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Designer lieben sie: Schicke Kollateralschäden der Pilzkriege

Doktorandin Stephanie Stange zeigt die Vorder- und Rückseiten von Schalen mit Pilzen, die auf den Holzproben eine dekorative Marmorfäule erzeugt haben. Foto: Heiko Weckbrodt

Doktorandin Stephanie Stange zeigt die Vorder- und Rückseiten von Schalen mit Pilzen, die auf den Holzproben eine dekorative Marmorfäule erzeugt haben. Foto: Heiko Weckbrodt

Naturstoffexpertin Stange von der TU Dresden verziert mit ihren Pilzen Holzfurniere mit Marmoreffekten

Dresden, xx. xx 2021. Manche Designer lieben es, nach vollbrachtem Werk dem Interieur einer Luxusjacht oder eines Oberklasse-Automobils noch ein besonderes Muster als Akzent hinzuzufügen: Marmorfäule auf Holz. Diese marmorähnliche Textur entsteht gelegentlich in der freien Natur, wenn Holzpilze um einen Baum kämpfen. Dabei setzen sie Melanin-Farbstoffe frei, die im Holz schön anzusehende Abwehr- und Barriereschichten gegen den Konkurrenz-Pilz oder ungünstige Lebensbedingungen aufbauen. Pfiffige Unternehmen haben inzwischen Wege gefunden, diesen Prozess im Manufakturmaßstab nachzustellen. Unglücklicherweise gehen dabei aber 80 Prozent des verwendeten Holzes durch Zersetzung verloren. Schade drum, finden die Naturstoff-Forscherinnen und -forscher der TU Dresden und ertüfteln derzeit eine ökologisch bedachtsame Alternative.

Mehr Ausbeute, weniger Holzverluste

„Wir wollen dafür nachhaltige Fertigungsverfahren entwickeln, die das ganze Holz und nicht nur einzelne Stellen marmorisieren“, erklärt Bioverfahrenstechnikerin Stephanie Stange vom TU-Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik von Professor André Wagenführ. Dabei sieht sie ökonomische wie ökologische Vorteile: Einerseits steige dadurch die Ausbeute, anderseits soll dabei auch nicht mehr so viel Holz durch das zerstörerische Werk von Faulpilzen verloren gehen.

Am Institut für Naturstofftechnik der TU Dresden experimentieren die Forscherinnen und Forscher mit den besonderen Fähigkeiten von Pilzen, Holz zu färben, zu schützen und Wirkstoffe zu erzeugen. Foto: Heiko Weckbrodt

Am Institut für Naturstofftechnik der TU Dresden experimentieren die Forscherinnen und Forscher mit den besonderen Fähigkeiten von Pilzen, Holz zu färben, zu schützen und Wirkstoffe zu erzeugen. Foto: Heiko Weckbrodt

Gandalf lässt grüßen: Du kommst hier nicht rein!

Stange und ihre Kollegen setzen verschiedene Pilze auf diese Aufgabe an und lernen sie dabei zu steuern. „In der Natur erzeugt so ein Pilz das Melanin als eine Art Schutz, wenn er merkt, dass da ein paar Holzzellen weiter ein anderer Pilz in sein Revier eindringt“, erklärt die Forscherin. „Das ist wie strategische Kriegsführung: Der eine Pilz verstopft mit seinem Melanin die Holzzellen, durch die der andere Pilz zu wachsen versucht. Das ist so, als ob er eine Tür zuschlagen würde und dabei sagt: ,Du kommst hier nicht rein!’“ Als Nebeneffekt entstehen bei diesem „Stratego“ der Pilze eben die hübschen Marmormuster, die Holzkenner so lieben.

Nun steht Weg vom Labor in den Industriemaßstab bevor

Diesen Prozess zu lenken, klappt im TU-Labor bereits recht gut. Allerdings will Stephanie Stange lieber noch nicht verraten, wie genau sie und ihre Mitstreiter das machen, bevor das Projekt abgeschlossen ist. „Nun müssen wir das erst mal in den Industriemaßstab bringen“, sagt sie.

Japanische Möbeldesigner sind wild auf Marmorfäule

Interessant ist dieses Forschungsprojekt vor allem für Luxus-Säge- und Furnierwerke wie „Mehling & Wiesmann“ aus dem Spessart, die den Marmoreffekt für ihr Edelfurnier „Trüffelbuche“ verwenden. Japanische Möbeldesigner zum Beispiel sind ganz wild auf derartige Furniere. Eingesetzt werden sie aber auch für hochwertige Schmuckstücke, Kerzenständer, Etuis und in noblen Jachten. „Ein Massenprodukt wird das wohl auch in Zukunft nie werden“, meint Stephanie Stange. Aber es wäre schon viel gewonnen, sagt sie, wenn in der Fertigung der schönen Furniere nicht mehr so viel Holz verloren gehen würde.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Interviews Stange, Wagenführ, TUD

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt