Autoverkehr minderte sich wenig, doch Bahn-Verspätungen nahmen stark zu
Fürth/Nürnberg/Salzburg, 2. September 2024. Das „9-Euro-Ticket“, mit der die Bundesampel 2002 die Bürger entlasten und ihre Verkehrswende testen wollte, hat den Autoverkehr nur wenig reduziert, dafür die Verspätungen der Eisenbahn stark nach oben getrieben und den Bund rund 2,5 Milliarden Euro gekostet. Das hat eine Studie des Ifo-Zentrums für soziale Marktwirtschaft in Fürth, der „Friedrich-Alexander-Universität“ (FAU) in Erlangen-Nürnberg und der Uni Salzburg (PLUS) ergeben. „Damit war es eine teure und ineffiziente Klimaschutzmaßnahme“, schätzt Zentrums-Leiterin Sarah Necker ein.
5% weniger Autoverkehr, 30 % mehr Bahn-Verspätungen, 2,5 Milliarden Euro Kosten für den Bund
Demnach hat die für 8 Euro verkaufte Pauschal-Monatskarte für lokale und regionale Busse und Bahnen in ganz Deutschland den Autoverkehr um 4 bis 5 Prozent verringert. „Weil die Züge stärker ausgelastet waren, verspäteten sich Züge aber um 30 Prozent häufiger“, haben die Ifo-Forscher ausgerechnet. Dies habe sich vor allem im Regionalverkehr niedergeschlagen, durch Folgeeffekte aber auch im Fernverkehr.
9-Euro-Ticket vor allem für zusätzliche Ausflüge genutzt, Effekte rasch verpufft
„Zugfahrten haben zudem vor allem an Wochenenden zugenommen“, berichtet FAU-Volkswirtschaftsprofessor Mario Liebensteiner. „Dies zeigt, dass die Menschen das 9-Euro-Ticket für zusätzliche Freizeitaktivitäten genutzt haben. Hingegen war bei den klassischen Pendelzeiten unter der Woche der Rückgang der Autofahrten gering“, sagt, Professor für Volkswirtschaftslehre an der FAU Nürnberg. Nach Auslaufen des Tickets sinkt die Zahl der Zugfahrten wieder auf das Ausgangsniveau ab, in der Tendenz sogar leicht darunter.
Deutschlandticket stützt vor allem jene, die ohnehin ÖPNV* bevorzugen
Die Studienautoren kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie all jene, die bereits vorab davor gewarnt hatten, dass solche hochsubventionierten Pauschal-Tickets – zumindest derzeit in einem dysfunktionalen Bahnnetz und -angebot – kaum ökologischen Nutzen haben, sondern eher eine Kernklientel ausgewählter Parteien finanziell stützen: „Unsere Ergebnisse zum 9-Euro-Ticket legen nahe, dass das deutlich teurere Deutschlandticket den Autoverkehr vermutlich noch weniger reduzieren wird, selbst wenn es länger verfügbar ist“, meint Sarah Necker. Es sei davon auszugehen, dass das Deutschlandticket denjenigen zugutekommt, die schon vorher regelmäßig den öffentlichen Nahverkehr genutzt haben und dies nun zu einem günstigeren Preis tun können.
Für ihre Untersuchung hatten die Forscher Mobilitätsdaten von GPS-Geräten, Verkehrsvolumendaten über die durchschnittliche Anzahl der Fahrzeuge pro Woche an verschiedenen Verkehrszählstellen in Deutschland und Zugverkehrsdaten der Deutschen Bahn kombiniert.
Autor: hw
Quelle: Ifo, Wikipedia
* Öffentlicher Personennahverkehr = lokale und regionale Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen, Regionalzüge
Wissenschaftliche Publikation:
„Auswirkungen des 9-Euro-Tickets auf das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung“ von Mario Liebensteiner, Jakob Losert, Sarah Necker, Florian Neumeier, Jörg Pätzold und Sebastian Wichert, in: Ifo-Schnelldienst 8/2024, Fundstelle im Netz: https://www.ifo.de/
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