
Dr. Christian Simon forscht am Carl-Ludwig-Institut für Physiologie der Uni Leipzig. Foto: Florian Gerstner für die Universität Leipzig
Bei Maus-Experimenten konnten sich Tiere nach Spritze wieder bewegen
Leipzig, 5. Februar 2021. Der Neurobiologe Dr. Christian Simon und seine Forschungsgruppe an der Uni Leipzig haben womöglich einen Therapie-Ansatz gefunden, um die lähmende Kinderkrankheit „spinale Muskelatrophie“ (SMA) auszubremsen. Das geht aus einer Mitteilung des Carl-Ludwig-Instituts für Physiologie an der Universität Leipzig hervor, das bei diesem Projekt mit der Columbia University kooperiert hatte.
Seltene und verhängnisvolle Krankheit
SMA ist eine seltene Krankheit, die laut der „Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke“ (DGM) im Schnitt einen von 6000 bis 10.000 Neugeborenen trifft. Bei diesen Patienten sterben wichtige Nervenzellen („Motoneuronen) ab, die für die Muskelsteuerung zuständig sind. Viele Patienten sterben daran, andere sind zu einem Leben im Rollstuhl verdammt.
Erklärvideo zur spinalen Muskelatrophie (Video: DGM):
„4-Aminopyridin“ regte Wachstum von Motoneuronen und Synapsen an
Das Team um Dr. Simon hat nun versuchsweise SMA-kranken Mäusen das Medikament „4-Aminopyridin“ gespritzt, das die Aktivität von Nervenzellen stimuliert und bisher vor allem gegen „Multiple Sklerose“ (MS) eingesetzt wird. Zwar konnten die Forscher und Forscherinnen mit diesem Kaliumkanalblocker bereits absterbende Neuronen nicht retten, aber das Medikament ließ andere Motoneuronen in den Tieren wachsen und regte auch das Synapsen-Wachstum im Rückenmark an. Folge: Die behandelten Mäuse konnten sich wieder vom Rücken auf den Bauch drehen, unbehandelte blieben gelähmt. „Mit dem Medikament 4-Aminopyridin haben wir gesehen, dass sich die kranken Mäuse nach etwa zwei Wochen wieder umdrehen und sogar etwas fortbewegen können“, informierte Studienleiter Simon. „Die Motorik hat sich also stark verbessert.“
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Hirnströme koppeln sich bis hin zur Lähmung
Insofern kann mit diesem experimentellen Behandlungsansatz SMA in Zukunft zwar nicht geheilt werden, aber es ist denkbar, damit den Lähmungsprozess auszubremsen oder Patienten vielleicht sogar etwas Beweglichkeit zurückzugeben. Bis zum Einsatz am Menschen ist aber noch viel Forschungsarbeit zu leisten. Es gibt zwar auch bereits ein paar Medikamente gegen SMA – aber nicht alle Patienten reagieren darauf, zudem ist die Behandlung teils ziemlich belastend.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Uni Leipzig, DGM, Pharmawiki.ch
Wissenschaftliche Publikation dazu:
„Chronic Pharmacological Increase of Neuronal Activity Improves Sensory-Motor Dysfunction in Spinal Muscular Atrophy Mice”, doi.org/10.1523/JNEUROSCI.2142-20.2020
Hinweis zu Medizinthemen:
Kein journalistischer Bericht kann die Konsultation beim Arzt ersetzen. Bitte bedenken Sie: Wir berichten hier teils über Projekte, die sich noch im Stadium der Grundlagenforschung befinden und womöglich erst nach vielen Jahren oder gar nicht zu Therapien führen, die für Menschen zugelassen sind.
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