Nickerner Familie versucht seit Wochen, den Internetanbieter zu wechseln – nun ist das Telefon tot
Dresden, 2. September 2013: In bunten Prospekten werben Telekom und Co. gern und oft: Wechselt zu uns, bei uns geht im Internet die Post ab. Doch trotz aller EU- und Bundesvorgaben, Kunden den Wechsel zu erleichtern, mutet dies oft genug wie ein kafkaesker Bürokratiekampf an, wie erst jüngst die Dresdner Familie Buchwitz erfahren musste: Seit Wochen wartet sie darauf, von 1&1 zur Telekom wechseln zu können, um endlich halbwegs schnelles Internet zu bekommen – und wird trotz aller Zuschaltungsversprechen doch nur von Pontius zu Pilatus geschickt. Trotz gesetzlicher Weiterversorgungspflicht hat 1&1 die Leitung inzwischen gekappt.
Kabelausbau hielt mit Wandel von Panzerkaserne zu Siedlung nicht Schritt
Die Familie wohnt im Neusiedlungsviertel Nickern, wo einst die russischen Panzer stationiert waren. Mit dem Wandel zum Eigenheimstandort nach der Wende hielt der Kupferkabelausbau des Telefonnetzes kaum Schritt, was heißt: Je mehr Häuslebauer ans Netz gehen, desto lahmer der Zugang– Durchsatzraten von ein bis zwei statt versprochener 16 Megabit je Sekunde sind da längst keine Seltenheit mehr.
Telekom und 1&1 schieben Schwarzen Peter hin und her
Animiert vom Versprechen, mit den Glasfasern der Telekom werde alles besser, kündigte die Familie ihren tröpfelnden Kupfer-Anschluss bei „1&1“ und bestellte bei der Telekom Ende Mai einen VDSL-Anschluss. „Seitdem habe ich nur noch mit wechselnden Kundenberatern beider Anbieter telefoniert“, berichtet entnervt Jana Buchwitz. „1&1 versicherte uns immer wieder, sie hätten den Wechsel an die Telekom veranlasst und die teilte uns mit: ,Leider hat Ihr derzeitiger Anbieter Ihren Wechsel zu uns im ersten Schritt abgelehnt’.“
Und so wiederholte sich dies wochenlang, alter und neuer Anbieter schoben den Schwarzen Peter hin und her. „Irgendwann hatte ich bei 1&1 dann einen Mitarbeiter dran, der früher selbst bei der Telekom gearbeitet hat und sagte, das liege an einer falsch programmierten Schnittstelle, die automatisch an der falschen Stelle nach den Übergabedaten sucht“, erzählt sie.
Telekom: Eigenkündigung behindert automatischen Wechsel
Auf Anfrage schob die Telekom den Schwarzen Peter nun dem Kunden zu: Normalerweise solle der sich an den neuen Anbieter mit dem Wechselwunsch wenden, dann verständigen sich die Firmen untereinander. „In diesem speziellen Fall konnte der teilautomatisierte Prozess nicht reibungslos ablaufen, weil Herr Buchwitz zuvor bereits selbst bei 1&1 gekündigt hatte“, erklärte Sprecherin Anne Wenders.
„Wir haben den Portierungsauftrag nun erneut eingestellt und 1&1 informiert, dass sie bis zu diesem neuen Termin, an dem der Wechsel final vollzogen wird, den Kunden weiterversorgt.“ Zur provisorischen Weiterversorgung bei Wechselproblemen sind die Anbieter per Gesetz verpflichtet – was 1&1 zunächst auch tat.
Jetzt hat Familie gar keinen Anschluss mehr
Mittlerweile hat die Familie übrigens keinen Anschluss mehr: Telefon und Internet sind abgeschaltet. 1&1 hat die Leitung stillgelegt, die Telekom findet sie nicht. Jana Buchwitz hat inzwischen eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur eingelegt – die Regulierungsbehörde hat mittlerweile bereits über 4000 solcher Beschwerden aus ganz Deutschland gesammelt und erste Bußgeldverfahren eingeleitet. „Ich habe langsam das Gefühl, ich sitz in einem schlechten Film“, ärgert sich Jana Buchwitz. Vielleicht mag es Kafkas Bürokratie-Abrechnung „Das Schloss“ sein… Heiko Weckbrodt
Zum Weiterlesen:
Infos der Bundesnetzagentur über die Verbraucher-Rechte bei einem TK-Anbieterwechsel
Hier gehts zum Beschwerdeformular der Bundesnetzagentur
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