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Ifo: Mindestlohn-Erhöhung wird Preise weiter steigen lassen

Seit 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde. