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Digital-Hub Dresden braucht mehr Platz

Mirko Paul (r.) von SAP und Hub-Chef Michael Kaiser haben unter anderem gemeinsam einen Thin[gk]athon in Dresden organisiert. Damit wollen sie zeigen, wie neuartige Produkte für das Internet der Dinge in spontanen Netzwerk entstehen können. Foto: Heiko Weckbrodt

Mirko Paul (r.) von SAP und Hub-Chef Michael Kaiser haben unter anderem gemeinsam einen Thin[gk]athon in Dresden organisiert. Damit wollen sie zeigen, wie neuartige Produkte für das Internet der Dinge in spontanen Netzwerk entstehen können. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Tech-Verbund kommt erst langsam voran – und feilt an neuen Entwicklungs-Methoden

Dresden, 11. März 2019. Der Dresdner „Smart Systems Hub“ wird voraussichtlich Ende 2019 in ein neues, größeres Domizil umziehen. Der Technologie-Entwicklungsverbund brauche mehr Raum, um beispielsweise neuartige unternehmens-übergreifende Forschungskonzepte zu erproben, erklärte Hub-Chef Michael Kaiser.

Büro im Dresdner SAP-Kubus keine Dauerlösung

Das Büro im Dresdner SAP-Softwarehaus am Postplatz biete auf Dauer nicht genug Platz für solche Experimente, betonte er. Wahrscheinlich werde der Hub daher ein 200 bis 300 Quadratmeter großes Übergangsquartier anmieten, sagte Kaiser. Später komme auch ein eigenes Gebäude in Frage.

Mit viel Tamtam angekündigt

Insofern entwickelt sich der Hub-Verbund deutlich langsamer, als noch zum Start avisiert: Anfang 2017 hatten Bund, Land und Wirtschaftsvertreter den Dresdner „Smart Systems Hub – Enabling IoT“ als einen von bundesweit zwölf Digital-Hubs mit viel Tamtam angekündigt. Diese Hubs (im Sinne von Entwicklungszentren) sollen kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit Tech-Konzernen und Forschungsinstituten vor Ort so vernetzen, dass sie gemeinsam international taktgebende Innovationen hervorbringen.

Von Millionen-Finanzierung ist keine Rede mehr

Konkret der Dresdner Verbund soll einzigartige sächsische Komplexlösungen für das Internet der Dinge und die „Industrie 4.0“ hervorbringen, so die Wirtschaftspolitiker. Von einer Anschubfinanzierung von 80 bis 100 Millionen Euro war die Rede und einem großen Hub-Zentrum auf dem Campus der Technischen Universität Dresden (TUD), der die Rolle des nie gebauten Uni-Gründerzentrums übernehmen könnte. Soviel Geld konnte die dafür gegründete „Smart Systems Hub GmbH“ aber bisher nicht mal annähernd einsammeln – die Betreibergesellschaft bäckt jetzt kleinere Brötchen. Ein Uni-Neubau ist in die weitere Zukunft gerückt. Daher will Kaiser für 2020 eine weitere Übergangslösung auf Mietbasis finden.

Auch SAP Dresden wächst – auch für Software-Niederlassung neues Domizil absehbar

Dies wird auch notwendig werden, weil der Gastgeber SAP in Dresden so stark wächst, dass das Softwareunternehmen hier bald selbst ein größeres Gebäude braucht. „Wir haben in Dresden bereits 750 Mitarbeiter und steuern 2020/21 auf 1000 Beschäftigte zu“, erklärte der SAP-Innovationschef für Mitteleuropa, Mirko Paul. Zudem habe das Unternehmen einen wachsenden Platzbedarf für die hausinterne Mitarbeiter- und Studenten-Bildung. „Wir werden letztlich einen neuen Standort brauchen.“ Wo genau das sein wird, stehe noch nicht fest., „Wir wollen aber in der Innenstadt bleiben.“ Von daher könne aber das dem Hub überlassene Büro im Postplatz-Kubus keine Dauerlösung sein.

Halbe Million Jahresbudget

Das sieht auch Kaiser so. Acht Mitarbeiter hat die GmbH inzwischen und ein Jahresbudget von einer halben Million Euro. Dieses Budget finanzieren größtenteils die Gesellschafter und die Schlüsselpartner. Zu ersteren gehören der sächsische Technologiewirtschafts-Verband „Silicon Saxony“ die „Hightech Startbahn“ und das „5G Lab“ der TUD, zu letzteren die Software-Unternehmen SAP und T-Systems, Globalfoundries und demnächst auch Infineon.

Thin[gk]athon erfolgreich

Greifbares beginnt erst jetzt langsam zu reifen. Dazu gehört der „1. Thin[gk]athon“ (deutsch etwas: Dinge-Denken-Marathon), den der Hub dieser Tage im Dresdner SAP-Komplex ausgerichtet hatte. 21 Programmierer, Elektroniker und Hightech-Bastler hatten sich dabei spontan zu kleinen Entwicklungsteams zusammengetan, um neuartige Energielösungen zu entwerfen und binnen Stunden erste Demonstratoren zum Laufen zu bringen. „Das hat gut funktioniert“, schätzte der Innovationschef Paul ein. „Wir als Unternehmen stecken in dieses Veranstaltungsformat auch bewusst einige Ressourcen hinein: Wir sind immer auf der Suche nach guten Ideen.“

Grundgerüst für Apps binnen Stunden entwickeln

Während des Thin[gk]athons hatten die zusammengewürfelten Spezialisten innerhalb nur eines Tages Grundzüge neuer Energie-Apps entwickelt. Eines dieser Mini-Programme soll zum Beispiel Studenten helfen, preiswert Strom zu beziehen. Ein anderes fördert spielerisch den umweltbewussten Energieverbrauch. Und eine andere Spontanentwicklung soll Eigentümergemeinschaften unterstützen, in ihren Häusern die Solaranlagen, Elektroautos, Batteriespeicher und Energieverbraucher effizienter zu vernetzen. Gerade in letzterer App wittert Paul echtes Marktpotenzial – womöglich werde SAP das eine oder andere Thin[gk]athon-Projekt weiterverfolgen.

Thin[gk]atho-Konzept auf professionellere Beine stellen

Und eben solche Konzepte wie den Thin[gk]athon will Hub-Chef Michael Kaiser in Zukunft noch stärker setzen und sie ausbauen. So möchte er im künftigen Domizil eine Art Brüter installieren. Dies soll dann aber kein Firmen-Inkubator wie in der gläsernen VW-Manufaktur sein, sondern eher eine Plattform für konkrete Entwicklungsprojekte der sächsischen Wirtschaft.

Nerd-Netzwerke: Entwicklungsabteilungen auf Zeit

Praktisch kann man sich das so vorstellen: Auf dieser Hub-Plattform nisten sich für ein paar Monate Ingenieure aus Instituten und aus den Entwicklungsabteilungen verschiedener Unternehmen ein, bilden Forschungsteams auf Zeit und bringen binnen eines Quartals eine Produkt-Idee bis zum Prototypenstadium, um dannach wieder in ihre Firmen und Fakultäten zurückzukehren. Womöglich, so hoffen die Organisatoren, wächst daraus eine neue, flexiblere und fruchtbarere Methode, durch temporäre Nerd-Netzwerke gemeinsam Produkt-Innovationen zu generieren – und sie schließlich auch gemeinsam herzustellen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt