Neue Sensormanschetten aus Dresden sollen Windstrom billiger und die Plattformen im Meer sicherer machen
Dresden, 18. Oktober 2019. Damit Windstrom vom Meer billiger wird, hat Dr. Bianca Weihnacht vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) Dresden eine Art „Gesundheits-Armband“ Offshore-Windkraftparks entwickelt. Diese Ultraschall-Manschette legt sie künftig den langen Stahlbeinen an, mit denen die riesigen „Offshore“-Windkraftparks vor der deutschen Küste in der Nordsee oder Ostsee stehen. Deren Ultraschall-Sensoren melden sich dann automatisch per Funk, wenn es Probleme unter Wasser gibt.
Mehr Sicherheit für Mensch und Technik
Dadurch müssen die Betreiber nicht mehr so oft Taucher auf den Grund schicken, um – mit dem Messer in der Hand – die Stahlkonstruktionen auf Risse oder andere Probleme zu untersuchen. „Wir wollen damit die Wartungskosten für Offshore-Windparks deutlich senken“, sagte Bianca Weihnacht. Zudem sorge diese Fernwartungs-Technologie für mehr Sicherheit für die Tauscher und für die Plattformen.
Kilowattstunde Windstrom kostet auf See doppelt so viel wie auf dem Land
Hintergrund: Im Meer verankerte Windenergie-Anlagen liefern zwar viel Strom, sind aber teuer – sowohl beim Aufbau wie im laufenden Betrieb. Folge: Jede auf See erzeugte Kilowattstunde Windstrom kostet durchschnittlich elf Cent und damit fast doppelt so viel wie eine an Land generierte. Etwa ein Viertel dieser Kosten entstehe durch den hohen Wartungs- und Service-Aufwand für die Meeresplattformen. Dazu gehört, die Stahlverankerungen, auf denen diese Windparks im Meer ruhen, im Abstand von höchstens vier Jahren gründlich auf Schäden zu überprüfen. Dafür werden per Schiff die Taucher mit ihren Ausrüstungen zu den Offshore-Anlagen per Schiff transportiert. Sie müssen dann alle Stahlstreben und vor allem deren Schweißnähte manuell durchchecken. Dafür müssen sie die kritischen Stellen oft erst mit Messern freihacken, um salzige Ablagerungen, Algen und andere angepappte Schichten zu entfernen. Und all dies ist wiederum nur bei halbwegs ruhiger See möglich, ist nicht ganz ungefährlich und zudem teuer.
Dünne Elektronik darf Meer kaum Angriffsfläche bieten
Daher hat Dr. Weihnacht ihre Manschetten entwickelt. Einlaminiert sind darin Ultraschallsender, Sensoren, Funkmodule und Induktionsschleifen, um die Elektronik berührungslos mit Strom versorgen zu können. Und all diese Bauteile müssen zudem sehr dünn sein, damit die Manschette dem Meer und seinen großen wie ganz kleinen Bewohnern möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Ist das „Armband“ einmal über eine Schweißnaht gestreift, senden die integrierten Impulsgeber Ultraschallwellen aus, die sich bei ihrer Wanderung durch den Stahl verändern – je nachdem, ob sie auf Risse treffen oder nicht. Aus dem Ausbreitungsmuster können die Manschetten-Sensoren dann erkennen, ob eine Schweißnaht aufzureißen droht. „Das kann man sich vorstellen wie eine Computertomografie beim Arzt – Probleme werden dadurch sofort sichtbar“, erklärt die Entwicklerin.
Noch mehr Automatisierung geplant
Die Manschetten senden diese Warnsignale anschließend per WLAN-Funk an Tauchroboter, sobald die sich den Nähten nähern. Später will Weihnacht die Technik so weiterentwickeln, dass sie die Daten automatisiert gleich an die Steuerzentrale der Windkraftwerks weitergibt.
Offshore-Windpark mit 6,4 Gigawatt am Netz
In der Nordsee und in der Ostsee betreibt Deutschland derzeit etwa 1300 Offshore-Windkraftanlagen in 30 Windparks mit einer Gesamtleistung von knapp 6,4 Gigawatt. Im Jahr 2018 gingen etwa 140 Anlagen mit einer Leistung von zirka 970 Megawatt ans Netz. Der Ausbau auf See hat sich laut Angaben der Offshore-Windindustrie inzwischen deutlich verlangsamt.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Vor-Ort-Recherche, Fraunhofer-IKTS, IWR, Wikipedia
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