Warnstreik vor den Werktoren geplant
Dresden, 9. März 2020. Der jahrelange Tarifkonflikt zwischen dem Dresdner Halbleiterwerk von Globalfoundries (GF) und den Gewerkschaften spitzt sich weiter zu: Am Mittwoch will die „Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie“ (IG BCE) mit einem Warnstreik die Chipfertigung in der Fabrik des US-Konzerns lahmlegen. „Wir rechnen mit einer so hohen Beteiligung der Belegschaft, dass keine Produktion mehr möglich sein wird“, kündigte Landesbezirk-Sprecherin Karin Aigner an.
Über 400 Streikende erwartet
Die Gewerkschaft will 400 bis 700 Teilnehmer mobilisieren. Der Warnstreik soll 15 Uhr vor den Werktoren beginnen. Ab 18 Uhr ist eine Kundgebung geplant.
Konflikt geht auf US-Wurzeln zurück
Das Chipwerk im Dresdner Norden gehörte ursprünglich dem Konzern AMD. Und aus dieser US-Tradition heraus hatte sich das später als „Globalfoundries“ ausgegliederte Unternehmen immer schwer mit deutschen Manteltarifverträgen und Gewerkschaften getan. GF ist inzwischen aber stärker europäisch geprägt, von daher gilt ein Tarifabschluss nicht mehr als ausgeschlossen. Die Gewerkschaften dringen auf einen Haustarifvertrag als erste Stufe. Trotz langer Verhandlungen kam bisher keine Einigung zustande. GF beschäftigt in Dresden rund 3200 Mitarbeiter.
Gewerkschaftler prophezeit Millionenschaden
„Es ist mir unverständlich, dass die Geschäftsleitung von Globalfoundries durch einen Streik wissentlich einen wirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe in Kauf nimmt“, kritisierte der gewerkschaftliche Verhandlungsführer und Landesbezirksleiter Oliver Heinrich. Das Un- ternehmen bleibe stur und wolle sich mit der Gewerkschaft weiterhin nicht mal an einen Tisch setzen „In der heutigen Zeit kann sich das doch eigentlich niemand leisten.“
Unternehmen will weiter keinen Haustarifvertrag
„Wir alle stehen in einem harten Wettbewerb mit Regionen außerhalb Europas“, betonte hingegen eine GF-Sprecherin. „Eine weitere lokale Insellösung in Form eines Haustarifvertrages bei Globalfoundries Dresden mag kurzfristig der Gewerkschaft und ihre Mitglieder Genugtuung verschaffen, für alle anderen Beteiligten ist das kein langfristige Win-Win Lösung.“ Noch vor kurzem habe es bei GF Dresden Kurzarbeit gegeben. „Wir werden uns nicht leichtfertig auf einen Weg Richtung Haustarifvertrag begeben, von dem wir letzten Endes nicht wissen, wohin er uns führt und was er uns beschert.“
Glofo-Sprecher: Ganz schön dreist an einem schwarzen Montag
Der Ton zwischen beiden Seiten wird derweil spürbar rauer: „Das Statement von Herrn Heinrich ist schon sehr dreist“, kommentierte GF-Standortsprecher Jens Drews. „Er kündigt einen Warnstreik genau an dem Tag an, der aus ganz anderen und ernsten Gründen als ein ,Black Monday‘ in die Wirtschaftsgeschichte eingehen wird. Herr Heinrich schreibt in seiner Streikankündigung selber ,von den großen negativen Effekten auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands‘ die vom Corona-Virus ausgehen.
Sprecher plädiert für Silicon-Saxony-Vertrag
Aber er nimmt auch einen ,wirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe‘ in Kauf und will mittels eines ,Erzwingungsstreiks‘ (O-Ton IGBCE heute) die Unterwerfung von GF unter die Forderungen der IGBCE. Das Vorgehen der Gewerkschaft ist abenteuerlich in einer Zeit, die nicht gerade nach weiteren Abenteuern verlangt“, erklärte Jens Drews. „Es ist bedauerlich, dass die IGBCE stur bleibt und sich mit uns weiterhin nicht mal an einen Tisch setzen will, um sich auf sozialpartnerschaftlichem Weg vom Vorteil und der Sinnhaftigkeit eines Branchen-Tarifvertrages überzeugen zu lassen.“ Gemeint ist mit letzterem Punkt der schon länger geäußerte Wunsch von GF, wegen der Besonderheiten der Halbleiter-Industrie „eine vertragliche Lösung für den gesamten Mikroelektronik-Cluster“ zu finden.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: IG BCE, GF, Oiger-Archiv
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