Mit Sensor-Handschuhen will Mimetik Dresden die Interaktion von Mensch und Maschine auf eine neue Stufe heben
Dresden, 11. September 2024. Sensorhandschuhe werden künftig in der Robotik, Auto- und Fahrradindustrie, aber auch im Privatsektor eine wachsende Rolle spielen. Davon ist zumindest Ievgenii Tsokalo von der Dresdner Uni-Ausgründung „Mimetik“ überzeugt: „Mit unseren Handschuhen können die Kunden Bewegungsdaten auswerten, Fehler bei Arbeitsgängen erkennen und zum Beispiel Montageabläufe effizienter machen“, sagt er. Künftig könnten Menschen mit solcherart elektronisch und sensorisch aufgerüsteten Händen sogar Roboter und Exo-Skelette steuern oder durch „Augmentierte Realitäten“ (AR) navigieren.
Forschungsprojekt am Ceti Dresden löste Firmengründung aus
Die technologische Basis für seine Sensor-Handschuhe, mit denen sich Computer, Roboter und andere Maschinen durch bloße Gesten dirigieren lassen, hatte Gründer Tsokalo als Forscher im Exzellenz-Centrum für taktiles Internet (Ceti) an der TU Dresden ausgetüftelt. Die zentrale Idee der Ceti-Ingenieure: Künftig brauchen wir ganz neue Mensch-Maschine-Schnittstellen, um Cyberspace und Metaverse wirklich sinnvoll nutzen zu können, um menschliche Fähigkeiten auf Maschinen zu übertragen – und auch wieder zurück auf menschliche Lehrlinge zu transferieren. 2020 gründete Ievgenii Tsokalo dann seine Firma „Mimetik“ in Dresden aus, die inzwischen zehn Beschäftigte hat.
„Wir können ein Stück in die Zukunft sehen“
Schon im Ceti und dann bei Mimetik entwickelten er und sein Team relativ leichte Handschuhe, in deren Fingerstücken jeweils 19 Sensoren die genauen Bewegungsmuster des Trägers ermitteln und an eine Künstliche Intelligenz (KI) weiterleiten. Die interpretiert die menschlichen Bewegungen nicht nur, sondern betätigt sich auch als Hellseherin: Durch Prognose-Algorithmen schaut sie jeweils ein paar Millisekunden in die Zukunft, um zu erahnen, wie der Mensch seine Finger wahrscheinlich als nächstes dreht und wendet, wie er damit zeigen und wedeln wird. „Wir können ein Stück in die Zukunft sehen“, umschreibt das der Mimetik-Chef. „Dadurch können wir die Latenzen der Kommunikationstechnik und der Computer ausgleichen.“
Prognosen drücken Latenzen
Denn nur, wenn der Träger eines Sensorhandschuhs zwischen seiner eigenen Bewegung und der Reaktion der Maschine keine fühlbare Verzögerung (Latenz) mehr spürt, wird er oder sie solche Mensch-Maschine-Schnittstellen auch intuitiv nutzen können – davon ist nicht nur Ievgenii Tsokalo überzeugt, sondern auch andere Uni-Experten in Dresden, die an diesem Thema schon lange arbeiten.
Fahrradhersteller will mit Mimetik-Handschuhen seine Produktion effizienter machen
Als ersten Kunden gewann der Gründer eine Fahrradfirma. Die will Tsokalos Handschuhe einsetzen, um hauseigene Fahrrad-Montage durch Tiefenanalysen effizienter hinzubekommen. Inzwischen arbeite das Mimetik-Team bereits an einem Nachfolgemodell, das dünner und mit offenen Fingerspitzen geformt sei und sich vor allem für den Einsatz in der Robotik besonders gut eignen soll, berichtet der Chef. Zudem rechnet er auch damit, dass seine Handschuhe auf längere Sicht auch Chancen im Privatsektor, zum in der Spielergemeinde haben werden: „Ich rechnet damit, dass AR-Brillen unsere heutigen Smartphones verdrängen werden“, meint der aus der Ukraine stammende Elektronik-Ingenieur. In diesen gemischten, teils virtuellen, teils realen Bilderwelten könne ein bequemes und fast latenzfreies Eingabegerät wie sein Sensorhandschuh deutliche Vorteile bieten. Interessant könne diese Technologie aber auch für Fern-Physiotherapien und andere telemedizinische Szenarien werden.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Besuch bei Mimetik, Auskünfte Ievgenii Tsokalo, Oiger-Archiv, Wikipedia, Linkedin
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