Forschung, News, zAufi

Leibniz-Forscherin will mit Bier den Spreewald sauber machen

Pils aus der Forschungs-Bierbrauerei der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Pils aus der Forschungs-Bierbrauerei der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Brauerei-Reste enthalten einen Panzerzucker, der Eisen aus braunen Flüssen filtert.

Dresden, 10. Juni 2020. Leibniz-Forscher aus Dresden wollen mit Bier-Brauresten die Flüsse des Spreewaldes sauber machen. Dafür entwickeln sie derzeit gemeinsam mit der TU München und Partnern aus der Wirtschaft spezielle Sackfilter. Die möchten sie mit Panzerzucker aus Bierhefe beschichten und dann zu Hunderten ins Wasser hängen, um die Spree und andere Gewässer vom Ocker-Stich zu befreien.

Wer will schon braue Flüsse?

„Die Brauereien suchen nach einer lukrativen Verwertung für ihre Treber, Bierhefe und andere Braureste“, berichtet Dr. Simona Schwarz vom Leibniz-Institut für Polymerforschung (IPF) in Dresden über den Ausgangspunkt für das industrielle Gemeinschaftsprojekt „BioAd“. „Wir denken, dass wir damit Eisenionen und andere Schwermetalle aus Wasser herausfiltern können.“ Einsetzen wollen die Projektpartner diese Technologie, um eisenbelastete braune Gewässer im Spreewald wieder klar zu machen. Diese Großreinigung liege besonders der Fremdenverkehrs-Branche am Herzen: „Wer will im Urlaub schon braune Flüsse sehen?!“, fragt die Forscherin rhetorisch.

Aus Bierhefe lässt sich Filtermaterial gewinnen

Die prinzipielle Prozesskette hat Dr. Schwarz bereits klar vor Augen: Sie und ihre Kollegen wollen die Bierhefen aus Brauereien einsammeln und daraus Chitin beziehungsweise Chitosan gewinnen. Mit diesem Panzerzucker, aus dem beispielsweise auch die Zangen von Krabben gemacht sind, beschichten sie dann hauchdünn Filterkugeln, die dann wiederum in Säcke verpackt und in die braunen Flüsse gehängt werden. Nach etwa einen halben Jahr können Arbeiter die Sackfilter einsammeln und daraus Eisenklumpen bergen. Die Brocken sind zwar kein reines Eisen, aber dennoch als Beigabe für Stahlwerke geeignet, versichert Simona Schwarz. Bis 2022 sollen die ersten Pilotfilter fertig und ihre Filterkräfte getestet sein.

Gerste & Co. sollen auch Mangan und Schwefel aus dem Wasser saugen

Aber auch Malzreste (Treber) und andere Produktionsabfälle von Brauereien lassen sich einsetzen, um Bäche, Flüsse sowie Abwässer zu säubern, ist die Leibniz-Forscherin überzeugt. „Gerste zum Beispiel absorbiert von Natur aus Mangan.“ Daher lassen sich Brauerei-Abfälle auch einsetzen, um dieses Metall aus Wasser zu filtern. Ein weiteres Einsatzgebiet sieht sie im Harz, wo jahrelanger Gipsabbbau viele Gewässer verschwefelt hat. Die Gelder für all diese Versuche stellt das Bundeswirtschaftsministerium über die „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF) bereit.

Retten die Biertrinker die Umwelt?

Und auch der Material-Nachschub dürfte Dr. Schwarz kaum ausgehen: Für ihre Experimente kann sie sich die Bierhefe von der Meissner Schwerter-Privatbrauerei holen. Falls das nicht mehr reicht: In Deutschland gibt es noch rund 1400 weitere Braustätten, die jährlich etwa zwei Millionen Tonnen Nass-Treber und bis zu 180.000 Tonnen Bierhefe produzieren. Deutschlands Bierfreunde werden auch sicher auch dafür sorgen, das dieser Quell nie versiegt. Und wer demnächst ein Bierchen trinkt, kann das dann sogar mit dem guten Gefühl genießen, damit auch der Umwelt Gutes zu tun. Prost!

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche IPF DD, AiF,Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt