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Kommunen wollen Ex-Sachsen zurücklocken

Kamenz’ Oberbürgermeister Roland Dantz (links) und Dresdens OB Dirk Hilbert unterzeichnen den Rückhol-Pakt. Foto: Heiko Weckbrodt

Kamenz’ Oberbürgermeister Roland Dantz (links) und Dresdens OB Dirk Hilbert unterzeichnen den Rückhol-Pakt. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresden macht bei Rückruf-Programm für Nachwende-Auswanderer mit

Dresden, 18. Januar 2016. Mit lockenden Briefen, Facebook-Propaganda, der Aussicht auf Jobs, billige Eigenheime und verfügbare Kita-Plätze wollen Dresden und die Umland-Kommunen abgewanderte Ostsachsen aus dem Westen und Süden der Republik zurückholen. Diesem Rückhol-Programm „Ab in die Wachstumsregion Dresden!“ ist heute die Landeshauptstadt beigetreten. Neben dem Initiator Kamenz nördlich von Dresden machen auch Radeberg, Großenhain, Pulsnitz, Großröhrsdorf und der Landkreis Bautzen mit. Demnächst wird voraussichtlich auch die Stadt Bischofswerda dem Bündnis beitreten.

Kita, Kredite & Abfall-Kosten: Rundum-Hilfe soll ehemaligen Sachsen die Rückkehr versüßen

Das Szenario hat inzwischen keinen Seltenheitswert mehr: Eine fünfköpfige Familie mit Wurzeln in Sachsen hat das jahrelange Intermezzo „drüben“ satt, will wieder zurück in heimatliche Gefilde. Doreen Charlotte Hantschke in der Kamenzer Leitstelle der „Wachstumsregion Dresden“ in Kamenz bekommt Wind davon, vermittelt die Familie weiter an André Riffel, den Wirtschaftreferenten in Großröhrsdorf. „Wir haben dann gleich mit der Familie telefoniert“, erzählt André Riffel. Weil sich die Familie gern ein Haus in Großröhrsdorf kaufen wollte, habe er den Kontakt zu einem Kreditinstitut hergestellt, Kita-Plätze für die Zwillinge organisiert, auch bei Kleinigkeiten wie der Abfallkosten-Kalkulation geholfen. Jetzt suche er noch nach einem Job für den Familienvater. „Im März will die Familie nach Sachsen ziehen“, erzählt er.

Montage eines Akkus für Hybrid-Autos im ACCUmotive-Werk Kamenz. Die runden Zellen kommen teils aus den USA, teils aus Korea. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch viele Unternehmen im Dresdner Umland brauchen Fachkräftre. Hier die Montage eines Akkus für Hybrid-Autos im ACCUmotive-Werk Kamenz. Foto: Heiko Weckbrodt

Partner planen „Kalt-Akquise“ im Westen

So wie in diesem Falle wollen die Projektpartner in und um Dresden nicht nur Heimweh-kranken Sachsen den Weg zurück in die Heimat versüßen, sondern in Zukunft auch potenziell Rückkehrwillige eigeninitiativ ansprechen – im Vertreter-Sprech mag man dies vielleicht „Kalt-Akquise“ nennen. Auf Jobbörsen, Messen, ja selbst auf Forstfesten habe man immer wieder festgestellt, dass sich viele Menschen, die sich in der Hochphase der ostdeutschen Arbeitslosigkeit gen Westen abgesetzt haben, doch wieder in die Heimat zurücksehnen und auch zurückkommen würden – wenn nur die Randbedingungen stimmen, berichten Doreen Charlotte Hantschke und ihr Chef, Kamenz’ Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos), einhellig.

Ballungsraum schmückt sich als „Metropolregion Dresden“

Dantz und seine Kollegen aus den Umland-Kommunen und -Kreisen hoffen darauf, dass nach dem heutigen Beitritt der Landeshauptstadt zum Bündnis die Lockofferten der selbsternannten „Metropolregion Dresden“ mehr Klang und Glamour bekommen. „Wir machen uns da nichts vor: Dresden ist der Hund und wir sind der Schwanz, der da mitwackelt“, räumte Dantz ein. Insofern werden das Programm und das nach Nürnberger Vorbild erdachte Etikett „Metropolregion Dresden“ nun mehr Gewicht haben.

Laborantin Helene Fiedler prüft in der Radeberger Fabrik von B.Braun einen Dialysator (Blutfilter). Mit einem Neubau in Wilsdruff bei Dresden will das Unternehmen nun die Dialysator-Produktion erweitern. Foto: B.Braun

Und auch in Radeberg ist der Fachkräfte-Bedarf da. Hier im Bild: Laborantin Helene Fiedler prüft in der Radeberger Fabrik von B.Braun einen Dialysator (Blutfilter). Foto: B.Braun

OB Hilbert: Schwächelndes Umland wär auch für Dresden schlecht

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) wiederum gilt ohnehin seit Jahren als Fan einer engen Stadt-Umland-Kooperation und errechnet sich auch von dem Beitritt auch handfeste Vorteile: „Mir hilft es nichts, wenn Dresden wächst und das Umland schrumpft“, betonte er. Dies sei nicht nur einer Frage der Kaufkraft im Ballungsraum Dresden, sondern es gelte ja auch, um die 5000 neue Jobs, die hier pro Jahr neu entstehen, mit Fachkräften zu besetzen – da könne solch ein Rückkehrerprogramm nur helfen. „Ich sehe da einen Mehrwert für alle Seiten.“ Schon das, was bisher erreicht wurde, könne sich sehen lassen: Anders als beispielsweise im Leipziger Umland verzeichnen laut Hilbert viele Kommunen rund um Dresden wieder Bevölkerungs-Zuwächse.

Mit 90.000 Euro finanziert

Das Programm ist für die Zeit bis zum Frühjahr 2017 mit 90.000 Euro dotiert. Davon stammen drei Viertel aus öffentlichen Förderprogrammen, den Rest steuern die Mitglieds-Kommunen und Kreise bei. Im Fall Dresdens beträgt dieser Eingenanteil beispielsweise zwischen 2000 und 3000 Euro pro Jahr. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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