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Batteriespeicher zu teuer für die Energiewende

Projektmanager Thomas Dautert prüft die Einschub-Akkus im Batterie-Großspeicher der Drewag in Dresden-Reick. "Notfalls könnten wir damit einen Vier-Personen-Haushalt 200 Tage lang mit Strom versorgen", sagt er. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektmanager Thomas Dautert prüft die Einschub-Akkus im Batterie-Großspeicher der Drewag in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

IDTechEx: Thermo- und Pumpspeicher sind weit billiger

Cambridge, 14. Oktober 2019. Netzschwankungen sind eine besonders schwer beherrschbare Nebenwirkung der „Energiewende“: Da Solarkraftwerke nur bei Tageslicht und Windkraftwerke nur bei windigem Wetter liefern, speisen sie Strom viel unstetiger in die Netze ein als Kohle- oder Kernkraftwerke. Hinzu kommt, dass zum Beispiel Offshore-Windkraftparks viel Energie liefern, die großen Verbraucher in Deutschland aber eher im Süden liegen. Um Stromlieferspitzen auszugleichen, setzen einige Versorger auf Großbatterien der Megawatt-Klasse. Doch nüchtern durchgerechnet, ist das eine eher teure Variante – viele klassische Technologien sind weit preiswertere Speicher. Darauf hat das Technologiemarkt-Forschungsunternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge hingewiesen.

Kombi aus Windkraft und Flüssigluft-Speicher besserer Grundlast-Lieferant als ein Kohlekraftwerk

Demnach kostet es 285 bis 581 Dollar pro Megawattstunde (MWh), Energie in Lithium-Ionen-Batteriesystemen zu speichern. Die selbe Menge Energie in einem der altbekannten Pumpspeicherwerke abzulegen, kostet hingegen nur 152 bis 198 Dollar pro MWh. Bei einem modernen Wärmespeicher sind es nur 50 bis 100 Dollar, bei einem Flüssigluft-Speicher sind es 156 bis 210 Dollar. Gekoppelt mit einer Windkraftanlage wäre letzteres sogar eine billigere Grundlast-Lösung als ein Kohle- oder Gasturbinenkraftwerk, sind die IDTechEx-Analysten überzeugt.

Die Rohrleitungen verbinden Ober- und Unterbecken des Pumpspeicherwerkes Wendefurth auf einer Fallhöhe von 126 Metern. Die Rohre haben einen Durchmesser von 3,4 Metern. Foto: Vattenfall

Die Rohrleitungen verbinden Ober- und Unterbecken des Pumpspeicherwerkes Wendefurth auf einer Fallhöhe von 126 Metern. Die Rohre haben einen Durchmesser von 3,4 Metern. Foto: Vattenfall

Hoffnungen auf billige Stein-Wärmespeicher

Zudem gibt es Experimente zum Beispiel in Dänemark, überschüssigen Solar- oder Windstrom in erhitzten Steinen zu speichern. „Der dänische Windkraftpionier Henrik Stiesdal, der die Stiesdal A / S leitet, glaubt, dass sein Heißstein-Wärmespeichersystem Offshore-Wind zu einer Energiequelle machen könnte, die rund um die Uhr zur Verfügung steht und in fünf Jahren nur noch 17 Euro pro MWh kosten wird“, betont Studien-Autor Peter Harrop von IDTechEx. Ob solche Ansagen dann auch eingelöst werden, bleibt abzuwarten. Auch sind die energetischen Umwandlungsverluste bei der Speicherung elektrischer Energie in thermischer Form im praktischen Betrieb nicht zu unterschätzen.

Batterie-Lösungen für schnelle Reaktionen sinnvoll

Aber die Vielzahl alternativer und günstiger Speichertechnologien zeigt doch: Kostenseitig sind Batteriespeicher nicht die erste Wahl für den stationären Einsatz. Andererseits sind sie weit reaktionsschneller als Pumpspeicherwerke – und werden insofern gebraucht, um zum Beispiel die Netzfrequenz von 50 Hertz durch schnelle kleine Korrekturen zu stabilieren. Solange sich andere Schnellspeichertechnologien wie große Ultrakondensatoren oder Schwungräder noch nicht am Markt etabliert haben, wird in diesem Segment auch kaum ein Weg an Megawatt-Batterien vorbeiführen.

Der Elektrobus mit ausgefahrendem Schnelllade-Arm. Foto: Fraunhofer-IVI / DVB

Der Elektrobus mit ausgefahrendem Schnelllade-Arm. Foto: Fraunhofer-IVI / DVB

Lithium-Batterien vor allem als mobile Speicher gefragt

Die größte Nachfrage für Lithium-Ionen-Batterien komme derzeit ohnehin aus dem Fahrzeugbau, betont IDTechEx. Hier könnten aber neuere technologische Entwicklungen dazu führen, den Nachfrageschub etwas abzubremsen. Eine konsequente Beschichtung von Elektroautos mit Solarzellen könne beispielsweise deren Reichweite verdoppeln oder den Batteriebedarf halbieren, meinen die Analysten. Und für Elektrolaster und -busse könnten sich die Batteriegrößen um 80 Prozent verringern, wenn mehr elektrische Oberleitungen sowie Lade-Spulen auf Solarstraßen installiert werden.

Lithium-Engpässe zwar oft prognostiziert, aber bisher nicht eingetreten

Insofern sei es noch schwer zu kalkulieren, ob es wirklich zu globalen Batterie- und Batterierohstoff-Engpässen komme, wie so oft prognostiziert, betont Harrop. „Während Bergbauanalysten einen Mangel an benötigtem Lithium, Kobalt und Nickel in wenigen Jahren befürchten, hat der Rohstoffhändler Glencore kürzlich die weltweit größte Kobaltmine in der Demokratischen Republik Kongo geschlossen, da die Nachfrage gering ist.“

Ein Fraunhofer-Mitarbeiter besichtet im Rolle-zu-Rolle-Verfahren elektroden für Lithium-Schwefel-Akkus. Foto: Jürgen Jeibmann/ Fraunhofer IWS

Ein Fraunhofer-Mitarbeiter beschichtet am IWS Dresden im Rolle-zu-Rolle-Verfahren elektroden für Lithium-Schwefel-Akkus. Foto: Jürgen Jeibmann/ Fraunhofer IWS

Denn einerseits haben Volkwagen und andere Autokonzerne ihre Elektroauto-Massenproduktion noch nicht voll hochgefahren. Anderseits arbeiten viele Ingenieure auch an Alternativen zu Lithium-Ionen-Batterien, beispielsweise auf Schwefel- oder Graphen-Basis.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: IDTechEx

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt