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Fraunhofer-Forscher zaubern virtuellen Himmel ins Büro

Die dynamische Lichtdecke soll Büroknechten das Gefühl vermitteln, unter freiem Himmel zu arbeiten. Abb.: FHG

Die dynamische Lichtdecke soll Büroknechten das Gefühl vermitteln, unter freiem Himmel zu arbeiten. Abb.: FHG

Stuttgart, 2.1.2012: Jetzt irgendwo in Südfrankreich bei milden Temperaturen in einem Korbstuhl mit Mittelmeerblick herumlümmeln, unter freiem Himmel meine Texte tippen und bei einem Glas Châteauneuf-du-Pape den Artikel via Datennetz in die Redaktion senden… Na ja, man wird doch wohl noch träumen dürfen. Doch mit technologischer Hilfe wollen Stuttgarter Fraunhofer-Forscher den Traum vom Arbeiten unterm Himmelsdom ein Stück weit wahr machen: Sie haben eine dynamische Lichtdecke namens „Virtual Sky“ entwickelt, die mit einem Heer aus Leuchtdioden (LEDs) und raffinierten Ausleuchtprogrammen im Büro die Illusion eines offenen Himmelszeltes über den Köpfen der arbeitenden Massen erzeugt.

Zusammengesetzt ist diese Lichtdecke des „Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation“ (IAO) und der Firma LEiDs GmbH (Backnang) aus 50 mal 50 Zentimeter großen Kacheln. „In jeder Kachel befinden sich auf einer Platine 288 Leuchtdioden“, erklärt Dr. Matthias Bues vom IAO. „Die Platine wird an der Decke befestigt. Eine mattweiße Diffusorfolie, die etwa 30 Zentimeter unter den LEDs angebracht ist, sorgt dafür, dass man die einzelnen Leuchtpunkte nicht als solche wahrnimmt. Vielmehr leuchtet die Fläche homogen.“

Um das benötigte Lichtspektrum zu erhalten, verwenden die Forscher rote, blaue, grüne und weiße LEDs. Durch diese Kombination lassen sich über 16 Millionen Farben darstellen.

Um damit eine möglichst perfekte Himmelsillusion zu erzeugen, hatten die Wissenschaftler zuvor das natürliche Außenlicht genau unter die Lupe genommen und zum Beispiel ermittelt, wie und wie schnell sich das Lichtspektrum unter einem leicht bewölkten Himmel ändert. Mit Probanten testeten sie dann, welche Lichtdynamik die Büroarbeiter am besten wach und konzentriert hält.

Über 34.000 Leuchtdioden sorgen für dynamischen Lichtwechsel à la Natur

Mittlerweile gebe es bereits einen Prototyp des „Virtual Sky“, teilt das IAO-Team mit – auf einer Fläche von 34 Quadratmetern mit insgesamt 34.560 LEDs. Bei voller Leistung leuchtet dieser „Himmel“ mit einer Stärke von über 3000 Lux. Werte von 500 bis 1000 Lux reichen jedoch vollkommen aus, schätzen die Forscher ein. Diese Lichtstärken würden viele Nutzer als angenehm empfinden.

Arbeitgeber, die ihren Büro-Knechten und -Mägden etwas Gutes tun wollen, müssen allerdings tief in die Tasche greifen: Der virtuelle Himmel kostet derzeit noch etwa 1000 Euro pro Quadratmeter. Das Forscherteam geht allerdings von fallenden Preisen aus, wenn die Nachfrage und damit die Produktionsmenge steigen. Die Wissenschaftler wollen ihren Prototypen nun auf der Computermesse „CeBit“ vom 6. bis 10. März 2012 in Hannover ausstellen (Halle 9, Stand E 02).

Nächster Evolutionssprung dürften Organische Leuchtdioden sein

Die OLED-Tischleuchte "Victory". Abb.: Novaled

Die OLED-Tischleuchte "Victory" aus Dresden. Abb.: Novaled

Technologisch sind herkömmliche LEDs allerdings eher eine Zwischenlösung: Große Erwartungen knüpft nicht nur die Display-Branche in Asien, sondern auch die europäische Leuchtenindustrie an die neuen „Organischen Leuchtdioden“ (OLEDs), die von Natur aus keine Punktstrahler wie LEDs sind, sondern in der Fläche strahlen. Zumdem senden sie ein sehr angenehmes, naturnahes Licht aus, das nahe an der Farbtemperatur der Sonne liegt. OLEDs sind somit regelrecht prädistiniert für Leuchtkacheln wie im „Virtual Sky“-Szenario.

Große Elektronik- und Leuchtenunternehmen wie OSRAM und Philips haben bereits erste OLED-Leuchten in der Kleinserienfertigung – diese Designerleuchten sind allerdings noch recht teuer. Der wohl wichtigste deutsche Forschungsstandort für die OLED-Technologie ist Dresden, wo Firmen wie Novaled und Wissenschaftseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) an organischen Leuchten arbeiten.  Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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