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Ökonomen glauben nicht mehr an Ost-West-Angleichung

Seit der Wende verfallen ganze Betriebe in Ostdeutschland - hier ein Beispiel aus der Lausitz. Foto: Heiko Weckbrodt

Seit der Wende verfallen ganze Betriebe in Ostdeutschland – hier ein Beispiel aus der Lausitz. Eine Reanimation ist vielerorts nicht in Sicht. Foto: Heiko Weckbrodt

Die meisten Wirtschaftsprofessoren sehen auch nach Jahrzehnten keine Chancen dafür

München, 9. Mai 2019. Drei Jahrzehnte nach der politischen Wende in der der DDR und der deutschen Wiedervereinigung glauben nur noch wenige Volkswirte daran, dass sich das Wirtschaftsniveau und die Lebensverhältnisse in Ostdeutschland in überschaubarer Zeit an Westdeutschland angleichen werden. Das geht aus einem „Ökonomenpanel“ des Wirtschaftsforschungsinstituts „ifo“ aus München und der „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ (FAZ) hervor, für das die Forscher 136 Wirtschaftsprofessoren befragt hatten.

Demnach meinen 69 Prozent der befragten Volkswirte dass, Ostdeutschland innerhalb der nächsten Jahre oder Jahrzehnte wirtschaftlich nicht das westdeutsche Niveau erreichen werde. 61 Prozent denken sogar, dass dies niemals der Fall sein wird, teilte das Ifo-Institut mit.

Nur Leipzig, Dresden oder Jena haben Anziehungskraft – andere Regionen überaltern

„Es scheint ein Teufelskreis zu sein: Viele gut ausgebildete junge Menschen sehen keine Perspektiven im Osten, von Ausnahmen wie Leipzig, Dresden oder Jena abgesehen, und gehen in den Westen“, meint Niklas Potrafke, Leiter des Ifo-Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie. „Jetzt fehlen sie im Osten, das hemmt die Entwicklung der Wirtschaft dort, stattdessen florieren viele Ballungszentren im Westen.“

Abwanderung, falsche Wirtschaftspolitik, kaputte Netzwerke

Als Ursachen für die anhaltende Ost-West-Kluft nannten die Ökonomen unter anderem die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, ein Mangel an Arbeitsplätzen, Zerstörung der industriellen Netzwerke, unterschiedliche Produktivität, zu wenige Industrie-Ansiedlungen und  Unternehmenszentralen im Osten, mehr Schulabbrecher als im Westen, weniger Forschung und Entwicklung, mangelnde Export-Orientierung, falsche Wirtschaftspolitik nach 1990 und zu schwache Ballungsräume.

Profs: Auch staatlich geförderte Batteriefabriken helfen wenig

Auch von den neueren wirtschaftspolitischen Konzepten von Bund und Länder, zum Beispiel mit Blick auf den Kohleausstieg der Lausitz, halten die meisten Professoren nicht viel. Bei der Frage, ob eine staatlich geförderte Batteriefabrik in einem strukturschwachen Gebiet helfe, zusätzliche regionalpolitische Effekte zu erzielen, antworteten 55 Prozent mit „Nein“, 36 Prozent mit „Ja“.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Ifo

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt