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Dresdner Maschine soll Durst der Papierfabriken dämpfen

Thomas Schrinner vom  Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden arbeitet auch daheim an neuen Papierverwertungs-Technologien wie der Trockenzerfaserungsmaschine. Foto: Heiko Weckbrodt

Thomas Schrinner vom Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden arbeitet auch daheim an neuen Papierverwertungs-Technologien wie der Trockenzerfaserungsmaschine. Foto: Heiko Weckbrodt

Millionen Tonnen Etiketten, Aufkleber und andere Spezialpapiere landen noch immer in Öfen oder  Müllkippen – eine Dresdner Maschine soll das ändern

Dresden, 25. Januar 2021. Über eine Million Tonnen Spezialpapiere pro Jahr landen trotz aller Recyclingmühen in Deutschland letztlich immer noch im Restmüll beziehungsweise im Verbrennungsofen. Dabei handelt es sich vor allem um Papierreste, die klassischen Aufbereitungsanlagen irgendwie durch die Lappen gehen: Aufkleber zum Beispiel, Etiketten, aber auch alte Geldscheine, Teebeutel und andere „Spezialpapiere“. Solch eine Vergeudung muss nicht sein, haben sich Papiertechniker der Technischen Universität Dresden (TUD) gedacht und neue Maschinen konstruiert. „Unser Ziel ist dabei, die Rücklaufquote deutlich zu erhöhen“, sagte Thomas Schrinner vom TUD-Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik.

Dr. Tilo Gailat gehört zum Entwicklerteam der Trockenzerfaserungsmaschine. Foto: Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden

Dr. Tilo Gailat gehört zum Entwicklerteam der Trockenzerfaserungsmaschine. Foto: Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden

Forscher wollen Wasser- und Energiedurst der Papierfabriken dämpfen

Dabei nutzen er und seine Kollegen neue Faserverwertungs-Technologien. Die hatten sie ursprünglich vor allem entwickelt, um die Umweltbilanz in der Papierherstellung, die bisher zu viel Wasser und Energie verbraucht, zu verbessern. Deshalb haben Dr. Tilo Gailat, Thomas Schrinner und der – inzwischen emeritierte – Professor Harald Großmann gemeinsam in der vergangenen Dekade sogenannte Trockenzerfaserungsanlagen entwickelt. Die verbrauchen kein Wasser, sondern zerkleinern die Altpapiere trocken mit Schneidmühlen vor, zerteilen sie dann in Luftwirbeln in einem Trockenzerfaserungsaggregat („Dry Pulper“) zu Fasern, trennen sie in einem Zyklon vom Luftstrom und verarbeiten sie schließlich mit einem Schneckenverdichter zu einer Faserstoffmasse, der wieder in der Papierproduktion einsetzbar ist.

Schematischer Aufbau der Trockenzerfaserungsanlage. Sie zerkleinert die Altpapiere trocken mit Schneidmühlen vor, zerteilt sie dann in Luftwirbeln in einem Trockenzerfaserungsaggregat,(„Dry Pulper“) zu Fasern, trennt sie in einem Zyklon vom Luftstrom und verarbeitet sie schließlich mit einem Schneckenverdichter zu einer Faserstoffmasse, der wieder in der Papierproduktion einsetzbar ist. Abb.: TUD - Institut für Naturstofftechnik

Schematischer Aufbau der Trockenzerfaserungsanlage. die Schneidmühle zerkleinert die Altpapiere trocken vor. Das Trockenzerfaserungsaggregat („Dry Pulper“) zerteilt die Schnipsel dann in Luftwirbeln zu Fasern, trennt sie in einem Zyklon vom Luftstrom und verarbeitet sie schließlich mit einem Schneckenverdichter zu einer Faserstoffmasse für die Papierproduktion. Abb.: TUD – Institut für Naturstofftechnik

Uni-Forscher haben Unternehmen ausgegründet

„Die Trockenzerfaserung ermöglicht die Aufbereitung schwer zerfaserbarer und hochnassfester Produkte, welche für gewöhnlich mit den herkömmlichen Aufbereitungsverfahren nur ungenügend aufgelöst werden können und daher nur eingeschränkt für die erneute Papierherstellung zur Verfügung stehen“, beschreiben die Papierforscher die Einsatzperspektiven. Aus diesen Forschungsaktivitäten heraus haben die TUD-Ingenieure auch ein Unternehmen ausgegründet: Die „Rethink Paper Making(RPM) beschäftigt sich seit 2014 im bayrischen Gauting unter anderem mit der Weiterentwicklung der Trockenzerfaserung, der thermo-mechanischen Aufbereitung und der Mineralanalyse beim Papier-Recycling. Die RPM-Ingenieure wollen bald auch eigenkonstruierte Trockenzerfaserer auf dem Markt anbieten, die Produktion soll ein Partner-Auftragsfertiger übernehmen.

Die Trockenzerfaserungsanlage im Testeinsatz. Abb.: TUD - Institut für Naturstofftechnik

Die Trockenzerfaserungsanlage im Testeinsatz. Abb.: TUD – Institut für Naturstofftechnik

Mobiler Zerfaserer nun im Praxistest

Derweil haben die Dresdner Forscher auf dieser Technologiebasis eine mobile Trockenzerfaserungsanlage gebaut, die sich auch für kleine und mittlere Papierfabriken eignet und mittlerweile auch industriell einsetzbar ist. „Die Anlage steht jetzt in einer sächsischen Papierfabrik und wird dort in der Praxis getestet“, berichtet Thomas Schrinner. Seine Hoffnung und die seiner Kollegen: damit einen Weg zu eröffnen, um in Zukunft Millionen Tonnen Spezialpapiere wieder in geschlossene Stoffkreisläufe einzuschleusen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Interview Schrinner, TUD, RPM

So sieht die Faserwolle aus, die die Maschine verlässt. Abb.: TUD - Institut für Naturstofftechnik

So sieht die Faserwolle aus, die die Maschine verlässt. Abb.: TUD – Institut für Naturstofftechnik

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Mit solchen Papierschnipseln wird die Trockenzerfaserungsanlage gefüttert. Abb.: TUD - Institut für Naturstofftechnik

Mit solchen Papierschnipseln wird die Trockenzerfaserungsanlage gefüttert. Abb.: TUD – Institut für Naturstofftechnik

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt