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Familien-Molekulardiagnosen könnten gegen seltenen Krebs helfen

Dr. Arne Jahn berät eine Patientin Institut für Klinische Genetik der Hochschulmedizin Carl Gustav Carus Dresden. Foto: Marc Eisele für das Uniklinikum Dresden

Dr. Arne Jahn berät eine Patientin im Institut für Klinische Genetik der Hochschulmedizin Carl Gustav Carus Dresden. Foto: Marc Eisele für das Uniklinikum Dresden

Dresdner Studie offenbart „überraschend hohen Anteil“ vererbter Tumor-Risiken

Dresden, 24. Oktober 2022. Seltene Krebskrankheiten sind in weit höherem Maße erblich bedingt als bisher angenommen. Tritt solch eine seltene Tumor-Art bei einem Patienten auf, wäre daher auch eine molekulare Diagnose bei nahen Familienangehörigen sinnvoll, um beizeiten mit einer geeigneten Behandlung gegensteuern zu können. Das hat ein internationales Forscherteam im „Deutschen Krebskonsortium“ (DKTK) unter Leitung der Hochschulmedizin Dresden, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden und Heidelberg ermittelt.

Umfassende molekulare Untersuchung wünschenswert

„Unsere Studie zeigt, dass ein überraschend hoher Anteil an Krebspatienten mit seltenen Tumorerkrankungen eine erbliche Krebsveranlagung aufweist und dass ein Großteil dieser Prädispositionen im Normalfall nicht diagnostiziert wird“, erklärte der NCT-Onkologe Prof. Hanno Glimm. „Es wäre wünschenswert, dass künftig deutlich mehr Patientinnen und Patienten mit seltenen Krebserkrankungen eine umfassende molekulare Untersuchung erhalten können.“

Interdisziplinäres Tumorboard hat 1500 Patienten analysiert

Für die Studie hatte das Forschungskollektiv die Blutwerte, Tumor-Genome und andere Daten von knapp 1500 Krebspatienten in einem interdisziplinären Tumorboard aus Bioinformatikern, Biologen, Humangenetikern, Onkologen, Pathologen und Experten für Innere Medizin im Wochentakt analysiert. 80 Prozent der untersuchten Patienten hatten eine seltene Krebnserkrankung. Mehr als zehn Prozent wiesen eine erbliche Krebsveranlagung auf, die in 75 Prozent der Fälle bisher nicht bekannt war. Ganz konkret stellten die Forscher gehäuft erbliche genetische Veränderungen der sogenannten Keimbahnen fest – das sind jene Keimzellen, die von Generation zu Generation weitergeben werden.

Auch Familie durchtesten

„Bei Verdacht auf Vorliegen eines solchen genetischen Tumorrisikosyndroms ist es besonders wichtig, die Patientinnen und Patienten und auch die Familienmitglieder genetisch zu testen“, fordert Professorin Evelin Schröck vom Uniklinikum Dresden. Dadurch werde es möglich, „das individuelle Krebsrisiko zu ermitteln und Krebserkrankungen durch engmaschige präventive Untersuchungen möglichst frühzeitig zu erkennen oder sogar verhindern zu können.“

Quellen: NCT Dresden, Wikipedia

Wissenschaftliche Publikation:

A. Jahn, A. Rump, T.J. Widmann u.a.: „Comprehensive cancer predisposition testing within the prospective Maser trial identifies hereditary cancer patients and supports treatment decisions for rare cancers”, in:Annals of Oncology“ 2022, im Netz: https://doi.org/10.1016/j.annonc.2022.07.008

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt