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Nachwuchs-Forscherin: DDR und Corona zu vergleichen ist „neurechts“

Hat 2011 ihren Bachelor für Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig gemacht und weiß Bescheid, wie es in der DDR war: Christina Schwarz. Foto: Greta Hartmann für die uni Leipzig

Hat 2011 ihren Bachelor für Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig gemacht und weiß Bescheid, wie es in der DDR war: Christina Schwarz. Foto: Greta Hartmann für die uni Leipzig

Kulturwissenschaftlerin: Nur kleiner Teil der Ostdeutschen fühlt sich bevormundet, Selbstbild als Umstürzler ist letztlich demokratiefeindlich

Leipzig, 28. September 2020. Wer sich durch den Corona-Ausnahmezustand, durch Reiseverbote und Demonstrationsverbote, durch Schlangen und leere Regale in den Geschäften und andere Phänomene während der Pandemie an die DDR erinnert fühlt und beides „gleichsetzt“, der liegt nach Meinung der Kulturwissenschaftlerin Christina Schwarz von der Uni Leipzig falsch. Denn: „Solche Gleichsetzungen sind gängige Argumentationsmuster neurechter Akteure bis hin zu Neonazis“, kritisiert sie.

„DDR-Vergleichen muss ich entschieden widersprechen“

Durch die Corona-Schutzmaßnahmen fühle sich ein kleiner, aber sehr lauter Teil der Bevölkerung in Ost und West bevormundet“, geht aus einem Interview der Uni Leipzig mit ihrer Mitarbeiterin hervor. „Dass die Pandemie-Situation und die damit einhergehenden zeitweisen Grundrechtseinschränkungen Sorgen und Ängste hervorrufen, ist nachvollziehbar“, heißt es da. „DDR-Vergleichen und Behauptungen, es würden heute diktaturähnliche Zustände herrschen, muss ich allerdings entschieden widersprechen“, erklärt die junge Forscherin, die 2014 ihren Master in Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig absolviert hat.

Schwarz: So etwas befeuert Pegida-Erzählungen

Solche Vergleiche hält sie für demokratiefeindlich, denn Derartiges zu äußern, stütze und befeuere „eine Erzählung, die in den letzten Jahren von PEGIDA, AfD und anderen rechten Gruppen kultiviert wurde. Den Ostdeutschen wird darin die Rolle der widerständigen Umstürzler zugeschrieben, die es 1989 geschafft hätten, ein System aus den Angeln zu heben, und die das heute wieder tun sollten. Das ist eine fatale, letztendlich demokratiefeindliche Perspektive.“

Politische Bildung gegen unzulässige Assoziationen

Schwarz hat auch Lösungen für diejenigen Ostdeutschen parat, bei denen der Corona-Ausnahmezustand Assoziationen zur DDR weckt. „Historisch-politische Bildungsprozesse können helfen, die verschiedenen Bezugnahmen besser einzuordnen und zu reflektieren“, schlägt sie vor. Diese Methode eigne sich „besonders für Jugendliche, die selbst keine eigenen Erinnerungen an die DDR oder an 1989 haben“. Übertragen könne man dies beispielsweise außerschulischen Bildungsträgern, bei denen derzeit Mitarbeiter um ihre Stellen fürchten.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Uni Leipzig

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt