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Sachsen hofft auf Talente aus dem Osten

Studenten im Hörsaalzentrum der TU Dresden. Foto: TUD

Sachsen will sich künftig verstärkt in Osteuropa nach Talenten umschauen, aber auch mehr Frauen für ein Ingenieurstudium begeistern. Das Archivfoto zeigt Studenten im Hörsaalzentrum der TU Dresden. Foto: TUD

Freistaat will Kooperation mit Osteuropa ausbauen, um Fachkräfte für seine Hightech-Wirtschaft zu gewinnen

Dresden, 22. April 2022. Sachsens Mikroelektronik muss künftig stärker und gezielter als bisher auch Talente in Polen, Tschechien und anderen osteuropäischen Ländern suchen, um ihren Fachkräftebedarf langfristig zu decken. Dafür hat Babett Gläser vom sächsischen Wissenschaftsministerium während der virtuellen Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland“ in Dresden plädiert. „Wir schöpfen hier zum Beispiel die Nähe zu Forschungseinrichtungen in Breslau und bei unseren anderen Nachbarn noch nicht richtig aus.“

Sachsen bemüht sich bereits seit geraumer Zeit, die wissenschaftliche Kooperation mit osteuropäischen Forschungseinrichtungen - hier im Bild das Hauptgebäude der Uni Breslau - auszubauen. Eine Hoffnung dabei: Womöglich lassen sich darüber auch Talente für den Umzug nach Sachsen animieren. Foto: Jar.ciurus, Wikimedia https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wroclaw_-_Uniwersytet_Wroclawski_o_poranku.jpg CC3-Lizenz https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/pl/deed.en

Sachsen bemüht sich bereits seit geraumer Zeit, die wissenschaftliche Kooperation mit osteuropäischen Forschungseinrichtungen – hier im Bild das Hauptgebäude der Uni Breslau – auszubauen. Eine Hoffnung dabei: Womöglich lassen sich darüber auch Talente für den Umzug nach Sachsen animieren. Foto: Jar.ciurus, Wikimedia, CC3-Lizenz 

Sachsen und Schlesien kooperieren schon beim Casus-Institut

Schon in der Vergangenheit haben sich Forschungseinrichtungen in Sachsen darum bemüht, die wissenschaftliche Kooperation mit osteuropäischen Partnern auszubauen. Dazu gehört beispielsweise das Casus-Institut in Görlitz. Beim Aufbau dieses Zentrums, das sich mit komplexen Systemen wie Klima, Pandemien, astronomischen Phänomenen und Verkehr beschäftigt, arbeiten unter anderem das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und die Uni Breslau zusammen. Und das soll kein Einzelbeispiel bleiben.

Besonderer Ukraine-Fokus war geplant

Derzeit arbeite das Wissenschaftsministerium an einer Fachkräfte-Strategie, in der diese Kooperation mit Osteuropa ein wichtiger Punkt sein werde, berichtete Babett Gläser. Ursprünglich habe das Ministerium auch ganz konkret die Ukraine in diese Strategie einbeziehen wollen. Ob und wann sich das angesichts des russischen Angriffskrieges noch realisieren lässt, bleibt indes abzuwarten.

Ronald Tetzlaff. Foto: Robert Lohse für die TU Dresden

Ronald Tetzlaff. Foto: Robert Lohse für die TU Dresden

Sachsen kann Fachkräftebedarf nicht selbst decken

Hintergrund dieser Fachkräftestrategie ist die Erkenntnis, dass Sachsen in den nächsten Jahren den Fachkräftebedarf in seiner Chipproduktion, der ebenfalls wachsenden Software-Branche und in anderen Hochtechnologie-Industrien aus eigener Kraft nicht wird decken können: Die Zahl der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Absolventen an Hochschulen und Unis im Freistaat ist zu gering, um die Nachfrage zu decken. Einerseits gelte es daher, schon an den Schulen mit der Nachwuchs-Gewinnung zu beginnen, betonte der Physiker Prof. Ronald Tetzlaff und langjährige Elektrotechnik-Dekan der TU Dresden. Anderseits versuchen er und seine Kollegen auch, mehr junge Frauen für die Ingenieurwissenschaften zu begeistern. „Der Anteil der Studentinnen ist noch zu gering, wir beobachten sogar einen Rückgang der Studienanfängerinnen in diesem Technikbereich.“

Prof. Thomas Mikolajick auf der Semicon 2019. Foto: Andre Wirsig

Prof. Thomas Mikolajick auf der Semicon 2019. Foto: Andre Wirsig

„Wer junge Menschen für Hochtechnologie begeistern will, braucht moderne Geräte.“

Forlab-Koordinator Thomas Mikolajick

Wichtig sei es zudem, genug Talente für die Vorlauf-Forschung zu gewinnen, betonte Prof. Thomas Mikolajick, der an der TU Dresden das Elektroniklabor „Namlab“ leitet und außerdem die „Forschungslabore Mikroelektronik Deutschland“ (Forlabs) koordiniert. Um jungen Menschen solch eine wissenschaftliche Karriere in der Mikroelektronik, Informatik oder in verwandten Disziplinen schmackhaft zu machen, bedürfe es auch exzellenter Forschungsbedingungen – und eben die haben sich laut Mikolajick durch die jüngsten Forlab-Investitionsprogramme auch spürbar verbessert. „Wir an der TU Dresden suchen, wie alle anderen Mikroelektronik-Standorte, intensiv nach interessiertem Forschernachwuchs“, berichtete er auf der Tagung. In diese Richtung wirke auch die Forlab-Ausrüstungsinitiative: „Wer junge Menschen für Hochtechnologie begeistern und Spitzenforscherinnen anziehen will, braucht moderne Geräte, die Ideen inspirieren und Entwicklung möglich machen“, argumentierte der Professor. „Diese Infrastruktur haben wir mit Forlab ausgebaut. Mit unserer Ausrüstung bieten wir ideale Bedingungen für exzellente Lehre und motivierte Nachwuchsforschung.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Referate auf Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland“, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt