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Quantencomputer aus der Internetwolke

IBM-Forscher Stefan Filipp kontrolliert das Kühlsystem. das den Quantencomputer nahe bei Weltraum-Temperatur hält, damit der Supraleit-Effekt nicht zusammenbricht. Foto: IBM Research

IBM-Forscher Stefan Filipp kontrolliert das Kühlsystem. das den Quantencomputer nahe bei Weltraum-Temperatur hält, damit der Supraleit-Effekt nicht zusammenbricht. Foto: IBM Research

IBM schaltet 5 tiefgekühlte Quantum-Bits per Cloud frei

Yorktown Heights, 4. Mai 2016. Wer schon immer einen der legendären Quantencomputer ausprobieren wollte, die unzählige Rechenoperationen wirklich gleichzeitig ausprobieren können, hat mit ein wenig Glück und Argumentations-Kunst nun die Chance dafür: Der US-Elektronikkonzern IBM stellt ab sofort einen Quantencomputer per Internetwolke („Cloud“) zur Verfügung.

Q-Prozessor auf Supraleit-Sprungtemperatur gefrostet

Auf Anfrage können Nutzer mit fünf Quanten-Bits (Qubits) herumrechnen. Physisch befinden sich diese Qubits in einem Spezialprozessor im IBM-Forschungslabor in Yorktown Heights nahe New York. Dieser Quanten-Prozessor auf Silizium-Basis ist so tief heruntergekühlt, dass er Strom widerstandslos leitet („Supraleit-Effekt“).

Videobericht von IBM über
das Quantencomputer-Projekt:
 

Quantenrechner probieren alle Lösungen gleichzeitig aus

Quantencomputer basieren auf den besonderen Effekten der subatomaren Welt, in der winzig kleine Teilchen mehrere Zustände gleichzeitig annehmen können. Ein beliebtes Gedankenexperiment dafür nennt sich Schrödingers Katze und sagt im Kern, dass eine (hypothetische) Quantenkatze in einer geschlossenen Box gleichzeitig als sowohl tot wie auch lebendig behandelt werden kann, solange keiner die Box öffnet und nachschaut – dann „entscheidet“ sich die Quantenkatze gewissermaßen für Leben oder Tod. Entsprechend können die Basisspeicherzellen (Bits) in einem Quantencomputer auch den Wert „0“, „1“ oder beide Zustände gleichzeitig annehmen. Denkbar sind jenseits des binären Zahlensystems auch noch mehr gleichzeitige Zustände.

Die Spintronik soll den "Quantendrall" der Elementarteilchen für superschnelle Computerchips einspannen. Abb.: NASA, Montage: hw

Die Spintronik soll den „Quantendrall“ der Elementarteilchen für superschnelle Computerchips einspannen. Abb.: NASA, Montage: hw

Codebrecher und Heilmittel-Finder

Dadurch kann ein Quantencomputer bei einer komplexen Berechnung viele Lösungswege gleichzeitig ausprobieren und ist in solchen Fällen sehr viel schneller als ein klassicher Computer. Künftige Quantencomputer gelten daher potenzielle Codebrecher, die jede Verschlüsselung, die auf einer Faktor-Zerlegung beruht, knacken können. Auch für die Chemie, die Pharmaforschung und das Werkstoff-Design könnten solcher rechner unschätzbare Dienste leisten, da sie alle möglichen molekularen Verbindung gleichzeitig „ausprobieren“ können, statt jede Variante einzeln zu simulieren.

Zum Weiterlesen:

Auf der Suche nach stabilen Code-Knackern

Nobelpreisträger: Spintronik wird unser Leben verändern 

IBM rechnet mit praktisch nutzbaren Quantencomputern in 10 Jahren

Bisher gibt es erst experimentelle Quantencomputer mit wenigen Qubits, die sich noch nicht als Universalrechner eignen. IBM geht aber davon aus, dass seine Quantencomputer-Architektur skalierbare ist, also recht einfach auf mehr Qubits erweitert werden kann. Das Unternehmen erwarte, „dass mittelgroße Systeme mit 50-100 Qubits im nächsten Jahrzehnt realisiert werden können. Ein Quantencomputer mit gerade einmal 50 Qubits könnte durch keinen Superrechner der gegenwärtigen TOP500-Liste emuliert werden. Dies zeigt eindrucksvoll das enorme Potenzial dieser Technologie“, hieß es von IBM.

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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