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Uni wirkt als Nukleus für Technologie-Firmen

 

Die TU-Ausgründung Novaled Dresden ist auf Organische Leuchtdioden spezialisiert. Abb.: Novaled

Die TU-Ausgründung Novaled Dresden ist auf Organische Leuchtdioden spezialisiert. Abb.: Novaled

Im nationalen Vergleich hat sich Gründungsfieber an der TU Dresden aber merklich abgekühlt

Dresden, 26. April 2016. Die Technische Universität Dresden (TUD) wirkt in der sächsischen Landeshauptstadt seit Jahren wie ein Inkubator für neue Unternehmen. Sie bringt nach vorsichtigen Schätzungen recht stabil jährlich mindestens 20 Firmengründungen („Startups“) hervor. Darunter waren und sind viele technologieorientierte Unternehmen wie die Organikelektronik-Firmen Novaled und Heliatek, in zunehmenden Maße aber auch industrienahe Softwareschmieden.

Frank Pankotsch leitet die Gründungsinitiative „dresden exists" an der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Frank Pankotsch leitet die Gründungsinitiative „dresden exists“ an der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Von Rang 3 auf Platz 17 abgerutscht

Im nationalen Gründungs-Vergleich fällt die Dresdner Uni allerdings zunehmend zurück. „Das heißt nicht, dass wir schlechter geworden sind, aber viele andere Hochschulstandorte in Deutschland haben inzwischen aufgeholt und sind besser geworden“, ist Geschäftsführer Dr. Frank Pankotsch von der TUD-Gründungsinitiative „dresden exists“ überzeugt. Ähnlich äußerte sich Ulrich Assmann, der Chef der TUD-Transfertochter TUDAG. „Es fällt schon auf, dass solche erfolgreichen Ausgründungen wie Novaled oder Heliatek seltener werden“, schätzte er auf Anfrage ein. „Wir könnten durchaus mehr Technologie-Startups vertragen.“ Der „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft“ platzierte die Dresdner Uni in seinem jüngsten „Gründerradar“ nur noch auf Rang 17. „In vergleichbaren Vorläuferstudien anderer Wissenschaftler im Jahr 2007 und 2009 war die TUD noch auf Platz 3“, konstatiert Frank Pankotsch.

Es gibt wohl mehrere Gründe, warum das Dresdner Hightech-Gründungsfieber nicht mehr so heiß kocht wie früher. Einerseits ist es für Akademiker in Dresden heute leichter als in den 1990ern, gut bezahlte Angestellten-Jobs zu finden. Der Druck zur Selbstständigkeit sinkt somit. Auch gibt es an einer TU traditionell viele hardware-orientierte Hochtechnologie-Gründungen. Diese brauchen aber meist länger als Software-Firmen, das Startkapital für teure Gerätschaften zu erhalten. Zudem ist das seit Jahren geplante Technologiezentrum auf dem Uni-Campus ist bis zum heutigen Tage nicht zustande gekommen. Und: Das einst so einzigartige „Dresdner Modell“ für Ausgründungen wird inzwischen an anderen Standorten adaptiert. Auch andere Unis fahren nun einen gründerfreundlicheren Kurs.

Sachsens Hightech-Gründer leiden unter Risikokapital-Lücken. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsens Hightech-Gründer leiden unter Risikokapital-Lücken. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Modell: Gründer können intellektuelles Eigentum günstig zurückkaufen

Dieses „Dresdner Modell“ sieht im Kern vor, dass die Uni gründungswilligen Wissenschaftlern die Patente, die sie an der TUD erarbeitet haben, zum Selbstkostenpreis überlässt. Im Gegenzug darf sich die TUDAG an der Ausgründung als Minderheitsgesellschafter beteiligen. Oft steigt die kommerzielle Uni-Tochter mit Geldeinlagen ein, die anfangs etwa zehn Prozent der Firmenanteile ausmachen, Gewinnen sollen durch dieses Konstrukt beide Seiten: Die Forscher können mit den Patenten als Startkapital wuchern, um Risikokapitalisten zum Einstieg zu überreden. Die Uni wiederum will ihre Anteile nach ein paar Jahren gewinnbringend verkaufen, wenn die Ausgründung gut läuft.

Ulrich Assmann. Abb.: TUDAG

Ulrich Assmann. Abb.: TUDAG

Millionen-Rückfluss nach Novaled-Verkauf

In der Praxis ist die erwähnte Novaled allerdings bisher die einzige TUD-Blüte geblieben, die für wirklich nennenswerte finanzielle Erträge an die Uni gesorgt hat: Sie wurde im Jahr 2001 aus dem TUD-Institut für Angewandte Photophysik (IAPP) im Dunstkreis des Dresdner Organikpapstes Dr. Karl Leo ausgegründet und spezialisierte sich auf Schlüsselzutaten für Organische Leuchtdioden (OLEDs). Über die Jahre hinweg unterstützten über 20 Gesellschafter finanziell die Ausgründung. Am Ende war dadurch der TUDAG-Anteil auf 0,7 Prozent gesunken. Aber das reichte dann immer noch für die Ausschüttung von über einer Million Euro an die TUDAG, als der koranische Samsung-Konzern im Sommer 2013 die Dresdner Technologieschmiede für rund 230 Millionen Euro übernahm. „Das war der größte Startup-Exit in ganz Deutschland“, resümiert TUDAG-Chef Ulrich Assmann. „Das Beispiel Novaled zeigt aber auch: Wenn man ein Technologie-Startup auf den Weg bringt, sind zehn Jahre ein normaler Zeitrahmen, bis Geld zurückfließt“, verweist er auf den langen Atem, den ein universitärer Technologietransfer in die Wirtschaft oft braucht.

Zum Weiterlesen:

Gründungsfieber steht und fällt mit charismatischen Mentoren

„Mitte der 1990er Jahre war die TU Dresden eine der ersten Hochschulen, die so eine gründerfreundliche Politik betrieben hat“, schätzt „dresden exists“-Chef Frank Pankotsch ein. „Jetzt machen das viele andere Hochschulen auch so.“

Zwei von drei Gründerideen kommen über das Papier nicht hinaus

Pro Jahr beschäftigen er und seine acht Kolleginnen und Kollegen bei „dresden exists“ sich mit etwa 70 bis 80 Gründungsideen von TUD-Forschern oder Studenten, beraten sie dabei, marktfähige Geschäftsmodelle und Kunden zu finden und sich für ein Leben als Unternehmer weiterzubilden. Über zwei Drittel werfen noch vor dem Notar-Termin das Handtuch. Aber jährlich etwa 20 bis 25 Firmen entstehen dann wirklich.

„Wir bekommen sicherlich nicht alle Gründungen zu sehen, die von TU-Leuten ausgehen, aber vermutlich schon die meisten“, schätzt Pankotsch. Darunter sind Pilates-Studios ebenso wie Hightech-Firmen. Und in jüngster Zeit wächst der Anteil der Software-Unternehmen, sie machen nun etwa die Hälfte der TUD-Gründungen aus. Dazu gehören Firmen wie „SIListra“ beispielsweise, deren selbstkritische Computerprogramme eigene Fehler zu erkennen vermögen. Oder die Ausgründung „Carl und Carla“, die einen vollautomatischen Mietwagen-Buchungsservice auf Software-Basis entwickelt haben. „Man merkt, dass hier in Dresden ein richtiges Gründungs-Ökosystem gewachsen ist und das tut dem Standort gut.“

Tolle Idee, aber oft nur vage Verwertungsideen

Allerdings sieht Pankotsch auch die Schwachstellen: „Viele TU-Forscher, die gründen wollen, sind gut in ihren technischen Lösungen, haben aber nur vage Vorstellungen, wo sich ihre Erfindungen anwenden lassen, wer die Kunden sein könnten und was auf sie als Unternehmer alles zukommt“, meint er. Deshalb plant sein Team in diesem Sommer auch ein neues Unterstützungs- und Trainingsprogramm für Software-Firmengründer. Auch brauche es oft über ein Jahr, bis das Startkapital für technologieorientierte Gründungen beisammen sei.

Bertram Dressel, Foto: TZD

Bertram Dressel, Foto: TZD

Technologie-Zentrum auf Uni-Campus seit Jahren geplant

Und immer noch fehle ein Inkubator für Startups in Uni-Nähe. Dieses Defizit ist auch Bertram Dressel vom Technologiezentrum Dresden (TZD) bewusst: „Wir wollen gerne auf dem Campus oder in direkter Uni-Nähe präsent sein, denn kurze Wege sind für Startups wichtig“, räumte er ein. Seit einigen Jahren bereits planen die Stadtverwaltung und TZD an dem Projekt herum, ein spezielles Uni-Technologiezentrum für Ausgründungen auf dem Campus einzurichten. Doch beim Planen ist es bislang geblieben. „Wir haben das weiter auf dem Radar“, sagte Dressel. „Aber die Finanzierung hat sich als komplizierter herausgestellt als ursprünglich gedacht.“

Autor: Heiko Weckbrodt

 

Anlaufstellen für universitäre Gründer:

(Auswahl)

 

„dresden exists“

  • Versucht das Gründungsfieber unter Forschern und Studenten an Dresdner Forschungseinrichtungen (TUD, HTW, HZDR, IFW, IPF) anzufachen
  • Berät und trainiert Gründer auf dem Weg in der Startphase zum tragfähigen Geschäftskonzept
  • Kontakt: Helmholtzstraße 10, Dresden, Telefon 0351/463-35638
  • Infos im Netz: dresden-exists.de

 

„Hightech-Startbahn“

  • Netzwerk unterstützt technologieorientierte Gründungen nach der Startphase, bringt sie mit potenziellen Kapitalgebern, Kunden und Seniorberatern zusammen, hilft ihnen auch in den ersten Wachstumsphasen
  • Kontakt: Würzburger Straße 46, Dresden, Telefon 0351/463 42704
  • Infos im Netz: hightech-startbahn-netzwerk.de

 

Future Sax

  • Ist eine Innovationsplattform des Freistaates, die Gründer und Unternehmer vernetzt und beim Unternehmenswachstum unterstützt
  • Kontakt: Ostra-Allee 11, Dresden, Telefon 0351 4402-742, E-Mail info@futuresax.de
  • Infos im Netz: futuresax.de

 

Gründergarten

  • Studentische Initiative, die den informellen Erfahrungsaustausch von Gründern unterstützt
  • Mehr Infos: gruendergarten.de

InnoSpire

  • versteht sich als „Company Builder“ und Inkubator, der verheißungsvolle Geschäftsideen aufgreift und realisiert
  • Mehr Infos: innospire.net

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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