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Größte Physiktagungen Europas starten in Dresden

Supraleiter sind besondere Materialien, die im tiefgekühlten Zustand Strom widerstandsfrei leiten. Würden solche Supraleiter bereits bei Raumtemperatur funktionieren, könnten die Energieverluste von Maschinen und Strom-Kabeln drastisch gesenkt werden. Die Physiker streiten aber noch darüber, wie nah oder fern wir von diesem Durchbruch sind. Foto: Heiko Weckbrodt

Supraleiter sind besondere Materialien, die im tiefgekühlten Zustand Strom widerstandsfrei leiten. Würden solche Supraleiter bereits bei Raumtemperatur funktionieren, könnten die Energieverluste von Maschinen und Strom-Kabeln drastisch gesenkt werden. Die Physiker streiten aber noch darüber, wie nah oder fern wir von diesem Durchbruch sind. Foto: Heiko Weckbrodt

Nach Corona-Pause erwartet die DPG ab heute rund 7300 Forscher in der Stadt

Dresden, 20. März 2023. Können neue Supraleiter, die nun doch schon bei Zimmertemperatur allen Strom verlustfrei leiten, uns bald enorme Energie-Ersparnisse bescheren? Ist Großforschung ohne „Künstliche Intelligenz“ in Zukunft überhaupt noch machbar? Wo hat sich die Dunkle Materie versteckt? Wie können Kernphysiker im Kampf gegen das Verbrechen helfen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich zwei aufeinanderfolgende Tagungen der „Deutschen Physikalischen Gesellschaft“ (DPG), die ab heute insgesamt rund 7300 internationalen Forschern und Studenten nach Dresden locken.

Dr. Frank Siegert. Foto: TUD

Dr. Frank Siegert. Foto: TUD

„Dresden ist dieser Tage der europäische Mittelpunkt der Physik“

Das Interesse sei groß und der Umfang der Tagungen sei riesig, betonten die örtlichen Tagungsleiter Dr. Frank Siegert und Prof. Jochen Geck von der TU Dresden. In Summe handelt es sich um die größte Physikertagung in Europa in diesem Jahr. „Dresden ist dieser Tage der europäische Mittelpunkt der Physik“, schätzte DPG-Sprecher Gerhard Samulat ein. Dass gerade Dresden zum Austragungsort erkoren wurde, ist auch kein Zufall: „Wir haben uns intensiv mit der Frage beschäftigt, wo wir überhaupt so große Tagungen ausrichten können“, erklärte DPG-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Nunner. „Letztlich sind wir immer wieder auf drei Orte gekommen: Berlin, Regensburg und eben Dresden.“ Auch die breite Forschungslandschaft in Sachsen, die Beiträge der TU Dresden zur Forschung am Cern, die enge Verflechtung mit den hiesigen Hochtechnologie-Industrien und nicht zuletzt der hohe Freizeitwert sprachen für die sächsische Landeshauptstadt, die bereits vor der Corona-Pause mehrfach Gastgeber der riesigen DPG-Tagungen war.

Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und warum Risiken gesund sind

Und obgleich das wissenschaftliche Programm der „DPG-Frühjahrstagung der Sektion Materie und Kosmos“ vom 20. bis 24. März und die folgende DPG-Frühjahrstagung der Sektion Kondensierte Materie vom 26. bis 31. März 2023 auf hochspezialisierte Fachleute zugeschnitten und auf Englisch ist, haben doch auch die normalsterblichen Dresdner etwas von diesen Großveranstaltungen: Die Physiker bieten nämlich auch kostenlose und populärwissenschaftliche Vorträge auf Deutsch an. So erzählt Prof. Gerd Gigerenzerv von der Universität Potsdam am 22. März, 20 Uhr, im Audimax an der Bergstraße über den Umgang mit Risiken in der Wissenschaft. Einen Tag später (selbe Zeit, selber Ort) skizziert Prof. Christian Stegmann den Weg „Von Sachsen ins Universum“ und erklärt die Pläne für ein Astrophysik-Großforschungszentrum in der Lausitz genauer. Am 26. März (selber Ort, aber schon ab 18.30 Uhr) Prof. Ricarda Winkelmann vom Potsdamer Klimafolgeninstitut über sogenannte „Kipp-Punkte im Klimasystem“.

Prof. Metin Tolan wird auf der DPG-Frühjahrstagung in Dresden über die Physik der Enterprise aus den Startrek-Filmen referieren. Foto: Paramount

Prof. Metin Tolan wird auf der DPG-Frühjahrstagung in Dresden über die Physik der Enterprise aus den Startrek-Filmen referieren. Foto: Paramount

Großen Unterhaltungswert verspricht auch wieder der Vortrag „Die Star-Trek-Physik“ von Prof. Metin Tolan von der Uni Göttingen: Am 28. März will er erklären, warum das Raumschiff „Enterprise“ nur 158 Kilogramm wiegt und andere galaktische Erkenntnisse ausbreiten. Außerdem zeigt das „Netzwerk Teilchenwelt“ vier Tage lang die Ausstellung „Urknall unterwegs“ in Dresden. Am 22. März steht sie von 10 bis 17 Uhr am Kulturpalast, am 20., 21. und 23. März vor dem Hörsaalzentrum der TU Dresden.

Skepsis an neuen Supraleit-Meldungen

Und um den Bogen von der Eingangsfrage noch zu schließen: Zwar hatte erst kürzlich ein Bericht weltweit für Schlagzeilen gesorgt, laut dem Ranga Dias von der „University of Rochester“ einen Supraleiter gefunden haben will, das bereits bei 21 Grad Celsius funktioniert, wenn auch nur bei hohen Drücken. Viele Physiker bleiben allerdings skeptisch – auch weil diese Forschungsgruppe bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Berichten herausplatzte und sie dann wieder zurückgezogen werden mussten. Auch Dresdner Wissenschaftler warnen vor zu hohen Erwartungen: „Unmöglich ist das nicht, aber Zweifel an der Studie sind berechtigt“, erklärte der Dresdner TU-Professor Geck zum Auftakt der Tagung.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: DPG

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt