Forschung

Wie ich meine erste Organische Leuchtdiode selbst bastle

Die Assistenten von Dr. Hahn tragen Galistan auf die Kupferstreifen auf dem Glasträger auf.  Foto: Hahn/TU Dresden

Die Assistenten von Dr. Hahn tragen Galistan auf die Kupferstreifen auf dem Glasträger auf. Foto: Hahn/TU Dresden

Hightech-OLED-Leuchten Marke Eigenbau – So geht’s

Dresden, 9. September 2015: Sie gelten als die nächste Evolutionsstufe der Beleuchtungstechnologien nach Glühlampe, Energiespar-Birne und LED: „Organische Leuchtdioden“ sind ultraflach, können biegsam gebaut werden, brauchen nur sehr wenig Strom, werfen besonders angenehmes, warmes Licht und sind – anders als ihre LED-Schwestern aus Silizium – keine Punkt-, sondern Flächenleuchter. Doch woraus bestehen OLEDs eigentlich und wie baut man sie? Der Oiger hat in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) die Probe aufs Exempel gemacht und solch eine organische Leuchte selbst gebaut – unter fachkundiger Anleitung von Dr. Janina Hahn, die dort das Schülerlabor „DLR_School_Lab“ organisiert.

Schleifhexe zur Beschichtungs-Zentrifuge umgebaut

„So halten Sie die Flex ganz fest – ick tropf jetzt den Farbstoff drauf“; berlinert Janina Hahn. In ihrem weißen Kittel und mit ihren blauen Handschuhen sieht sie wie die Respektsperson schlechthin im Schülerlabor und ich gehorche: „Krrrrrrh“, kreischt der Winkelschleifer in meinen Händen, wirbelt das Glas-Blättchen um und um, bis sich der gelbe organische Schleim schön fein über das ganze Scheibchen verteilt hat. Ein, zwei, drei, vier … Prima, jetzt riecht’s hier schon wie in der Leimerei einer Holzwerkstatt … 17, 18, 19, 20… „So, Sie könn jetzt ausschalten.“ Na so ein Spaß.

Beim Spin-Coating wird das ITO-Glas gleichmäßig mit dem organischen Farbstoff Superyellow beschichtet. Foto: Hahn/TU Dresden

Beim Spin-Coating wird das ITO-Glas gleichmäßig mit dem organischen Farbstoff Superyellow beschichtet. Foto: Hahn/TU Dresden

Natürlich sieht es in den echten Laboren und in den großen OLED-Fabriken von Philips, Osram und LG alles etwas professioneller aus. Da verwenden die Techniker mit Sicherheit keine Schleifhexe, um das Kernmaterial jeder OLED, den organischen Farbstoff, schön gleichmäßig über den Glasträger zu verteilen. Aber die weißbekittelte Doktorin der Biochemie will im „DLR_ School_Lab“ den Schüler und Gästen ja auch „nur“ zeigen, wie es prinzipiell auch die Profis machen.

„Spin-Coating“ verteilt Kernkomponente „Superyellow“ gleichmäßig

Der Prozess zum Beispiel, den ich gerade mit der „Flex“ simuliert habe, nennt sich im Fachjargon „Spin coating“. Damit sich das organische Funktionsmaterial, in dem in der fertigen OLED durch elektrische Anregung später das Licht entsteht, sehr gleichmäßig in einer wenige Dutzend Nanometer dünnen Schicht auf dem Glasträger verteilt, wird die Fliehkraft ausgenutzt: Die schleudert in der Zentrifuge – hier die „Flex“ – den zähen Farbstoff „Superyellow“, der wiederum aus einer Kohlenwasserstoff-Verbindung besteht, über das Glas, bis er überall gleich dünn aufgetragen ist.

Abstandshalter, Kupfer-Steifen, Galistan-Tropfen…

„Nun ziehen Sie mal die Handschuhe an!“, ordnet Janina Hahn an. Ich gehorche, puste kurz in die blauen Gummidinger hinein und zerre sie mir über die Finger. Denn der so vorbereitete Glasträger, den wir eben einen Drehwurm verpasst haben, ist nicht nur wegen des Farbstoffs sehr empfindlich: Es handelt sich um elektrisch leitendes Glas, das mit Indium-Zinn-Oxid (ITO) beschichtet ist, da ist „Antatschen“ mit bloßen Fingern verpönt. Wir reinigen nun das Gegenstück aus normalem Glas mit einem Lösungsmittel, schnippeln zwei Abstandshalter aus Fahrradschlauch-Gummi zurecht und kleben sie links und rechts auf das „normale“ Glas auf.

Hier noch mal das Galistan-Spritzen in Nahaufnahme. Foto: Hahn/TU Dresden

Hier noch mal das Galistan-Spritzen in Nahaufnahme. Foto: Hahn/TU Dresden

Nun wird es tricky: Auf Hahns Geheiß klebe ich drei dünne Kupferdioden zwischen die Abstandshalter und träufele darauf Tropfen aus „Galistan“: Diese Verbindung aus den Elementen Gallium, Indium und Zinn sieht ein bisschen aus wie heißes Lötzinn und löst sich auch nur ähnlich bedächtig von der Spritze auf die Kupferkontakte. „Nun bloß nichts verwechseln!“, warnt mich Janina Hahn – und vergeigt es bei ihrer halbfertigen OLED im nächsten Moment gleich selbst: Sie hat das elektrische Glas falsch herum auf die Galistan-Fassung geklebt: mit der Farbstoff-beschichteten Seite nach oben. „Nicht soviel quatschen“, ermahnt sich die Doktorin selbst, während ich meine OLED richtig herum zusammenklebe – und einigermaßen stolz auf mich bin.

