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Mit Magnetkraft Energie ernten

Thermomagnetischer Generator im Labormaßstab, Foto: IFW Dresden

Thermomagnetischer Generator im Labormaßstab, Foto: IFW Dresden

Dresdner Forscher konstruieren neue Generation verbesserter thermomagnetischer Generatoren, die Strom aus Abwärme erzeugen

Dresden, 10. Januar 2019. Energieernte-Systeme („Energy Harvesting“) gelten als Schlüsseltechnologien für das „Internet der Dinge“ sowie für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz. Das Ziel dabei: Sensoren, Mikromaschinen und andere Geräte so zu konstruieren, dass sie auf Stromkabel oder Batterien nicht mehr angewiesen sind, sondern ihren Energiebedarf autark decken – zum Beispiel, indem sie kleine Temperaturschwankungen in ihrer Umgebung in Strom ummünzen.

Brezelform für mehr Ausbeute

Dafür haben Dresdner Forscher nun eine neue Generation thermomagnetische Energieernter mit stark verbesserter Ausbeute entwickelt. Indem sie ihren Demonstrator ähnlich wie eine Brezel formten, sei es ihnen gelungen, „die Leistung thermomagnetischer Generatoren um Größenordnungen“ zu verbessern, schätzen die Experimentatoren ein. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Festkörper und Werkstoffforschung Dresden (IFW), von der TU Dresden sowie der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) in Berlin nun in der Fachzeitschrift „Nature Energy“ publiziert.

Für Kraftwerke wie Mikrosysteme einsetzbar

„Unser brezelförmiger Aufbau lässt sich sowohl für ganz kleine Systeme, zum Beispiel für autonome Sensoren im Internet der Dinge, einsetzen, aber auch für ganz große Systeme wie Kraftwerke, deren Abwärme wir effizient nutzen wollen“, erklärte Dr. Sebastian Fähler vom IFW Dresden. Auch mittelgroße Generatoren, die die Energiebilanz von Privathaushalten verbessern, seien denkbar. Beispielsweise werde das Institut demnächst gemeinsam mit Partnern versuchen, seine thermomagnetischen Generatoren für die Energieversorgung von Mikrosystemen einzusetzen.

Grundprinzip seit über 100 Jahren bekannt

Das Kernprinzip dahinter ist eigentlich schon seit über 100 Jahren bekannt: Wenn man magnetische Materialien über einen Schalt-Temperaturpunkt hinaus erwärmt, entmagnetisieren sie sich. Kühlt die Umgebung das Material wieder ab, baut sich wieder eine Magnetisierung auf. Durch den sich ändernden Magnetfluss, lässt sich wiederum Spannung in einer Spule induzieren

Neues Design für Energieernter

Bisher aber lieferten solche thermomagnetischen Generatoren nur sehr wenig verwertbare elektrische Leistung. Die Dresdner Forscher haben daher das Design solcher Energieernter grundlegend überarbeitet, um sie effektiver zu machen. Sie haben ihre Generatoren dafür ähnlich wie eine eckige Brezel mit drei Löchern geformt. Gehalten von einem magnetischen Rahmen stehen dort zwei Säulen aus Permanentmagneten zwischen zwei Säulen aus einer Verbindung aus Lanthan, Eisen, Kobalt und Silizium, die über 27 Grad Celsius ihre Magnetisierung verliert. Leiten die Forscher nun abwechselnd rechts und links kaltes oder warmes Wasser durch den Generator, leiten die äußeren Säulen den Magnetfluss mal in die eine, mal in die andere Richtung. Die so erzeugte Spannung greifen Spulen im Rahmen ab.

Links ist ein klassischer thermomagnetischer Generator zu sehen, der wie ein (eckiges) Kringel geformt ist, rechts die neue Brezelform mit zwei Permanentmagneten (grün) und den temperaturgesteuerten Magnetverbindungen (blau bzw. blau). Grafik: IFW Dresden

Links ist ein klassischer thermomagnetischer Generator zu sehen, der wie ein (eckiges) Kringel geformt ist. Rechts ist die neue Brezelform mit zwei Permanentmagneten (grün) und den temperaturgesteuerten Magnetverbindungen dargestellt. Die rote Säule steht für eine heiße Verbindung, die sich – temperaturgesteuert – entmagnetisiert hat, die blaue Säule für eine kühle Verbindung, die den Magnetfluss leiten kann. Grafik: IFW Dresden

„Alternative zu thermoelektrischen Generatoren“

Dieses neue Design vermeide „die Nachteile früherer Konstruktionen wie magnetische Streufelder“, da das Magnetfeld im Material eingeschlossen bleibe, betonen die Forscher. Schon der Demonstrator im Labor erreiche eine Spannung von 0,2 Volt und eine Leistung von 1,24 Milli-Watt. Damit sei er „nicht nur um Größenordnungen besser als seine Vorgänger, sondern entwickelt sich damit auch zu einer möglichen Alternative zu thermoelektrischen Generatoren“. Der Wirkungsgrad liegt zwar immer noch sehr niedrig. Aber die Forscher sehen gute Chancen, die Leistung und den Wirkungsgrad ihrer Energie-Erntemaschine noch weiter hochzutreiben. „Noch so ein Sprung, wie wir ihn jetzt erreicht haben, und diese Technik wird interessant für den Praxiseinsatz“, ist Dr. Fähler überzeugt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt