Wirtschaft, Wirtschaftspolitik

Mittelstand darf Industrie 4.0 nicht vergeigen

Beladeroboter in den Dresdner 200-mm-Fabriken von Infineon. Abb.: Infineon, Jürgen Lösel

Beladeroboter in den Dresdner 200-mm-Fabriken von Infineon. Abb.: Infineon, Jürgen Lösel

Forschungsministerin Wanka in Dresden: Zu viele halten vernetzte Fabrik für einen Hype und fürchten sich vor Datenklau

Dresden, 15. April 2015: Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) warnt den deutschen Mittelstand, die Chancen von „Industrie 4.0“ nicht zu verpassen. „Die Großen in Deutschland wie Siemens und Bosch machen da ohnehin mit. Wir müssen aber auch den Mittelstand davon überzeugen, diese Lösungen auch einzusetzen“, sagte sie heute auf einer Rede in einem CDU-Diskussionsforum vor Wirtschafts- und Institutsvertretern in Dresden. „Denn nicht China, nicht den USA nützt dieser Trend am meisten, sondern Deutschland.“

Hinter Schlagwort steckt neue Stufe der Robotik und Vernetzung

Das Schlagwort von der „Industrie 4.0“ wird oft etwas vage verwendet, zielt aber auf eine neue Automatisierungs- und Vernetzungsstufe in den Fabriken, die der Industrie erhebliche Produktivitätsvorteile bringen soll. Und gerade auf diesem Weg sei Deutschland eben bereits jetzt führend, könne eine Pionierrolle daher gut ausfüllen, meint Wanka.

Im Fraunhofer-Institut IWU in Dresden warnte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka den Mittelstand, den "Industrie 4.0"-Trend bloß nicht als Luftblase abzutun. Foto: Heiko Weckbrodt

Im Fraunhofer-Institut IWU in Dresden warnte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka den Mittelstand, den „Industrie 4.0“-Trend bloß nicht als Luftblase abzutun. Foto: Heiko Weckbrodt

De-Industrialisierung in Deutschland gestoppt

Sie argumentiert dabei mit den unterschiedlichen Industrialisierungs-Graden und der bereits erreichten Automatisierung in Deutschland im internationalen Vergleich. So habe zwar auch in der Bundesrepublik (alt) in den 1960er eine De-Industrialisierung der Wirtschaft zu Gunsten des Dienstleistungssektors stattgefunden. Aber in Deutschland setzte sich dieser Prozess seit der Jahrtausendwende nicht mehr fort. Folge: Die Industrie hat heute in der Bundesrepublik einen Wertschöpfungsanteil von etwa 22 Prozent an der Gesamtwirtschaft, in der USA seien es hingegen nur noch zwölf Prozent, in Großbritannien elf Prozent. Insofern habe in Deutschland eine Hochautomatisierung der Industrie ein ganz anderes Gewicht als in den Vereinigten Staaten.

282 Roboter auf 10.000 Industriearbeiter – in China sind’s nur 14

Aufstrebende Industrieländer wie China hingegen würden in der Automatisierung einfach noch zu weit zurück liegen, meint Wanka. „In China kommen auf 10.000 Industriearbeitsplätze im Schnitt 14 Roboter – in Deutschland sind es 282 Roboter“; sagte sie.

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Mittelstand wollen ihre Daten nicht herausrücken

Natürlich sei ihr sehr wohl bewusst, dass viele Mittelständler dieses Gerede von Industrie 4.0 für einen Hype, eine Luftblase halten, argumentierte die Ministerin weiter. Andere dürften wohl die hohen Investitionskosten in Roboter, Automatisierungstechnik und Total-Vernetzung ihrer Fabriken scheuen. Zudem hätten viele Unternehmer starke Sicherheits-Bedenken, ihr Know-How und ihre Produktionsdaten dem Internet und ganz speziell auch US-Cloud-Dienstleistern oder chinesischen Netzwerkausrüstern anzuvertrauen, so Wanka. Sie befürchten vor allem Industriespionage und Netzattacken. So ganz unbegründet sind diee Bedenken wohl auch nicht: Erst in jüngster Zeit habe es in einem Unternehmen Probleme gegeben, einen Hochofen richtig herunterzufahren – wegen eines Cyberangriffs, räumte die Ministerin ein.

Hoffnung ruht auf Industrie-4.0-Cloud von Fraunhofer

Aber zumindest für die Abschirmung sensibler Daten gebe es inzwischen Lösungen. Dabei setzte sie große Hoffnungen auf das von Fraunhofer speziell für „Industrie 4.0“-Sicherheit entwickelte Konzept des „Industrial Data Space“. „Dort behält jeder seine eigenen Daten und kann sie dennoch vernetzen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt