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Ur-Mikroben verwandeln strahlendes Uran in Schmucksteine

Die Visualisierung zeigt, wie Mikroorganismen – sogenannte Haloarchaeen (rosa) – radioaktive Schwermetalle in unlösliche Uran-Phosphor-Minerale (grün) verwandeln. Visualisierung: Juniks, HZDR

Die Visualisierung zeigt, wie Mikroorganismen – sogenannte Haloarchaeen (rosa) – radioaktive Schwermetalle in unlösliche Uran-Phosphor-Minerale (grün) verwandeln. Visualisierung: Juniks, HZDR

Helmholtz-Forscher aus Dresden-Rossendorf wollen mit urzeitlichen Haloarchaeen radioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken absichern

Dresden-Rossendorf, 26. Juli 2019. Damit sich strahlende Abfälle aus Atomkraftwerken nicht im Grundwasser verteilen können, suchen Wissenschaftler auch nach biologischen Lösungen für künftige Endlagerstätten. Dresdner Helmholtz-Forscher haben nun urzeitliche Mikroorganismen identifiziert, die dabei helfen könnten. Das hat das Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) nun mitgeteilt.

Demnach verwandeln die Mikroorganismen mit dem Fachnamen „Halobacterium noricense DSM15987“ Uran und andere radioaktive Metalle binnen Minuten in Schmucksteine beziehungsweise in andere Mineralien, die nicht mehr wasserlöslich sind.

Wassereinbruch in Endlager simuliert

Dr. Miriam Bader und Dr. Andrea Cherkouk vom HZDR-Institut für Ressourcenökologie simulierten dafür einen Unfall in einem Endlager für nukleare Abfälle. „Vereinfacht gesagt, haben wir ein Worst-case-Szenario mit einem Wassereinbruch in einem Salzstock simuliert“, erklärt Miriam Bader.

Mikroben verkuppeln Uran und Curium mit Phosphor

Dort brachten sie die Haloarchaeen mit hochradioaktiven Schwermetallen in Kontakt, die typischerweise in ausgebrannten Kernbrennstäben enthalten sind. Dann beschossen sie das „Endlager“ mit kurzen Laserimpulsen, um die Metallteilchen zum Leuchten zu bringen. Aus der „Farbanalyse“ dieser Fluoreszenz-Strahlen konnten sie verfolgen, ob und wo sich Elemente wie Uran und Curium chemisch mit Phosphor oder anderen Elementen zu Mineralstrukturen verbanden.

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Mission binnen Minuten vollbracht

Die Mikroorganismen leisteten demnach ganze Arbeit: „Die für die Mikroben eigentlich giftigen Schwermetall-Ionen werden binnen Minuten fest an die Phosphat-Ionen gebunden“, berichtete Dr. Miriam Bader. „Die gebildeten Phosphat-Minerale sind für die Mikroben nicht mehr gefährlich.“

„Natürliches Wachpersonal für nukleare Abfälle“

Die Mikroorganismen aus der Urzeit der Erde seien insofern Kandidaten für ein „natürliches Wachpersonal für nukleare Abfälle“, schätzte die Geo-Ökologin Dr. Andrea Cherkouk ein. Sie können „recht wirkungsvoll verhindern, dass Uran und andere hoch-radioaktive Schwermetalle bei einem Wassereinbruch vom Endlager in die Umwelt gelangen“.

Halobacterium noricense gilt als Überlebenskünstler

„Halobacterium noricense DSM15987“ gibt es schon sehr lange auf der Erde. Diese Mikroorganismen gelten als wahre Überlebenskünstler: Sie existieren in heißen Quellen der Tiefsee, in jahrtausendealten Eisschichten und Salzstöcken. „Ihre Abwehr-Strategie gegen Metalle ist ebenso simpel wie effektiv: Phosphat-Ionen binden sich fest an nahezu alle Arten von Schwermetallen und machen sie damit aus Sicht der Mikroben unschädlich“, erklären die HZDR-Experten. „Zugleich sind Archaeen gegenüber ionisierender Strahlung unempfindlicher als höhere Lebewesen.“

Die Ergebnisse der HZDR-Studie könnten künftig in die umstrittene Suche nach einem Endlager für Krenkraftwerks-Abfälle in Deutschland einfließen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: HZDR

Die wissenschaftlichen Publikationen dazu:

  • Bader, H. Moll, R. Steudtner, H. Lösch, B. Drobot, T. Stumpf, A. Cherkouk: Association of Eu(III) and Cm(III) onto an extremely halophilic archaeon, in Environmental Science and Pollution Research, 2019 (DOI: 10.1007/s11356-019-04165-7)
  • Bader, A. Rossberg, R. Steudtner, B. Drobot, K. Großmann, M. Schmidt, N. Musat, T. Stumpf, A. Ikeda-Ohno, A. Cherkouk: Impact of Haloarchaea on Speciation of Uranium – A Multispectroscopic Approach, in Environmental Science & Technology, 2018 (DOI 10.1021/acs.est.8b02667)
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt