DARPA: Analoge Hilfsprozessoren könnten PCs in Simulations-Supercomputer verwandeln
Arlington/Dresden, 22. März 2015: Die US-Militärforschungsagentur DARPA plädiert für eine Rückkehr der Computertechnik ins Analogzeitalter – zumindest ein Stück weit. Wenn es gelänge, in digitale Mikroprozessoren analoge Ko-Prozessoren zu integrieren, könnten selbst PCs bestimmte Rechenaufgaben mit dem Tempo von Petaflop-Supercomputer erledigen, also von Rechnern mit über einer Billiarde Fließkomma-Berechnungen pro Sekunde, hofft die Agentur aus Arlington in Virginia. Die Projektplaner denken da insbesondere an aufwendige Simulationen von Klimawandel, Epidemie-Ausbrüchen, Geschoss-Flugbahnen, Schiffskonstruktionen oder auch von Plasmaprozessen und Reaktorflussdynamiken, die für Digitalrechner nur sehr aufwendig zu bewältigen sind.
Analoge Rechentechnik seit Antike bekannt
Analoge Rechenmaschinen sind ein alter Technologiepfad seit der Antike, der allerdings um die Mitte des 20. Jahrhunderts herum, als der Siegeszug der digitalen Mikroelektronik begann, aufgegeben wurde. Eine Reihe von Forschern ist beispielsweise überzeugt, dass der vor 115 Jahren wiederentdeckte geheimnisvolle „Mechanismus von Antikythera“ eine analoge Räderrechenmaschine war, mit der antike hellenistische Forscher astronomische Ereignisse simulieren konnten. Auch der Rechenschieber ist ein analoges Recheninstrument.
Militär navigierte Raketen und Granaten mit Analogrechnern
Bis ins 20. Jahrhundert setzte gerade das Militär oft analoge –teils mechanische, teils elektrische oder elektronische – Rechenanlagen ein, um zum Beispiel Raketen zu navigieren, Granat-Flugbahnen zu berechnen und allerlei Differential-Aufgaben zu lösen.
Dresden und Glashütte galten lange als Analogcomputer-Hochburgen
Bis in die 1970er Jahre hinein wurden speziell auch in Sachsen Analogcomputer entwickelt und gebaut. Dazu gehörte beispielsweise der „ENDIM 2000“, der in Glashütte konstruiert wurde, aber auch diverse Spezialentwicklungen bei Robotron, an der TU Dresden und im Institut für Luft-und Kältetechnik (ILK) Dresden. Einige Exemplare davon sind heute noch in den Ausstellungen und Depots der Technischen Sammlungen Dresden (TSD) zu finden.
Problem: ein bisschen ungenau, schwer zu verkleinern
Modernere Analogcomputer setzten zum Beispiel Spannungs- oder Stromregelkreise ein, um Rechenaufgaben teils parallelisiert kontinuierlich statt in Einzelschritten wie Digitalrechner zu lösen. Ihre Schwächen waren unter anderem leichte Ungenauigkeiten und damals fehlende Ansätze, um diese Computer ähnlich drastisch zu miniaturisieren wie es in der digitalen Mikroelektronik möglich wurde.
MEMS-Technologie und Mehrheitsentscheider könnten Analogleiden heute abbiegen
Angesichts der neueren Fortschritte in der Konstruktion gemischter analog-digitaler Schaltkreise beziehungsweise von „Mikroelektromechanischen Systemen“ (MEMS) hat sich letztere Nachteil allerdings relativiert. Auch gilt das Ungenauigkeits-Problem inzwischen als weitgehend gelöst: Raumschiffe oder auch moderne Düsenflugzeuge, die in großen Höhen unterwegs sind, haben nämlich ohnehin oft mehrere Bordcomputer, weil die kosmische Strahlung dort auch bei Digitalcomputern manchmal Fehler hervorruft. In solchen Fällen führen dann drei (oder mehr) Bordcomputer einfach Mehrheitsentscheidungen herbei. All diese neueren Entwicklungen dürften wohl auch den DARPA-Vorstoß ausgelöst haben, künftig analoge Hilfsprozessoren in ansonsten digitale Chips zu integrieren, um das Potenzial dieser altbekannten Rechentechnik für komplizierte Simulationen einspannen zu können. Autor: Heiko Weckbrodt
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