Oigers Wochenendtipp: Der Gärtner des Maharadschas im Schlosspark Pillnitz
Dresden-Pillnitz, 17. Juni 2016. Unser Verlangen nach Stadt- und Burgfesten ist zunächst gedeckt, auch zwingen uns die steten Wetterkapriolen in eher gut abdeckte Räume, beispielsweise in die von Museen. Da sind uns die Sonderausstellungen im Schloss Dresden-Pillnitz gerade recht. Verziehen sich, wider allen pessimistischen Prognosen der Meteorologen, doch die dunklen Regenwolken, liegen uns im Schlosspark die floralen Inszenierungen im Rahmen des Themenjahres „Der Gärtner des Maharadschas“ – ein Sachse bezaubert Indien“ direkt vor den Füßen.
Teppichbeete aus 36.000 Pflanzen
Mit dem Themenjahr erinnert die Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG) an historische Vorbilder europäischer und indischer Gartengestaltung aus dem 19. Jahrhundert. Teile der Inszenierungen sind beispielsweise exotisch anmutende Teppichbeete im Lustgarten. Diese Beete und bepflanzten Bänder bestehen aus insgesamt rund 36.000 Pflanzen, darunter 17.500 Stauden und Sommerblumen. Die sehr pflegeintensiven Teppichbeete stammen aus der Gartenmode des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die eine idealisierte Vorstellung von exotischen Gefilden widerspiegelte.
Die Schönheit der Pfauen
Eine Besonderheit ist die Gestaltung der Freitreppe zum Neuen Palais. Insgesamt 1100 Töpfe mit bunten Sommerblumen sind zu einer farbenprächtigen Blumentreppe arrangiert.
D E R Hingucker schlechthin sind die beiden meterhohen Pfauenskulpturen, die im ersten Heckengarten am Wasserpalais wachsen. Körper und Kopf wurden vom Figurenbau Peter Adelt aus Dresden detailliert geformt und bemalt. Die eleganten Pfauen gelten in Indien als heilig, in Europa symbolisieren sie Schönheit und königliche Eleganz.
Lohmener wurde in Fernost berühmt
Der seinerzeit auf Stadtplätzen, in öffentlichen Parkanlagen und in privaten Gärten eingesetzte exotische Pflanzenschmuck prägte auch die indische Gartengestaltung zur Wirkungszeit von Gustav Hermann Krumbiegel, welchem das Themenjahr gewidmet ist. Der 1865 in Lohmen geborene Krumbiegel wurde vor allem als Leiter der „Lal Bagh Botanical Gardens“ im indischen Bangalore bekannt. Ihm ist das Themenjahr gewidmet. Krumbiegel erlernte in Pillnitz das Gärtnerhandwerk und wurde in Indien als Gartengestalter berühmt.
Florale Insel in der Millionenstadt geformt
Er entwickelte bereits früh ein besonderes Interesse an seltenen und exotischen Pflanzen. Als er 1893 nach Indien kommt, begeistert er sich sofort für die tropische Pflanzenwelt, sieht zum ersten Male empfindliche Gewächshauspflanzen unter freiem Himmel und in voller Entfaltung. Zunächst befristet tritt er 1908 die Stelle des Gartendirektors im Fürstenstaat Mypose an. Er entwickelt über Jahrzehnte hinweg den Garten La Bagh zu einer bleibenden Insel im Getöse der heutigen 10-Millionen-Großstadt, zu deren grünen Lunge. Zweimal jährlich findet hier, an der „Krumbigal Road“, die beliebte „Flowershow“ statt. Zu seinem 150. Geburtstag widmet die Stadt ihm eine fulminante Gartenschau.
Miniaturmalereien mit Gartenszenen
Mit im Reisegepäck hatte Krumbiegel eine fundierte Fachbuchsammlung. Im Laufe seines Lebens erweiterte er seine Bibliothek um Themen wie Land- und Forstwirtschaft, Architektur und Stadtplanung. In der bis 1. November geöffneten Sonderausstellung erhält der Besucher tiefere Einblicke in das Schaffen und in die bleibenden Verdienste des Sachsen, der selbst Experten unbekannt geblieben war, bis das deutsche Generalkonsulat Bangalore auf den in Indien berühmten Gärtner Krumbiegel aufmerksam machte. In der Ausstellung finden sich bemerkenswerte Exponate, die aus der Schenkung des indischen Fürsten Raja Sourindro Mohun Tagore an König Albert von Sachsen aus dem Jahre 1882 stammen. Ein Extra sind die indischen Miniaturmalereien mit Gartenszenen aus dm 17,. und 18. Jahrhundert.
Umrahmt wird das Themenjahr mit Veranstaltungen wie Yoga im Park und Rangoli-Legen, mit Fachvorträgen indischen Spielen usw. Zur Sonderausstellung gibt es ein Begleitbuch.
Fahrrad-Ausstellung gleich nebenan
Ist die Sonderausstellung nicht unbedingt eine Offenbarung für Kinder, so entschädigt eventuell ein Besuch der Sonderausstellung „Der eigene Antrieb oder wie uns das Rad bewegt“ – eine Ausstellung über Design und Fahrradkultur gleich nebenan im Dresdner Kunstgewerbemuseum. Hier werden 200 Jahre Fahrradgeschichte präsentiert: Der Besucher sieht historische und aktuelle Räder, kann auch selbst, und das macht dann schon eher Spaß, selbst kräftig in die Pedalen treten.
Autor: Peter Weckbrodt
Besucherinformationen
Was?
Sonderausstellung „Der Gärtner des Maharadschas – ein Sachse bezaubert Indien“
Wo?
Neues Palais und Schlosspark Pillnitz, August-Böckstiegel-Straße 2; 01326 Dresden;
Öffnungszeiten:
Bis 1. November: 10 bis 18 Uhr , montags geschlossen
Eintrittspreise zum Themenjahr:
Das „Tagesticket Schloss & Park Pillnitz“ (8 Euro, erm. 6 Euro) umfasst den Besuch des Parks, des Palmenhauses, Schloss- und des Kunstgewerbemuseums inklusive der Sonderausstellungen. Im Zeitraum der Gartenausstellung wird auf das „Tagesticket Park Pillnitz“ ein Themenjahreszuschlag in Höhe von 1 Euro erhoben (voll 3 Euro, erm. 2 Euro).
Begleitprogramm:
- Juni 18 Uhr: Baum-Yoga im Schlosspark mit „medita“ , Treff am Besucherzentrum Schlosspark;
- Juni 11 Uhr: Sonderführung „Pflanzen der Bibel entdecken – Der Handel mit biblischen Pflanzen zwischen dem Vorderen Orient und Vorderasien“, Führung.
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