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„Dreamfall Chapters“: Die „Längste Reise“ geht weiter

"Dreamfall Chapters" punktet mit poetisch anmutenden Bilderwelten. Abb.: BSF

„Dreamfall Chapters“ punktet mit poetisch anmutenden Bilderwelten. Abb.: BSF

Norwegisches Episoden-Adventure holt kämpferische Zoë nach acht Jahren aus dem Koma

Am Ende der längsten Reise, der „Longest Journey“, schien der Kampf gegen die übermächtigen Zukunftskonzerne in der Cyberpunk-Welt „Stark“ und gegen die düsteren Magier in der Gegenwelt „Arkadia“ verloren: Verraten von ihrer Mutter, sank Zoë Castillo zum Schluss des Erfolgs-Adventures „Dreamfall – The Longest Journey“ vor acht Jahren ins Koma einer Traummaschine. Und ihr zweites Ich in Arcadia, April Ryan, wurde von den Pfeilen des Gegners hingestreckt. Doch nun endlich erzählt der norwegische Spiele-Entwickler Tørnquist die schön-traurige Geschichte weiter: Im Episoden-Aventure „Dreamfall Chapters“ wecken wir Zoë aus ihrem Tiefschlaf und nehmen den Kampf gegen die Diktatur der Technologiekonzerne wieder auf.

Werbevideo: Das erste Buch & die Konzernstadt Europolis (Read Thread Games):

Breite Fan-Gemeinde gab Entwickler 1,5 Mio. $ für Fortsetzung

Schon in den beiden Vorgänger-Abenteuern „The Longest Journey“ (1999) und „Dreamfall“ (2006) hatte Tørnquist einen besonderen Sinn für ambitionierte und weitverzweigte Stories und für neue Genre-Pfade bewiesen – beide Rätselspiele galten als wegweisend, sowohl konzeptionell wie auch künstlerisch, grafisch und erzählerisch. Danach aber ging Tørnquists Studio „Funcom“ das Geld aus und die Fan-Gemeinde musste lange auf eine Fortsetzung warten. Die wurde nun nicht zuletzt durch eine Kofinanzierung per Internetschwarm: 1,5 Millionen Dollar – fast doppelt soviel wie erwartet – spielten die Norweger über ihre Crowd-Funding-Kampange bei „Kickstarter“ ein.

Europolis der Zukunft von Konzernen beherrscht

Die Ergebnisse liegen nun vor: Im ersten von insgesamt fünf „Büchern“ befreien wir zunächst Zoë in einer Kombination aus klassischen Adventure-Rätseln und dem Einsatz magischer Kräfte aus ihrem Traumkoma und schleudern sie zurück in die Zukunftsstadt Europolis im 23. Jahrhundert. Dort erinnert sie sich dummerweise nicht so recht an ihre Vergangenheit, engagiert sich aber rasch politisch gegen die Konzernokratie. In einem weiteren Kapitel brechen wir als abtrünniger Inquisitionsvollstrecker Kian aus einer magischen Festung aus Arcadia aus. Und, um den Adventure-Spieler noch weiter zu verblüffen, werden wir schließlich noch zu einem Baby, das in einer noch unbekannten Welt seine Eltern watschelnd und brabbelnd auszutricksen versucht.

Bildergalerie:

 

Gespaltener Eindruck

Im Test hinterlässt der Auftakt der „Dreamfall Chapters“ – die nun in regelmäßigen Abständen per Internet-Download freigeschaltet werden – einen sehr gespaltenen Eindruck: Auf der einen Seite punktet Tørnquist erneut mit innovativen Konzepten, einer epischen verwobenen Story, wunderbar gestalteten Cyberpunk- und Magiewelten sowie traumhaft schönen Bildern und Zwischensequenzen. Andererseits aber stockt der Erzählfluss allzuoft durch ewig lange Tagebuch-Einträge und Dialoge, die der mit in den Konventionen des Genres vertraute Adventure-Freund natürlich alle zu lesen neigt. Auch ist die Steuerung der Spiele-Charaktere ziemlich sperrig-umständlich und wird auch in keinem Tutorial erklärt. Die Idee wiederum, durch unsere Entscheidungen im Spiel den weiteren Story-Ablauf zu verändern, ist so neu auch nicht mehr, wurde sie doch erst kürzlich im Telltale-Adventure „The Walking Dead“ recht ausgiebig eingesetzt.

Fazit: Schön und sperrig

Ich persönlich hätte mir mehr Rätselei gewünscht und hätte dafür auch gern auf Mini-Spiel-Einlagen à la „Wir steuern höchst umständlich einen Flussroboter“ verzichtet. Schon fast nervend ist zudem die zähe Spielesteuerung. Aber deshalb darauf verzichten zu erfahren, wie die „Längste Reise“ endet? Nönönö – auf keinen Fall! Autor: Heiko Weckbrodt

„Dreamfall Chapters“ (Red Thread Games/ Ragnar Tørnquist), Adventure, USK 12, ca. 30 Euro (Staffelpass bei Steam)

 

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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