Batterietest mit der OLED. Hahn/TU Dresden

Batterietest mit der OLED. Foto: Hahn/TU Dresden

Mehr Spannung, bitte!

Und fertig ist die Organische Leuchtdioden: Ganz so chic wie auf der OLED-Superwand, die am Eingang der Lichtjahr-Ausstellung „HiLights!“ leuchtet, sieht meine Kachel zwar nicht aus, aber dafür ist sie selbstgemacht. Und nun noch der Praxistest: Die Schülerlabor-Leiterin schließt mit Krokodilklemmen zwei Batterien an die Kupferkontakte meiner OLED – die schwach, ganz schwach zu leuchten beginnt. „Versuchen wir es mit ein bisschen mehr Spannung“, murmelt Janina Hahn und schaltet eine weitere Batterie in Reihe. Und siehe da: Es wird Licht! Schummrig-grün leuchtet meine selbergemachte OLED vor sich hin und ich ernte viele Ahs und Ohs von den Umstehenden. Prima!

Manko: Selbstbau-OLED altert binnen Stunden

Ein langes Leben ist meiner Superleuchte leider nicht beschieden: Weil sie – anders als die Profi-OLEDs – nicht vakuumverkapselt ist, stirbt sie nach ein paar Stunden: Die ganz normale Raumluft zersetzt den Farbstoff, lässt ihn im Eiltempo altern, bis sein Leuchten versiegt. Verkapselte Organikdioden aus der Fabrik kommen dagegen heutzutage gut und gerne auf zirka 50.000 Betriebsstunden.

Hurra: Meine 1. selbstgebaute OLED. Foto: Heiko Weckbrodt

Hurra: Meine 1. selbstgebaute OLED. Foto: Heiko Weckbrodt

Hahn und ihre Assistenten haben diesen OLED-Selbermachkurs extra für die neue Mitmach-Ausstellung „HiLights!“ entworfen, mit denen die TSD und Partner aus Kultur und Wissenschaft in Dresden das internationale „Jahr des Lichts 2015“ würdigen. Schüler ab Klassenstufe 6 können den etwa 90-minütigen Kurs nach Anmeldung absolvieren.

Eigene OLED-Produktion daheim im Prinzip möglich

Grundsätzlich könne man aber auch zu Hause eine eigene OLED-Produktion aufziehen, meint Dr. Hahn: sagt sie. Einige Materialien wie etwa das elektrisch leitende Glas seien zwar recht teuer, andere, wie etwa das Farbstoff-Lösungsmittel Toluol sogar giftig, auch müsse man etwas Aufwand betreiben, um die Zutaten bei den Herstellerfirmen zu ordern. Aber: „Rein theoretisch könnten sich auch Privatleute alle Materialien besorgen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Schluss noch einmal die benötigten Materialien und Arbeitsschritte für eine Selbstbau-OLED in der Übersicht:

Was wir brauchen:

  • Aceton (Reinigungsmittel)
  • Superyellow-Farbstoff
  • Galistan (Legierung aus Gallium, Indium und Zinn)
  • Toluen (Lösungsmittel für den Farbstoff)
  • ITO-Glas
  • Klebestift
  • Objektträger (am Besten Glas im selben Format wie das ITO-Glas
  • zwei Klammern
  • Kabel mit Krokodilklemmen
  • Schleifhexe oder Zentrifuge mit Träger, auf dem das ITO-Glas eingespannt werden kann
  • Einwegspritze mit Kanüle (um das Galistan zu spritzen)
  • Gummi-Streifen
  • selbstklebende Kupferfolie
  • Klebeband
Ein Anleitungsvideo von
Junior-Prof. Amitabh Banerji:

Die Schritte:

  1. ITO-Glas mit Aceton reinigen (danach ITO-Glas nicht mehr mit Fingern berühren)
  2. Auf der Flex das ITO-Glas mit der leitfähigen Seite nach oben aufspannen, in Toluen gelöstes Superyellow auftragen und den Träger 20 Sekunden rotieren lassen
  3. Zwei schmale Gummistreifen zuschneiden und links und rechts mit Klebestift an den Rand des normalen Glasträgers kleben
  4. Drei Streifen Kupferfolie zwischen die Gummi-Abstandhalter kleben, so dass sie über den Glasrand hinaus reichen und um die Kante herumgeklebt werden können.
  5. Spritze mit Galistan füllen und jeweils einen Tropfen auf die Kupferbahnen in der Mitte des Glasträgers positionieren
  6. Jetzt das ITO-Glas mit der farbstoffbeschichteten Seite nach unten auf den präparierten Glasträger aufsetzen – das Galistan verklebt das Ganze.
  7. Batterie mit Krokodilklemmen-Kabeln verbinden: Der Minuspol kommt an die Kupferleitung an der OLED, der Pluspol wird mit der ITO-Schicht (also der unteren Elektrode) verbunden. Erst mal mit 8 Volt probieren, schrittweise kann man durch Reihenschaltung von Batterien auch doppelt so hoch gehen.

Zum Weiterlesen:

Lichtjahr-Schau „HiLights!“ in Dresden

Sehende OLED-Wand im Technikmuseum Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt