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Kommentar: Ist Chinas Kreditmacht ein Kolonialismus 2.0?

Blick auf den ehemaligen Kaiserpalast in Peking. Foto: Axel Buchwitz

Kreditvergabe ist auch ein Baustein für die „Neue Seidenstraße“

Dresden, 2. Juli 2019. Wenn sich die Welt immer stärker bei China verschuldet, dann lässt das im Kontext der aktuellen Handelskriege von Trump und Xi zumindest aufhorchen. Kritiker mögen den Chinesen vorwerfen, diese exzessive Kreditvergabe seien ein fester Baustein des Projekts „Neue Seidenstraße“ – und dienten dazu, immer mehr Länder, vor allem rohstoffreiche, in eine kaum ablösbare wirtschaftliche Abhängigkeit zu bringen.

Wer die Infrastruktur kontrolliert, kontrolliert die Wirtschaft

Das Muster dabei: Mit eigenen direkten Investitionen in die Infrastrukturen vor Ort kontrolliert Bejing schließlich immer mehr Straßen, Bahntrassen und Häfen in Afrika, Asien und teils auch Europa. Zusätzlich lockt China mit Krediten, die für zusätzliche Abhängigkeiten sorgen. Und wenn die „Neue Seidenstraße erst mal den vollen Betrieb aufgenommen hat, wird China auch diese Warenfluss nach eigenem Gusto steigern und drosseln können – mit den entsprechenden Folgen für die Transitländer. Auch hier liegt ein aktueller Vergleich nahe: Der Streit um die Direktleitung „Nordstream 2“ spiegelt die Furcht der Ukraine und Polens, wichtige Einnahmen zu verlieren, wenn die Russen in Zukunft mehr Erdgas direkt nach Deutschland schicken.

Chinas „Neue Seidenstraße“ bekommt auch aus solchen Erwägungen heraus nicht überall Applaus. Mancher sieht darin gar eine neue Spielart von Kolonialismus und Imperialismus.

Kehrseite: Chinesen investieren in Entwicklungsländern, während die Europäer oft nur reden

Aber, und das sollte man dabei auch nicht vergessen: Anders als die europäischen Kolonialisten rücken die Chinesen eben nicht mit Kanonen, sondern mit Geld in der Hand an. Und: Während die Europäer jahrzehntelang nur wenig erreicht haben, um den Entwicklungsländern in Afrika nachhaltig aufzuhelfen, tun die Chinesen etwas vor Ort: Durch sie gibt es dort nun vernünftige Infrastrukturen und zumindest die Erwartung von Warenströmen und Arbeitsplätzen – auch wenn da schon an mancher Station der „Neuen Seidenstraße“ Ernüchterung eingetreten ist, nachdem die Chinesen die Jobs vor Ort vorzugsweise mit eigenen Leuten besetzt haben.

Insofern wird es davon abhängen, mit wieviel konfuzianischer Weisheit und Weitblick ihre ausufernde Wirtschafts- und Kreditmacht handhaben werden, wieviel Widerstand ihnen letztlich entgegenschlägt.

Kommentar: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt