Ingenieure der TU Chemnitz wollen in Dresden der Autoindustrie mit hölzernen Regalen einen alten Werkstoff wieder schmackhaft machen
Dresden/Chemnitz, 14. August 2019. Ingenieure der TU Chemnitz haben eine Firma gegründet, deren Name Programm ist: „Ligenium“ steht für die lateinischen Worte für Holz, „Lignum“, und Talent, „Ingenium“. Denn das vierköpfige Team will mit neuen technologischen Ansätzen für eine Renaissance des Leichtbau-Werkstoff „Holz“ sorgen, der seit den 1960ern im Maschinen-, Auto- und Flugzeugbau etwas in Vergessenheit geraten ist.
Birkenholz-Paletten wiegen kaum halb so viel wie Stahlkonstruktionen
Ligenium-Chef Christoph Alt hat sich nun dafür mit seinem Team in der gläsernen VW-Manufaktur Dresden eingenistet. Hier wollen er und seine Mitstreiter Pilotprojekte für die Autoindustrie entwickeln: Transportpaletten und Rollregale aus Holz statt Stahl. „Bei gleicher Belastbarkeit lässt sich das Gewicht damit halbieren“, wirbt Christoph Alt. „Außerdem ist Holz ein nachwachsender Werkstoff und macht eine nachhaltigere Produktion möglich.“
Mehr als nur die klassische Euro-Palette
Zwar verwenden Industrie und Transportbranche schon seit langer Zeit Holz: die altbekannten Euro-Paletten, die ein bis zwei Tonnen tragen können. In Autofabriken und anderen technologieorientierten Betrieben haben sich allerdings viererorts stählerne Paletten durchgesetzt: Sie halten bis zu sechs Tonnen aus, sind robotertauglich und feuersicher, überleben rabiate Gabelstapler-Attacken und hinterlassen keine Späne in Fertigungsabschnitten, in denen es auf Sauberkeit ankommt.
Allerdings sind sie auch schwer: um die 110 Kilogramm. Und wenn dort noch tonnenschwere Transporter und Teileträger draufkommen, wie in hochautomatisierten Autofabriken, dann bleibt für die eigentliche Nutzlast nur eine gewisse Tonnage übrig.
Computerberechnete Verzapfungstechnik
Um da noch etwas draufzusatteln, tüfteln die Ingenieure eben auch an leichteren Paletten. „Mit unseren Paletten aus Birken-Sperrholz kommen wir auf 38 statt 110 Kilogramm“, berichtet Alt. Bei gleichem Preis und halbem Gewicht seien sie dennoch ähnlich brandsicher und beständig wie stählerne Paletten. Dies erreichen die Sachsen durch computergestützte Konstruktionsmethoden, feuersichere Verbundholzmaterialien und eine spezielle Fügetechnik. Dabei fixieren Holzzapfen die Einzelteile nur, müssen aber nicht mehr die deren Belastungen abhalten.
Rollregale für die Elektrogolf-Produktion
Binnen eines Quartals hat das Ligenium-Team im Dresdner Firmeninkubator von VW zusätzlich einen hölzernen Regalwagen für die Elektrogolf-Produktion entwickelt. „Wir prüfen, ob wir diese Regale bei uns in der Fertigung versuchsweise einsetzen“, teilte VW-Standortsprecher Jonas Wetzel mit. „Dabei spielen für uns auch CO2-Einsparungen und Umweltaspekte eine wichtige Rolle.“ Derweil Alt denkt bereits weiter: Auch in der Fördertechnik, in Lasten-Aufzügen und in anderen Maschinenbau-Sektoren ließe sich der nachwachsende Leichtbau-Werkstoff Holz sehr gut einsetzen, ist er überzeugt.
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Auch andere schwören wieder auf Holz
Die Chemnitzer sind übrigens längst nicht die einzigen, die (wieder) auf Holz für Industrieprodukte schwören: Gerade In Dresden arbeiten zahlreiche Forscher an neuen Verarbeitungstechnologien für dieses leichte und vergleichsweise ökologische Material. Dazu gehören beispielsweise Ingenieure vom privaten Institut für Holztechnologie Dresden und vom TU-Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK), aber auch die Holzrohr-Firma „Lignotube“, die mit Holzfahrrädern für Schlagzeilen sorgte, oder die ILK-Ausgründung „Lignoa“, die Kinderwagen und Rollstühle aus Hightech-Holz konstruiert.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche, VW, Ligenium, Oiger-Archiv
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