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Behördensprech: Nach der „Allgemeinverbindlicherklärung“ ab in die „Corona Matching Fazilität“

Viele Behörden veröffentlichten während der Corona-Krise "Informationen", die nur schwer verständlich waren. Grafik: hw

Viele Behörden veröffentlichten während der Corona-Krise „Informationen“, die nur schwer verständlich waren. Grafik: hw

Uni Hohenheim: Behörden verbreiteten in Corona-Krise viel Unverständliches

Stuttgart, 28. Juli 2020. Viele Behörden haben die Bürger in Deutschland und Österreich während der Corona-Krise mit Wortmonstern und Schachtelsätzen erschlagen, statt allgemeinverständlich über die Pandemie und die Gegenmaßnahmen zu informieren. Zu diesem Schluss sind die Uni Hohenheim und das österreichische Beratungsunternehmen „Clavis“ nach Textanalysen von Pressemitteilungen von Bund- und Landesregierungen gekommen.

Schachtelsätze mit 50 Wörtern keine Seltenheit

Oft verschanzten sich demnach die Behörden hinter Bürokraten-Deutsch. „Schachtelsätze mit 40 bis 50 Wörtern sind keine Seltenheit“, informierte Kerstin Keller von der Universität Hohenheim. „Dabei gilt: Ein Gedanke, ein Satz“. Bei ihren Recherchen haben die Forscher einige „Sprachperlen“ aus dem Verwaltungsapparat ausgegraben. Einige Beispiele: „Corona Matching Fazilität“, „Retail Hack“, „E-Card-Foto-Registrierungs-Stellen“, „Helpline“, „Recovery effort“, „Distance learning“, „Repatriierungen“, „respiratorische Erreger“, „asymptomatische Infektion“, „Allgemeinverbindlicherklärungen“, „Gebärdensprachdolmetscherinnen“ oder „Betriebstättenbegründungsfristen“.

Studienleiter: Regierungen sollten gerade in Krisen Orientierung bieten

„Unverständlichkeit hat viele Gründe“, betonte Prof. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim. „Zeitdruck, Gewöhnung an abstraktes Verwaltungsdeutsch, vor allem aber das eigene Fachwissen von Experten.“ Und er unterstreicht: „In Krisenzeiten suchen Menschen Informationen und Orientierung. Regierungen sollten beides liefern. Und zwar in einer auch für Laien verständlichen Form. Informationen zur Corona-Pandemie und zu den staatlichen Schutzmaßnahmen sollten besonders verständlich sein. Sie sind es aber nicht.“

Österreicher klarer zu verstehen als die Deutschen

Allerdings habe es auch spürbare Unterschiede zwischen verschiedenen Verwaltungen gegeben, betonten die Wissenschaftler: Mitteilungen aus dem Finanzministerium und die FAQ-Antworten, die das Außenministerium zusammengestellt hatte, wurden als vergleichsweise verständlich eingestuft. Auch drückten sich die österreichischen Behörden im Schnitt etwas klarer aus als die deutschen.

Autor: hw

Quelle: Uni Hohenheim

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt