In Jussi Adler-Olsens neuem Krimi sind alte Rechnungen und neue Feinbilder eng verwoben
In einem Park in Kopenhagen finden Passanten eine einst reiche Frau mit zertrümmertem Kopf. Kurz darauf beginnt ein Autofahrer, Jagd auf junge, selbstverliebte Stütze-Empfängerinnen zu machen. Besteht da ein Zusammenhang? In Ex-Polizeichef Marcus Jacobsen beginnt jedenfalls die Erinnerung an einen alten Fall zu nagen: Auch damals war einer Frau der Hinterkopf ganz ähnlich zertrümmert worden. Und so greift Jacobsen zum Telefon und ruft seinen Mann für die richtig alten, ungelösten Fälle an: Carl Mørck vom Sonderdezernat Q der Kopenhagener Kripo…
In „Selfies“, dem siebten Krimi um die ungleichen Ermittler Carl, Assad, Rose und Gordon, spinnt der dänische Starautor Jussi Adler-Olsen wieder einmal feine Netze, in denen sich der Leser allzu leicht verfängt: Denkt man eben noch, alle Arabesken und Spätfolgen jahrzehntealter Komplotte und Intrigen endlich durchschaut zu haben, unterläuft Adler-Olsen unsere Erwartungen gleich wieder.
Den Finger auch auf soziale Brennpunkte gelegt
Zugleich liegt des Autors Finger erneut auf all den schwachen Stellen dänischer und europäischer Gesellschaften, die wir im Alltag so gerne verdrängen, auf sozialen Konflikten und verdrängter Schuld. Verwoben mit einer spannenden Story und mit den kantig-widerborstigen Menschenseelen, die Adler-Olsen in all ihrer Ambivalenz zu zeichnen versteht, macht dies wohl auch die besondere Authentizität und Faszination seiner neueren Krimis aus.
Fazit: stark
Nach leichten Durchhängern hat die Krimiserie um das Sonderdezernat Q längst wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Abgesehen von gelegentlichen Sentimentalitäten, die zumindest auf den ersten Blick nicht so ganz zum Grobian Mørck zu passen scheinen, hat Adler-Olsen wieder einen knackigen Krimi abgeliefert, der immer neue Leselust weckt. Heiko Weckbrodt
Jussi Adler-Olsen: „Selfies“, Krimi, Dänemark 2016, deutsche Ausgabe: dtv München 2017, 23 Euro, ISBN 978-3-423-28107-2 (eBook: 20 Euro), eine Leseprobe gibt es hier
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Zum Weiterlesen:
Mørcks sechster Fall: Soldat Satans zerstört Familien
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