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Sachsen sollen „Seltene Erden“-Schatz in Schweden untersuchen

Luftbildaufnahme von Kiruna mit der Stadt und den ehemaligen Tagebauen von Kiirunavaara und Luossavaara. Foto: Fredric Alm für LKAB

Luftbildaufnahme von Kiruna mit der Stadt und den ehemaligen Tagebauen von Kiirunavaara und Luossavaara. Foto: Fredric Alm für LKAB

Staatskonzern beauftragt Bergakademie Freiberg mit Analyse der Sensationsfunde in Kiruna

Freiberg/Kiruna/Brüssel, 28. Januar 2023. Die Bergakademie Freiberg soll die weltweit größte Lagerstätte für Seltene Erden in Schweden analysieren, um den folgenden Abbau durch den Staatskonzern „Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag“ (LKAB) vorzubereiten. Das haben die sächsischen Geologen nun mitgeteilt – sie waren bereits an der Erkundung der sogenannten „Per Geijer Eisenerz-Apatit-Lagerstätte“ beteiligt gewesen.

Ohne Seltene Erden keine Energiewende

„Seltene Erden bestimmen zunehmend unseren Lebensstandard, da sie in fast allen elektronischen Produkten verbaut sind und in bedeutenden Mengen für die Herstellung von Hochleistungs-Permanentmagneten, zum Beispiel für Windenergieanlagen, benötigt werden“, erklärte Prof. Thomas Seifert, der an der Bergakademie den Lehrstuhl für Lagerstättenlehre und Petrologie leitet. Das in der Lagerstätte nahe der Stadt Kiruna ebenfalls gefundene Phosphor wiederum sei eines der wichtigsten Düngemittel für die Agrarindustrie und von großer Bedeutung für die weltweite Agrarwirtschaft. „Um die Abhängigkeit dieser kritischen Rohstoffe, die heute zum Beispiel aus China importiert werden, zu senken, müssen bekannte Lagerstätten weiter erschlossen werden.“ Insofern könnten die Funde in Schweden eine strategische Bedeutung für die europäischen Technologiebranchen erhalten.

LKAB drängt auf beschleunigtes Genehmigungsverfahren

Allerdings könnte es nach LKAB-Schätzungen noch „mindestens 10 bis 15 Jahre dauern, bis wir tatsächlich mit dem Abbau beginnen und Rohstoffe auf den Markt bringen können“, hat Konzernchef Jan Moström eingeschätzt – wenn es bei den heute üblichen Genehmigungszeiten bleibt. Er hofft offensichtlich auch auf Unterstützung aus Brüssel: Die EU arbeitet derzeit an einem „Kritische-Rohstoffe-Gesetz“, das Europas Abhängigkeiten im Rohstoffsektor senken soll. „Wir müssen die Genehmigungsverfahren ändern, um einen verstärkten Abbau dieser Art von Rohstoffen in Europa zu gewährleisten“, fordert nun der LKAB-Chef. Womöglich könnte dann der Abbau der Seltenen Erden in Kiruna doch etwas zügiger beginnen. „Der Zugang ist heute ein entscheidender Risikofaktor sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie als auch für den Klimawandel.“

Analyseauftrag nach Freiberg vergeben

Und dabei mithelfen sollen eben auch Geologen aus Sachsen. Die Schweden wollen der Bergakademie 430.000 Euro zuschießen, damit die in den nächsten drei Jahren die Seltenen Erden-haltigen Phosphate genauer analysiert und charakterisiert. Laut gemeinsamen Untersuchungen von LKAB und TU Bergakademie Freiberg bestehen die „Per Geijer“-Lagerstätten aus fünf Erzkörpern, die neben Eisenerzmineralen wie Magnetit und Hämatit auch viele Phosphate wie etwa Apatit enthalten. Aus diesem Apatit können nach aktuellem Kenntnisstand der Freiberger Experten Phosphor sowie die sogenannten Leichten Seltenen Erden, wie zum Beispiel Lanthan, Cerium, Neodym und Samarium gewonnen werden. Schätzungen zufolge lässt sich dort mindestens eine Million Tonnen Seltenerdmetalle aus dem Boden holen. „Dies würde ausreichen, um einen Großteil des künftigen EU-Bedarfs zur Herstellung von Permanentmagneten zu decken, die für Elektromotoren unter anderem in Elektrofahrzeugen und Windkraftanlagen benötigt werden“, erklärte das LKAB-Management.

Unterstützung für „Kritische Rohstoffe“-Gesetz der EU

Entsprechend groß ist auch das Interesse aus den deutschen Umwelttechnik-Branchen daran, eigene europäische Lagerstätten zu erschließen. Daher unterstützen hier auch viele Unternehmen das geplante „Kritische Rohstoffe“-Gesetz der EU. Wir dürfen nicht erneut in eine toxische Abhängigkeit geraten“, heißt es in einer Stellungnahme des „Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft“ (BDE).

Deutschland importiert 2/3 der Seltenen Erden aus China

Gerade bei „Seltenen Erden“ ist die deutsche Importabhängigkeit besonders hoch: Die Bundesrepublik bezieht zwei Drittel ihres Bedarfs an dieser Elemente aus China. Bei einigen Metallen wie Scandium und Yttrium liegt die Importquote aus China sogar bei 94,4 Prozent. Allerdings ist durchaus vorstellbar, dass Deutschland auf andere Quellländer umschwenkt, solange die Schweden noch nicht lieferfähig sind. Vietnam gehört beispielsweise zu den Ländern mit den größten „Seltene Erden“-Lagerstätten weltweit, etwa ebensoviel hat Brasilien. Zwar hat Russland auch große Bestände, aber angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine dürfte dies auf absehbare Zeit keine Option für Deutschland sein.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Bergakademie Freiberg, LKAB, BDE, Wikipedia, Oiger-Archiv, EU-Kommission

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt