Geschichte
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Was aus großen Marken der DDR-Zeit wurde

Der Reifenhersteller „Goodyear Dunlop“ hat dieser Tage angekündigt, die Produktion von Pneus der Marke „Pneumant“ einzustellen – und lässt eine ostdeutsche Traditionsmarke damit einschlafen. So wie den Reifen, die einst auch in Dresden, Heidenau und Riesa produziert wurden, erging es vielen Ost-Marken: Ein Großteil verschwand mit der DDR in der Versenkung.

Allerdings haben zahlreiche Abkürzungen, Kofferworte und Akronyme, die in der DDR jedermann gängig waren, zumindest im ostdeutschen Sprachgebrauch bis heute ihre materiellen Pendants überlebt – man denke nur an den „Polylux“. Vor allem Lebensmittelmarken und Namen von anderen „Produkten des täglichen Bedarfs“, wie es in der DDR so schön hieß, feierten nach dem ersten Westrausch der hiesigen Konsumentenschaft indes wieder Erfolge. Einige wie etwa „Rotkäppchen“ oder „Radeberger“ schafften sogar den Sprung in die Westregale.

Andere Marken werden heute in neuem Kontext genutzt. Die Firmierung „Robotron“ zum Beispiel, die einst für einen der größten Computerindustriekomplexe des Ostblocks stand, überlebte in gewandelter Bedeutung: Die Robotron-Namensrechte sicherte sich eine Dresdner Softwarefirma, die damit inzwischen ziemlich erfolgreich Datenbanklösungen auch international verkauft. Hier nun eine kleine Auswahl der DDR-Marken, die bis heute Bestand haben oder mit ihren Mutter-VEBs untergegangen sind:

Überlebt:

 

Foto: Radeberger

„Radeberger“: in der DDR klassische „Bückware“

Vor der Wende war das Bier aus Radeberg „Bückware“: Selten war es im offenen Verkauf erhältlich, doch wer Beziehungen hatte, konnte darauf hoffen, dass die Verkäuferin mal tief unter den Ladentisch griff. Heute gehört die Radeberger Exportbierbrauerei zu den modernsten Brauereien Deutschlands.

 

 

 

Abb.: Diamantrad

„Diamant“: Bis heute gefragte Qualitäts-Fahrräder

Die Diamant-Fahrräder aus Chemnitz hatten auch zu DDR-Zeiten einen guten Ruf, galten sie doch als hochwertiger und sportlicher als die MIFA-Drahtesel. Ostdeutsche Rennrad-Legenden wie Täve Schur saßen auf Diamant-Rädern. Heute punktet das Unternehmen unter Schweizer Regie mit Manufaktur-Qualität.

 

 

Abb.: Suppina

Linsen und Kraftbrühe aus der DDR-Designerpackung

Mir persönlich haben die Linsen aus dem schon so ostzonal aussehenden Pappkarton zwar nicht geschmeckt, aber einige Kollegen haben das in anderer Erinnerung. Und die Kraftbrühe aus dem Beutel habe ich mir damals durchaus oft reingezogen. Gibt‘s heute noch – fast in Originalverpackung, die Kunden wollen es wohl so.

 

 

Foto: Zetti

Schokoflocken und Schlagersüßtafel aus Zeitz

Knusperflocken sollten – ähnlich wie Dinkelchen – unter das Betäubungsmittelgesetz fallen: Sie können Naschmäuler süchtig machen. Während diese Knäcke-Schoko-Stückchen in der DDR bei jeder Party beliebt waren, konnte man über die Schlagersüßtafel aus Zeitz gelinde gesagt streiten. Beides hat die Wende überlebt.

 

 

Foto: Rotkäppchen

Rotkäppchen: ein Sekt für alle Fälle

Mit ihm wurden und werden in Ostdeutschland Ehegelübde besiegelt, Geburtstage gefeiert und Betriebsfeiern zum Höhepunkt getrieben: Rötkäppchen-Sekt war in der DDR unangefochtener Marktführer. Nach der Wende entwickelte sich die Kellerei und Marke aus Freyburg an der Unstrut zur Erfolgsgeschichte Ost.

 

 

 

Foto: Marcela/Wikipedia

„Spee“: Spezialentwicklung gegen westliche Saubermänner

Das ehemalige Henkel-Werk in Genthin bekam nach dem Krieg juristisch vom Klassenfeind eins auf die Mütze, als der VEB den Markennamen „Persil“ verwendete. Als Antwort eroberten die Genthiner die DDR-Waschküchen mit einer „Spezial-Entwicklung“ = „Spee“. Nach der Wende übernahm Henkel Werk und Marke.

 

Untergegangen:

 

Ausrasiert: Mit dem Trabbi verschwand der „Bebo Sher“

Foto: Christos Vittoratos/Wikipedia

Er sollte weltmännischen Glanz in den maskulinen DDR-Alltag bringen: Der Elektrorasierer „Bebo-sher“ (Bergmann Borsig schnell hautschonend elektrisch rasiert) vom VEB Bergmann-Borsig Berlin. Beworben unter anderem als ideal für den Trabant-Reisenden. Mit dem Trabbi verschwand auch der Philishave des Ostens.

 

 

 

 

Foto: DDR im www

Geracord, Babette, Sonett & Co.: Die Ghettoblaster der Zone

Im Intershop konnte man sie bewundern, die schicken Rekorder von Sharp – und dann in den Laden um die Ecke gehen und den Geracord aus Gera kaufen. Mangels echter Ghetto-Blaster klemmte man den im Plattenviertel lässig unter den Arm – wie cool! Immerhin war der Geracord solide, produziert wird er längst nicht mehr.

 

 

 

Foto: ChristosV, Wikipedia

„AKA Electric“: in jedem Haus zu Hause

Staubsauger trugen sie, Mixer, aber auch Partygrills und Föns: die Dachmarke „AKA electric“, die für den sinnigen Werbespruch „Aktiv auf dem Markt – Konzentriert in der Handelstätigkeit – Aktuell im Angebot“ stand. 2008 verfiel der Markenschutz, angeblich wird sie heute von einem Ersatzteilhändler noch verwendet.

 

 

 

Foto: LutzBruno, Wikipedia

„Pneumant“ bereifte Millionen von Trabbis und Wartburgs

Der VEB Reifenwerk Fürstenwalde bereifte nicht nur als DDR-Monopolist Millionen von Trabbis und Wartburgs mit der Marke „Pneumant“, sondern war einst auch ein wichtiger Arbeitgeber im Raum Dresden mit Werken in Gittersee, Heidenau und Riesa. 1995 übernahm Dunlop die Marke, ließ sie aber 2012 einschlafen.

 

 

 

Foto: ADN, Bundesarchiv, Wikipedia

„Polylux“: Als der Beamer noch ein Lichtwerfer war

Generationen ostdeutscher Schüler wurden mit ihm in die Mysterien von Chemie, Literatur und Marxismus eingeweiht: Der „Polylux“ („viel Licht“) war der Universallichtwerfer an DDR-Schulen. 2006 schloss die Nachfolgefirma des „VEB Phylatex-Physikgerätewerk“, als ORB-TV-Magazin überlebte der Name „Polylux“ nur bis 2008.

 

 

 

Abb.: Minol, Wikipedia

Minol-Pirol fast ausgestorben

Die letzte Minol-Tankstelle in Deutschland steht in Leipzig-Lindenau. Der Total-Konzern ließ die Marke überleben. Total war im Jahr 2000 aus der Fusion von Elf Aquitaine mit Totalfina entstanden und ließ je eine Station in Berlin, Chemnitz und Leipzig im alten Minol-Outfit wieder eröffnen. Nur in Leipzig blieb der Minol-Pirol noch übrig.

Heiko Weckbrodt und Ingolf Pleil

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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