teil der Erprobungen. Die Tests gehören zur Nasa-Kampagne „Advanced Air Mobility“ (AAM).

Auf der "Drone Week" in Amsterdam haben Audi, Airbus und Italdesign demonstriert, wie fliegende und autonom fahrende Taxis künftig Passagiere transportieren sollen. Allerdings funktioniert das mit Drohne udn Elektroauto erst mal nur im 1:4-Modell. Foto: Audi AG

Auch eine Art Lufttaxi-Idee: Bei einer Messe demonstrierten Audi, Airbus und Italdesign vor Jahren, wie fliegende und autonom fahrende Taxis künftig Passagiere transportieren sollen. Allerdings funktioniert das mit Drohne und Elektroauto erst mal nur im 1:4-Modell. Foto: Audi AG

Branchenriesen und Start-Ups am Rennen um praxistaugliche Lufttaxis beteiligt

Zahlreiche Akteure weltweit beschäftigen sich mit Lufttaxis beziehungsweise haben auch solche Fluggeräte angekündigt. Meist sind sie als Senkrechtstarter mit mehreren Rotoren ähnlich einer übergroßen Drohne konzipiert, oft mit Elektromotoren, teils auch mit Hybridantrieben. An Lufttaxis arbeiten einerseits internationale Branchenriesen wie Airbus, Boeing und Bell. Andererseits beteiligen sich auch viele junge Unternehmen am Rennen um praxistaugliche Lufttaxis. Dazu gehören beispielsweise Joby Aviation in Bi Sur, Lilium in Weßling oder Volcocopter in Bruchsal, aber auch weniger bekannte Start-ups wie EHang aus China, SkyDrive, Vertical Aerospace, Jaunt Air Mobility, Archer Aviation und Beta Technologies.

Ein Lilium-Senkrechtstarter
beim Testflug
(Video: Lilium):

Flügelaeronautics Dresden nicht über Holzmodell hinausgekommen

Andere Protagonisten wie etwa Flügelaeronautics aus Dresden sind bis heute nicht über Holzmodelle hinausgekommen und geben seit Herbst 2019 kaum noch ein Lebenszeichen von sich. Gründer Diego Schierle ist laut seinem Linkedin-Profil bereits seit zwei Jahren als technischer Projektleiter beim Automobilzulieferer „Valeo Siemens eAutomotive“ aus Erlangen tätig. Der Sitz von Flügelaeronautics wurde im Herbst 2020 von Dresden nach Fürth verlegt.

Holzmodell eines Flugtaxis von Flügel Aeronautics aus Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Holzmodell eines Flugtaxis von Flügel Aeronautics aus Dresden im Sommer 2019. Foto: Heiko Weckbrodt

Andere Flugtaxi-Entwickler sammeln zwar weiter Millionen Euro Risikokapital ein, verfügen aber weiter nur über Prototypen. Einen Serienflugbetrieb mit Flugtaxis bietet nach unserem Kenntnis bisher weltweit niemand an.

Viele technologische und betriebswirtschaftliche Probleme noch ungelöst

Die meisten Akteure ringen immer noch mit technologischen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen wie Reichweite, Transportkosten pro Passagier, Zulassung und Zuverlässigkeit, aber auch um das richtige Geschäftsmodell. Lilium zum Beispiel vermeidet deshalb schon seit einiger Zeit den ursprünglich Hype-Begriff „Lufttaxis“: Die Bayern bezeichnen ihre Senkrechtstarter als „Lilium Jets“ und wollen sie womöglich eher an Reiche und Geschäftsreisende als Alternative zum Helikopter vermarkten.

Das Balkendiagramm zeigt die kalkulierten Kosten pro Passagier, abhängig von der zurückgelegten Distanz (waagerechte Achse). Die einzelnen Farben in den Säulen stehen für Kostenblöcke wie etwa Pilotenlohn, Wartung, Versicherung, Strom, Infrastruktur und so weiter. Grafik: IDTechEx

Das Balkendiagramm zeigt die kalkulierten Kosten pro Passagier, abhängig von der zurückgelegten Distanz (waagerechte Achse). Die einzelnen Farben in den Säulen stehen für Kostenblöcke wie etwa Pilotenlohn, Wartung, Versicherung, Strom, Infrastruktur und so weiter. Grafik: IDTechEx

IDTechEx rechnet mit 14,7 Milliarden $ Marktvolumen im Jahr 2041

Marktforscher wie die von „IDTechEx“ aus dem englischen Cambridge rechnen dennoch weiter mit großen Marktchancen für „Electric vertical take-off and landing aircrafts“ (eVTOL), wie die Senkrechtstarter in den USA und neugegründeten Unternehmen mit Kapitalbedarf genannt werden: Bis 2041 werde der weltweite eVTOL-Markt auf ein Umsatzvolumen von 14,7 Milliarden Dollar (12,4 Milliarden Euro) wachsen, sind die britischen Analysten überzeugt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Nasa, IDTechEx, Oiger-Archiv, Flügelaeronautics

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt