Forscher durchleuchten Kohlenstoff-Reaktionen im Ausnahmezustand eines Kometeneinschlags
Dresden/Hamburg, 8. Oktober 2021. Schon lange diskutieren Astrophysiker, Biologen und Geologen darüber, ob vor Milliarden Jahren womöglich Kometen- oder Meteoriteneinschläge die entscheidenden Zutaten für das Leben aus dem All auf die Erde gebracht haben. Ein internationales Forscherteam hat nun einen Weg gefunden, die extremen Materie-Zustände bei Kometeneinschlägen nachzustellen und die dabei ablaufenden chemischen Reaktionen mit energiereichen Röntgenblitzen zu durchleuchten. Das hat das Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) mitgeteilt, das an den Experimenten beteiligt ist.
Warme dichte Materie wie im Innern von Riesenplaneten
Im Fokus dieser Versuche steht ein Materiezustand, die bei großer Hitze und unter hohen Temperaturen entsteht. „Wir bezeichnen diesen Zustand als warme dichte Materie“, erläutert Dominik Kraus, Physiker am HZDR sowie Professor an der Universität Rostock. „Es ist ein Übergangszustand zwischen Festkörper und Plasma, der im Inneren von Planeten vorkommt, kurzzeitig aber auch auf der Erde auftreten kann, etwa bei Meteoriteneinschlägen.“
Röntgenblitze durchleuchten Festplasma-Gemisch
Um zu untersuchen, welche chemischen Reaktionen für Kohlenstoff als Grundelement des Lebens in solch einem Extremzustand überhaupt möglich sind, will das Team diese Zustände im Labor nachstellen – am stärksten Röntgenlaser der Welt, dem „European XFEL“ in Hamburg. Im dortigen HZDR-Labor „Hibef“ beschießt ein Superlaser Kohlenstoff-Folien, um sie auf mehrere 100.000 Grad zu erhitzen und in „warme dichte Materie“ zu verwandeln. Dann durchleuchten sie die Proben mit sehr kurzen und intensiven Röntgenpulsen. Die Elektronen in der Folie streuen einen Teil dieser Röntgenblitze. Aus dem Streulicht lässt sich dann schlussfolgern, mit welchen Elementen sich die Kohlenstoffatome chemisch zu Molekülen verbunden haben.
Die Teams um Katja Voigt und Dominik Kraus vom HZDR rechnen mit neuen Erkenntnissen über die Vorgänge im Innern von Jupiter, Neptun und anderen Riesenplaneten. Sie hoffen aber auch frühere Kometeneinschläge auf die Erde im Minimaßstab nachstellen und dann der Frage nachgehen: Wenn diese Kometen einst organisches Material auf die Erde brachten – könnte es beim Einschlag zu chemischen Reaktionen gekommen sein, die die Entstehung des Lebens begünstigten?
Autor: hw
Quelle: HZDR
Wissenschaftliche Publikation:
K. Voigt, M. Zhang, K. Ramakrishna, A. Amouretti, K. Appel, E. Brambrink, V. Cerantola, D. Chekrygina, T. Döppner, R. Falcone, K. Falk, L. Fletcher, D. Gericke, S. Göde, M. Harmand, N. Hartley, S. Hau-Riege, L. Huang, O. Humphries, M. Lokamani, M. Makita, A. Pelka, C. Prescher, A. Schuster, M. Å mÃd, T. Toncian, J. Vorberger, U. Zastrau, T. Preston, D. Kraus: Demonstration of an x-ray Raman spectroscopy setup to study warm dense carbon at the high energy density instrument of European XFEL, in Physics of Plasmas, 2021 (DOI: 10.1063/5.0048150)
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