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25 Jahre nach dem Reset hinkt Ostdeutschland weiter hinterher

Seit der Wende verfallen ganze Betriebe in Ostdeutschland - hier ein Beispiel aus der Lausitz. Foto: Heiko Weckbrodt

Seit der Wende verfallen ganze Betriebe in Ostdeutschland – hier ein Beispiel aus der Lausitz. Eine Reanimation ist vielerorts nicht in Sicht. Foto: Heiko Weckbrodt

IAB-Forscher: Arbeitslosigkeit 1,5-mal so hoch wie im Westen, Lohnniveau bei 80 %

Nürnberg/Dresden/Jena, 26. Juli 2015. 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, der wirtschaftlich wie gesellschaftlich einen Neustart („Reset“) zur Folge hatte, wirken die „schwierigen Startbedingungen Ostdeutschlands noch immer nach“. Das schätzt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Arbeitsagentur in Nürnberg in einer neuen Analyse ein. Die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland sei heute etwa 1,5-mal so hoch wie im Westen, im Schnitt bekomme ein ostdeutscher Beschäftigter 20 % weniger Lohn als ein Westdeutscher. Und die wirtschaftliche Produktivität – zu DDR-Zeiten erreichte die etwa ein Drittel des bundesdeutschen Standes – habe sich bei etwa ¾ des Westniveaus eingepegelt.

Fortschritte beim Abbau der Arbeitslosigkeit, aber Stagnation bei Produktivität und Lohn

Vergleichsweise günstig habe sich dabei noch die Arbeitslosigkeit entwickelt: Die war in den 1990er Jahren noch doppelt so hoch wie im Westen. Jedoch „gleichen sich Ost und West seit der Jahrtausendwende in puncto Produktivität und Durchschnittseinkommen kaum noch an“, so die IAB-Forscher.

Die Produktivität der "neuen" Bundesländer wächst nur noch langsam und hat gerade erst das Noveau der alten BRD um 1984 herum erreicht. Abb.: ifo Dresden

Die Produktivität der „neuen“ Bundesländer wächst nur noch langsam und hat gerade erst das Noveau der alten BRD um 1984 herum erreicht. Abb.: ifo Dresden

Zu wenig Industrie und private Forschung

Sie machen für die Stagnation vor allem die wirtschaftlichen Strukturen in großen Teilen Ostdeutschlands verantwortlich: Im Vergleich zum Westen gebe es zu wenig Industriebetriebe, zu wenig privatwirtschaftliche Forschung, kaum erfolgreiche Großunternehmen mit Hauptsitz in Ostdeutschland und „ein Defizit an wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen“.

Ausnahmen sind nur Leuchttürme wie Jena und Dresden

Ausnehmen von dieser Einschätzung könne man nur wenige „Leuchttürme“ wie Jena oder Dresden. Dort gebe es viele „hochproduktive Betriebe, die westdeutschen Betrieben in nichts nachstehen“ und „hochrangigen Forschungseinrichtungen herausgebildet, die selbst einem internationalen Vergleich standhalten“.

Vorbild Singapur: IAB plädieren für Öffnung gen Osteuropa

Chancen, aus dem Tal der Stagnation auszubrechen, sehen die IAB-Analysten vor allem in einer „internationalen Öffnung Ostdeutschlands“: „Die schneller wachsenden Volkswirtschaften in Osteuropa bieten Entwicklungsperspektiven, die bisher zu wenig genutzt werden. Berlin könnte zur Drehscheibe für den Handel mit diesen Regionen werden und eine ähnliche Funktion einnehmen wie einst Singapur für die Märkte Südostasiens.“

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt