Gewerkschafts-Studie ermittelt Stimmungswandel in der Branche
Berlin/Leipzig, 10. September 2019. Unter den Arbeitern in der sächsischen und brandenburgischen Autoindustrie weicht der Pessimismus einem vorsichtigen Optimismus, wenn es um die Umrüstung „ihrer“ Fabriken auf Elektroauto-Produktion geht. Immer noch aber stehen viele der digitalen Transformation der Gesellschaft skeptisch gegenüber. Das hat eine Studie „Konversionschancen für Betriebe und Belegschaften im Transformationsprozess der Automobilindustrie in Berlin, Brandenburg und Sachsen“ von Dr. Antje Blöcker ergeben, auf die heute die Industriegewerkschaft (IG) Metall hingewiesen hat.
Milliarden-Investitionen von VW, Porsche und BMW in Sachsen stärken Vertrauen der Arbeiter
Demnach hat sich „die Stimmung unter den Beschäftigten und die Einschätzung ihrer beruflichen Perspektive“ während des Untersuchungszeitraums, also von Oktober 2018 bis Mai 2019, deutlich verbessert. „Während zu Beginn trotz wirtschaftlich relativ guter Lage noch eine eher pessimistische Stimmung herrschte, hat zum Ende des Untersuchungszeitraums die Zuversicht in den Wechsel zur E-Mobilität zugenommen“, zitiert die „IG Metall“- Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Sachsen aus der Untersuchung. Einen wichtigen Grund dafür sehen die Studienautoren in den Investitionen, die VW in Zwickau/Mosel und Porsche in Leipzig tätigen, um die Werke auf die Erfordernisse der E-Mobilität umzustellen.
VW fährt in Zwickau seine ID-Stromer hoch
So steckt Volkswagen derzeit Milliarden in seine Fabriken in Zwickau und Dresden, um diese auf ID-Elektroautos umzusteigen. Den ersten rein elektrischen Golf-Nachfolger hatte VW gestern auf der Automesse Ifa in Berlin offiziell vorgestellt. Die Vorserien-Produktion ist in Sachsen bereits angelaufen. Die Konzernmanager hatten auch aus einem Umstand keinen Hehl gemacht: Für die Produktion von Elektroautos werden weniger Arbeiter gebraucht als für die Herstellung klassischer Autos mit Verbrennungsmotor. Zuglech hatte VW aber zugesagt, keine Mitarbeiter deshalb zu entlassen, sondern die überzähligen Leute anderweitig zu beschäftigen – zum Beispiel durch einen Kapazitätsausbau in Zwickau.
„Es bleibt die Aufgabe von Unternehmen, IG Metall und Politik, die Menschen auf diesem Weg der Veränderung mitzunehmen“, kommentierte „IG Metall“-Bezirksleiter Olivier Höbel die Ergebnisse. Vor allem in vielen kleinen Zuliefer-Betrieben fehle es an ausreichender Personalplanung und es gebe zu wenig Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten.
„Brauchen die komplette Wertschöpfungskette“
Für die Studie hatten die Autoren um Dr. Antje Blöcker 72 Experten aus 23 Betrieben mit insgesamt 33.643 Beschäftigten und zwölf weitere Institutionen über den Transformationsprozess hin zu Elektromobilität und digitalen Konzepten in der Autobranche befragt. Gerade in dieser Transformation sehen die Gewerkschaften allerdings noch einigen Handlungsbedarf durch die Wirtschaft und die Wirtschaftspolitiker: „Wir brauchen die komplette Wertschöpfungskette Automobil auch im Zeitalter der Elektromobilität weiterhin in Deutschland“, forderte Olivier Höbel von der IG Metall. „In unserem Bezirk werden von Zwickau, Dresden, Leipzig bis nach Ludwigsfelde bei Berlin Autos gebaut. Darüber hinaus gibt es Motorenwerke und zahlreiche Zulieferer bis hin zum Bau von Batterien in Ostsachsen.“
Furcht bleibt, von den Maschinen überrollt zu werden
Zudem gebe es weiter eine verbreitete Grundskepsis gegenüber den generellen Trends in der deutschen Industrie: Viele verbinden die anstehenden Transformationen vor allem mit Rationalisierung, Arbeitsverdichtung und erneuter Benachteiligung gegenüber Westbetrieben. Sie fürchten, „von Maschinen überrollt zu werden – in der Arbeitswelt, aber auch in ihrer Lebenswelt“.
Autor: hw
Quellen: IG Metall, VW, Oiger.Archiv
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