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Rasen wir bald im Trace-Schwarm durch die Welt?

Wird "Trace" verwirklicht, kaufen sich die Menschen Kabinen statt Autos und bestellen dann nur je nach Reisezweck passende fahrbare Untergestelle, die sie autonom von A nach B bringen. Abb.: ILK der TUD, Repro: hw

Wird „Trace“ verwirklicht, kaufen sich die Menschen Kabinen statt Autos und bestellen dann nur je nach Reisezweck passende fahrbare Untergestelle, die sie autonom von A nach B bringen. Abb.: ILK der TUD, Repro: hw

Dresdner Leichtbau-Professor Jäger will mit sächsischen Industriepartnern Hochgeschwindigkeits-Schwarm nach Container-Vorbild testen

Dresden, 27. September 2017. Statt Menschen in Vakuum-Röhren von Stadt zu Stadt zu schießen wie beim „Hyperloop“-Projekt , wie er es noch zur 1. Werkstoffwoche vorschlug, hat Leichtbau-Professor Hubert Jäger von der TU Dresden nun eine neue Idee ersonnen, um die Sachsen besser und schneller mit der Welt zu vernetzen. Sein Mensch-Container-System namens „Trace“ („My Travelling Space“) soll Menschen in persönlichen Kabinen über kurze Distanzen wie auch auf Fernreisen transportieren – mit Tempo 350.

Autokauf ist wirtschaftlich „Blödsinn“

Das hochautomatisierte Trace-Transportsystem soll Autos, Staus in Innenstädten und Parkplatzsuche weitgehend überflüssig machen. „Autos zu kaufen, ist eine emotionale Angelegenheit“, ist Jäger überzeugt, der sich selbst aus nostalgischen Gründen noch ein Hobby-Auto leistet, wie er sagt. „Aber wirtschaftlich gesehen ist ein Autokauf eigentlich Blödsinn.“ Denn Kosten und Nutzdauer stehen in keinem sinnvollem Verhältnis, so argumentiert der Professor. Die meiste Zeit stehen Privat-Pkw ohnehin nur herum – oder sind damit beschäftigt, einen Parkplatz zu finden. Und rechne man Auto-Kaufpreis und alle laufenden Ausgaben zusammnen, investiere ein Mensch über ein Autoleben lang zehn bis 30 Euro pro tatsächlich gefahrendem Kilometer.

Professor Hubert Jäger will mit dem Projekt "Trace" ein neues Kapitel der individuellen Mobiltät ohne Autos einläuten. Foto: Heiko Weckbrodt

Professor Hubert Jäger will mit dem Projekt „Trace“ ein neues Kapitel der individuellen Mobiltät ohne Autos einläuten. Foto: Heiko Weckbrodt

Zu Hause Platz nehmen und reisen – der Schwarm kümmert sich um den Rest

Diese Ressourcen-Verschwendung will der Chef des Dresdner Instituts für Leichtbau- und Kunststofftechnik (ILK) mit Trace bekämpfen, ohne dass der gemeine Deutsche sein geliebtes Maß individueller Individualität aufgeben muss wie im Zug oder Flugzeug. Das Konzept, das er im Umfeld der 2. Werkstoffwoche in Dresden vorgestellt hat: Wer nach Berlin, Paris oder einfach nur zum Lieblings-Restaurant ins Stadtzentrum will, nimmt in Zukunft in einer speziellen Sitzecke in seinem Wohnzimmer Platz, fordert per Smartphone-App einen Transport an – und binnen Minuten düst ein autonom navigierendes Fahrgestell heran, buckelt die ganze Sitzecke auf und rast damit zum Ziel. Zu Schwärmen oder Würmern verbunden, könnten diese Schwärme auf Hochstrecken neben den Autobahnen dichgepackt und mit sehr hoher Geschwindigkeit fahren. Dabei müssen sich die Insassen nicht ums Steuern kümmern, sondern können während der Reise entspannen, spielen oder Büroarbeiten erledigen.

Wird "Trace" verwirklicht, kaufen sich die Menschen Kabinen statt Autos und bestellen dann nur je nach Reisezweck passende fahrbare Untergestelle, die sie autonom von A nach B bringen. Abb.: ILK der TUD, Repro: hw

Trace-Hochbahnen entlang der Autobahnen sollen die Trace-Kabinen mit besonders leistungsstarken Fahrgestellen auch zu Fernzielen bringen. Abb.: ILK der TUD, Repro: hw

Von der Holzklasse bis zum Luxus-Tracer: Alles passt aufs selbe Fahrgestell

„Die Kabinen sind Ihr Eigen und Sie können sie ganz nach ihrem Geschmack gestalten“; schildert Jäger seine Vision. „Wenn Sie Leopardenfell haben wollen – bitteschön. Wenn Sie ein fahrendes Büro mit OLED-Beleuchtung möchten – auch gut.“ Kosten sollen sie nach den ILK-Berechnungen nicht mehr als 10.000 Euro. Abgestellt werden könnten die persönlichen Trace-Kabinen direkt in den Häusern – als Teil von Büros oder Wohnzimmern (wobei dies allerdings ein eigenes Haus voraussetzt). Die fahrbaren Untersätze hingegen sind Teil einer öffentlichen Infrastruktur. Dadurch, dass diese Rollroboter jede Kabine aufpacken können wie einen Standard-Frachtcontainer, soll auch die Auslastung dieser Fahrgestelle sehr hoch sein –zum Nutzen der Umwelt und Stadtgesellschaft.

Tracer sollen „Made in Saxony“ sein, erste Fahrtests in Dresden geplant

Bis 2020 will Jäger die ersten funktionierenden Trace-Transporter fertig haben und dann auf Testparcours in Sachsen rollen lassen. Für die rollenden Untersätze sollen Varianten mit Elektro-, Brennstoffzellen- und Verbrennungs-Antrieben entstehen. Jägers Ziel: Die Tracer sollen in Dresden oder wenigestens in Sachsen nach dem Motto produziert werden: „Hier ersonnen, hier gebaut.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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