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Wozu Landwirtschaft 4.0?

Zwischen dem Gestern und dem Morgen: Schon zu DDR-Zeiten, als es noch das Fortschritt-Kombinat mit seinen Großfabriken für Mähdrescher, Traktoren und andere Landmaschinen gab, konzentrierte die TU Dresden ihre Agrartechnik-Experimente an der Südhöhe in Dresden. Im Vordergrund steht ein mit moderner Steuerungstechnik ausgerüsteter "New Holland"-Traktor, an dem die Ingenieure neue Bodenbearbeitungs- und Ernte-Anhänger ausprobiert. Foto: heiko Weckbrodt

Zwischen dem Gestern und dem Morgen: Schon zu DDR-Zeiten, als es noch das Fortschritt-Kombinat mit seinen Großfabriken für Mähdrescher, Traktoren und andere Landmaschinen gab, konzentrierte die TU Dresden ihre Agrartechnik-Experimente an der Südhöhe in Dresden. Im Vordergrund steht ein mit moderner Steuerungstechnik ausgerüsteter „New Holland“-Traktor, an dem die Ingenieure neue Bodenbearbeitungs- und Ernte-Anhänger ausprobiert. Foto: Heiko Weckbrodt

„Schneller, größer, stärker“-Pfad stößt an Grenzen

Dresden, 3. August 2017. In den vergangenen 150 Jahren galt in der Agrartechnik-Branche die Devise: Stärker, großer, schneller. Die Folge: Mit jeder Generation wurden die Traktoren, Mähdrescher und anderen Feldfahrzeuge immer schwerer und voluminöser.

Kolosse verdichten Muttererde stark

Dieser evolutionäre Pfad stößt aber an Grenzen: Manche mobile Maschinen sind heutzutage schon an die 80 Tonnen schwer, 3,50 Meter breit und 18 Meter lang. Mit diesen Maßen sind nur noch mit Ausnahmegenehmigungen auf Straßen von Feld zu Feld transportierbar, auch verdichten sie die Muttererde enorm. Außerdem eilen die Preise für solche Monster den erzielbaren Produktivitäts-Fortschritten inzwischen davon. Und nicht zuletzt sind diese Großmaschinen schwer voll ausgelastbar. Zudem stellt der Trend hin zum Öko-Landbau auch neue Anforderungen an umweltschonende Landtechnik und die Rückverfolgbarkeit aller Lebensmittel-Quellen.

Weltbevölkerung wächst – und will gespeist werden

Andererseits wird der – in den westlichen Industrieländern immer beliebtere – Öko-Landbau ein drängendes Menschheits-Problem wahrscheinlich nicht allein lösen können: Auf der Erde leben derzeit rund 7,5 Milliarden Menschen. Laut Prognosen werden Mitte des 21. Jahrhunderts bereits über neun Milliarden Menschen den Planeten bevölkern. Gleichzeitig wird die verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche pro Kopf von rund 22 000 auf etwa 12 000 Quadratmeter sinken. Und das heißt: Wenn „Schneller, größer, stärker“ nicht mehr funktioniert, müssen die Bauern auf andere Arten Produktivitätsfortschritte erzielen, um alle Hungrigen zu nähren.

So etwa stellen sich die Sachsen den Feldschwarm vor: Ein bemanntes Fahrzeug umgeben von autonomen Feldmaschinen. Abb.: WTK

So etwa stellen sich die Sachsen den Feldschwarm vor: Ein bemanntes Fahrzeug umgeben von autonomen Feldmaschinen. Abb.: WTK

Vernetzte Ernteschwärme geplant

Ein technologischer Ansatz ist dafür die „Landwirtschaft 4.0“, die sich ans Schlagwort von der „Industrie 4.0“ anlehnt. Gemeint ist ein Trend hin zu Hochautomatisierung, Digitalisierung, Vernetzung und Modularisierung. Zwar sind schon jetzt neuere Traktoren mit Elektronik, Sensoren und Bildschirmen vollgestopft. Im nächsten Schritt wollen die großen Agrartechnik-Anbieter wie John Deere, Case New Holland und Claas aber auch autonome und per Internetfunk (zum Beispiel mit dem 5G-Mobilfunk) vernetzte Schwärme von Ernterobotern auf die Felder schicken. Sie sollen für einen weiteren Produktivitätsschub sorgen.

Coboter arbeiten mit dem Menschen zusammen

Weil aber erste vollautomatisierte Traktoren am Markt nicht so recht ankamen, setzen viele Anbieter inzwischen auf sogenannte „Cobot“-Lösungen: „Colloborative Roboter“, die sich zu weitgehend selbstständigen Ernteschwärmen zusammentun, aber mit wenigstens einem menschlichen „Anführer“ zusammenarbeiten.

Sachsen hofft auf Hightech-Wiedergeburt seiner Landmaschinen-Industrie

Sächsische Wirtschaftspolitiker und Unternehmer hoffen durch diesen Paradigmen-Wechsel nun auf eine Renaissance der zu DDR-Zeiten so großen Landmaschinen-Industrie in Sachsen. Erst kürzlich hatten die WTK-Elektronik aus Neustadt, die TU Dresden, der Weltmarktführer John Deere aus den USA und weitere Partner in Dresden das Projekt „Feldschwarm“ gestartet, das eben solche Cobot-Ernteschwärme zur Marktreife bringen soll.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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