Chipunternehmen: Stehen wegen Branchenwandel unter hohem Kostendruck
Dresden, 2. Oktober 2015. In der Dresdner Chipfabrik des US-Halbleiterkonzerns Globalfoundries (GF) verlieren voraussichtlich 700 bis 800 Mitarbeiter ihre Jobs – das entspricht etwa einem Fünftel der Belegschaft. Der Personalabbau soll bis Ende 2016 vollzogen sein. Das Unternehmen schließt auch Entlassungen nicht aus. Als Chip-Auftragsfertiger stehe man derzeit unter hohem Kostendruck durch einen weitreichenden Branchenwandel, begründete Globalfoundries die Einschnitte.
1/5 der Belegschaft muss gehen – Mitarbeiter geschockt
„Wir sind besorgt, was hier passiert, was aus den Arbeitsplätzen wird“, kommentierte GF-Betriebsratsvorsitzender Ralf Adam die Ankündigung. „So etwas haben wir hier am Standort noch nicht gehabt.“ Teilweise hätten die Mitarbeiter geschockt auf Ankündigung der Geschäftsleitung reagiert. „Das muss sich erst mal setzen“, sagte Adam. In jedem Fall werde sich der Betriebsrat nun so schnell wie möglich mit der Geschäftsleitung zusammensetzen, um nähere Details zu erfahren und gangbare Wege auszuloten – möglicherweise komme auch ein Sozialplan für die betroffenen Mitarbeiter in Frage.
„Tektonische Veränderungen“ in Halbleiter-Industrie
„In unseren Hauptsegmenten gibt es kein Wachstum mehr, teilweise sogar Rückgänge“, erläuterte Globalfoundries-Sprecher Jens Drews die Hintergründe für das geplante Sparprogramm. „Die gesamte Industrie erlebt derzeit tektonische Veränderungen.“ Gemeint sein dürfte damit die seit Jahren anhaltende Absatzkrise für klassische PCs sowie neuere weltweite Trends weg von hochwertigen Smartphones (Computertelefonen) und Tablettrechnern (Tablets) hin zu billigeren Modellen. Und das heißt eben auch: Gefragt sind billigere Chips und in der gesamten Wertschöpfungskette vom Produktentwurf über die Fertigung bis zum Verkauf gibt es damit für alle beteiligten Unternehmen weniger zu verdienen.
Wichtige Schlüsselkunden vom Globalfoundries wie AMD (PC- und Notebook- sowie Grafikprozessoren) oder Qualcomm (Elektronik für Tablets und Smartphones) haben selber mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, bereiten neue Entlassungswellen vor. Und auch wenn Globalfoundries dies nicht ausdrücklich bestätigt: Dem Vernehmen nach haben diese Kunden Aufträge eingedampft, was dazu geführt haben soll, dass ganze Fertigungslinien bei Globalfoundries Dresden stark unterausgelastet sind.
Die meisten Leiharbeiter sind schon abbestellt
Unter dem Druck des Managements aus der Konzernzentrale in den USA hatte das Dresdner Werk zunächst versucht, Kosten zu sparen, indem es Leiharbeiter nach Hause schickte, Dienstreisen strich und dergleichen mehr. Unterm Strich arbeiten inzwischen deshalb nicht mehr rund 4000, sondern nur noch etwa 3700 Menschen im GF-Werk im Dresdner Norden, darunter nur noch ganz wenige Zeitarbeiter, die nun ebenfalls abbestellt werden. Diese „kleine“ Kostenbremse hat aber offensichtlich den Bossen in den USA nicht ausgereicht, nun geht es ans Eingemachte, sprich: die Stammbelegschaft.
Drews betonte allerdings, das Stellenabbau-Programm sei derzeit nur eine „Vorüberlegung“. Die Werkleitung werde nun mit dem Betriebsrat über das weitere Verfahren verhandeln.
Investitionen in FD-SOI-Technologie stehen weiter
Nicht antasten will Globalfoundries allerdings die im Juli verkündeten Investitionen in Höhe einer Viertelmilliarde Dollar, mit der neue Fertigungstechnologien (22nm Fully Depleted Silion-on-Insulator = FD-SOI) in Dresden eingeführt werden sollen. Denn das Unternehmen hofft, sich mit den preiswerten Chips, die damit künftig produziert werden können, neue Märkte jenseits von PC-Prozessoren und Smartphone-Chips zu erschließen: mit stromsparende und billiger Elektronik für das „Internet der Dinge“ (IoT: vernetzte Computeruhren, Fitness-Armbänder und andere mobile Geräte), die „Industrie 4.0“ (autonome, hochautomatisierte und vernetzte Zukunftsfabriken) sowie neue Generationen von Automobilelektronik zum Beispiel.
Stadt will Betroffenen bei Jobsuche helfen
„Der Stellenabbau ist kein gutes Signal für den Standort“, kommentierte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die Ankündigung des Chip-Unternehmens. Die Gründe sind aber sehr vielschichtig und ich habe großes Vertrauen, dass mit der neuen IoT-Technologie diese Talsohle durchschritten wird.“ Zugleich kündigte er Hilfe durch die Stadt an: „Das Amt für Wirtschaftsförderung wird die Beschäftigten unterstützen um in Dresden eine Anstellung zu finden. Wie das aussieht, werden wir in den kommenden Tagen mit den Unternehmen besprechen.“ Autor: Heiko Weckbrodt
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