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Slub Dresden will Fachaufsicht für Sachsens Bibliotheken übernehmen

Die Ausleihe klassischer Bücher ist in den Städtischen Bibliotheken rückläufig - die eBook-Ausleihe dagegen boomt. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Ausleihe klassischer Bücher ist in vielen Bibliotheken rückläufig. Foto: Heiko Weckbrodt

Wissenschaftsministerin ist dafür

Dresden, 17. August 2018. Um die vielen traditionsreichen öffentlichen Klein-Bibliotheken in Sachsen für die Zukunft fit zu machen und so ihr Überleben zu sichern, sollte deren fachliche Förderung der Sächsischen Landes- und Uni-Bibliothek Slub in Dresden übertragen werden. Das hat der neue Slub-Generaldirektor Achim Bonte vorgeschlagen. „Damit würde diesen Bibliotheken die umfangreiche fachliche Expertise der Slub wie etwa unsere Kenntnisse und Erfahrungen bei der Digitalisierung, bei Marketing, Drittmittelakquise, Veranstaltungsarbeit und Lobby-Arbeit zur Verfügung stehen“, betonte er. Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) begrüßte den Vorstoß: „Ich befürworte den Vorschlag“, teilte sie mit. „Slub-Direktor Achim Bonte hat damit eine Idee aufgegriffen, die bei uns im Wissenschafts- und Kunstministerium bereits vor einiger Zeit entstanden ist.“

Eva-Maria Stange. Foto: Götz Schleser

Eva-Maria Stange. Foto: Götz Schleser

Fachstelle gehört bisher zur Landesdirektion

Die sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken ist dafür zuständig, die Leihbüchereien – vor allem auf dem Lande – zu vernetzen, sie auf fachlich hohen Standards zu halten, sie zu beraten und ihren Erhalt zu fördern. Bisher gehört diese Stelle zur Landesdirektion – die sich selbst auf Anfrage nicht zu dem Vorschlag äußern wollte.

Dr. Achim Bonte. Foto: Ramona Ahlers-Bergner für die SLUB Dresden

Dr. Achim Bonte. Foto: Ramona Ahlers-Bergner für die SLUB Dresden

Auch Dorfbibliotheken könnten von Anbindung „an Flaggschiff unserer Bibliotheken“ profitieren

Die Kollegen in der Landesdirektion seien hoch engagiert und täten zweifellos ihr Bestes, schätzte der Slub-Generaldirektor ein. Aber in einer Behörde fehle nach Auffassung zahlreicher Bibliotheksexperten im Land für diese wichtige kulturpolitische Aufgabe das nötige Umfeld. Ministerin Stange sieht das ähnlich: Mit dem Know-how der Slub könne es einer – weiterhin unabhängigen – Fachstelle gelingen, viele Bibliotheken „als lebendige Orte in den Kommunen und damit als Wurzeln für mehr kulturelle Vielfalt und soziale Begegnung im ländlichen Raum zu behalten. Die Bibliotheken müssen den Weg in die digitale Gesellschaft finden, ihr Angebot crossmedial vervielfachen und viel besser auch untereinander zusammenwirken. Wenn ihnen das gelingt, dann haben sie auch eine Chance, als Orte des Wissens und der Kultur zu überleben“, betonte die Wissenschaftsministerin. „Deshalb befürworte ich auch bei den Bibliotheken die enge fachliche Anbindung an das Flaggschiff unserer Bibliotheken.“

„Die meisten stecken noch ganz in der Papierwelt fest“

Bonte verwies in diesem Zusammenhang auf die reichen bibliothekarischen Wurzeln im Freistaat, die es unbedingt zu erhalten und für Bildung und Kultur zu entwickeln gelte. Dass so viele Orte (noch) eine eigene Bibliothek haben, fuße in Sachsen auf einer langen Tradition. „Wir haben über 400 öffentliche Bibliotheken im Freistaat“, sagte Bonte. „Zu viele davon stecken noch in der Papierwelt fest. Sie haben kaum Personal und viele können nur wenige neue Bücher im Jahr kaufen. So ein Angebot ist im Zeitalter von Google & Co. immer weniger marktfähig.“

Kein Überleben per Dekret

Im Digitalzeitalter müssten daher viele dieser Bibliotheken sehr darum kämpfen, dass sie von ihrer Gemeinde am Leben erhalten werden. Auf der anderen Seite stehen Forderungen, den Betrieb von Bibliotheken aus bildungspolitischen Erwägungen heraus zu einer Pflichtaufgabe der Gemeinden und Kommunen zu machen. „Das halte ich für falsch“, betonte der Slub-Chef. „Statt sie unter eine gesetzlich verordnete Käseglocke zu stecken, müssen die Bibliotheken so lebendig und attraktiv sein, dass Bürger und Kommunalverwaltungen sie aus eigener Überzeugung erhalten wollen und als wichtigen Standortfaktor betrachten.“

Bibliotheken zu „dritten Orten“ machen

Und eben dabei könne die Slub helfen: Indem sie Erfolgs-Beispiele für funktionierende Geschäftsmodelle teile, interkommunale Zusammenarbeit fördere und aufzeige, wie sich auch kleine Bibliotheken zu geschätzten „dritten Orten“ zwischen Wohnzimmer und Arbeitsplatz wandeln können.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt