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Semron Dresden: Wir haben effizientesten KI-Chip der Welt

Künstliche Intelligenz (KI) gilt inzwischen als zentrale Schlüsseltechnologie des Digital-Zeitalters. Die Deutschen sehen die KI-technologie aber eher skeptisch und risikobehaftet. Foto: Geralt. Pixabay, CC0-Lizenz

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als zentrale Schlüsseltechnologie des Digital-Zeitalters. Foto: Geralt. Pixabay, CC0-Lizenz

Sachsen stellen zur Semicon neue Konzepte für sparsame „Künstliche Intelligenz“ und für neuronal „aufgeschlaute“ Maschinen vor

Dresden/München, 12. November 2019. Um Autos, Smartphones und Robotern mehr „künstliche Intelligenz“ (KI) beizubringen, ohne dass deren Stromhunger unbeherrschbar wird, setzen mehr und mehr Ingenieure und Forscher aus dem „Silicon Saxony“ auf das Vorbild „menschliches Gehirn“: Dieses natürliche Netzwerk aus rund 100 Milliarden Neuronen, die sich Informationen merken und genauso gut hochkomplexe Aufgaben kalkulieren können, verbraucht meist nur 20 bis 30 Watt. Zum Vergleich: Supercomputer verbrauchen heute etwa eine Million Mal so viel Energie – und versagen dennoch bei vielen Aufgaben, die selbst ein dreijähriges Kind spielend erledigt. Daher avancieren künstliche neuronale Netze und neuromorphe Chips derzeit auch zu einem wichtigen Trendthema in Sachsen. Einige Innovationen für solche neuronalen Technologien haben die Forscher aus dem Herzen des „Silicon Saxony“ heute zur Halbleitermesse „Semicon“ in München vorgestellt, darunter den – laut Entwickler-Angaben – „effizientesten KI-Chip der Welt“.

Analoge Zellen im „Ginkgo“-Chip können Daten sowohl speichern wie verarbeiten

An diesem „Ginkgo“ genannten Chip arbeiten derzeit Kai Uwe Demasius und Aron Kirschen und haben dafür das Unternehmen „Semron“ gegründet. Dort entwerfen sie Schaltkreise, deren analoge „Cap-Ram“-Zellen nicht aus dem sonst in Chips üblichen Silizium bestehen, sondern teilweise aus Oxiden des Elements Hafnium. Das Besondere an diesen ferroelektrischen Konstruktionen: Anders als in heutigen Computern können diese Zellen sowohl Daten speichern wie auch Rechenaufgaben lösen – ähnlich wie die Nervenzellen im menschlichen Gehirn. Insofern ist dies eine Abkehr von der klassischen „Von-Neumann-Architektur“ in heutigen Computern, die eine strikte Trennung von Speicher und Rechenwerk fordert.

Transferenergie wird eingespart

Durch ihr besonderes Konzept seien erhebliche Stromersparnisse möglich, versprechen die Semron-Gründer. Bisher werde in klassischen Rechnern „die meiste Energie damit verbraucht, Daten innerhalb des Chips oder hinein in die Speicher zu transferieren“, argumentieren sie. „Mit unserer neuen Hardware und deren Analog-Ansatz werden diese Transfers vermieden.“ Herstellen wollen Demasius und Kirschen diese Chips allerdings nicht selbst, sondern ihr Design anderen Mikroelektronikfirmen zur Verfügung stellen.

Prof. Thomas Mikolajick auf der Semicon 2019. Foto: Andre Wirsig

Prof. Thomas Mikolajick auf der Semicon 2019. Foto: Andre Wirsig

Namlab-Direktor Mikolajick: „Ferroelektrische und resistive Speicher sind ein enormer Wachstumsmarkt“

Bereits langjährige Erfahrungen mit ferroelektrischen Schaltungen hat in Dresden vor allem das Namlab der TU. „Da haben wir vor ein paar Jahren erhebliche technologische Durchbrüche erzielt“, betonte Namlab-Direktor Prof. Thomas Mikolajick. „Nun sind wir dabei, aus dieser Erfindung verschiedene Anwendungen zu entwickeln.“ Und er sieht noch großes Potenzial für diese speziellen Computerzellen, die besonders schnell sind und sich auch einmal erledigte Aufgaben „merken“ können. „Ferroelektrische und resistive Speicher sind ein enormer Wachstumsmarkt“, schätzte der Professor ein. „In KI-Anwendungen werden Speicherlösungen immer mehr zum technologischen Unterscheidungsmerkmal. Mit diesen Speichern lässt sich Hardware bauen, die biologische neuronale Netze nachahmt – und uns damit den Sprung zu wirklicher künstlicher Intelligenz ermöglicht.“

Elektronenmikroskopaufnahme eines fertigen ferroelektrischen Minischalters auf Hafnium-Basis. Abb.: NaMLab

Elektronenmikroskopaufnahme eines fertigen ferroelektrischen Minischalters auf Hafnium-Basis. Abb.: NaMLab

Sachsen mit 52 Ausstellern auf der Semicon

Insgesamt 52 Aussteller aus Sachsen präsentieren sich bis zum 15. November 2019 auf der Semicon und der zeitgleich stattfindenden „Productronica“ in München. Die 37 Aussteller aus Dresden zeigen neben KI-Lösungen auch neuartige Sensoren, die wie Enterprise-Trikoder arbeiten, bessere Fertigungskonzepte in der Mikroelektronik, Optoelektronik und dergleichen mehr.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: LHD, Interview Prof. Mikolajick, Semron AI, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt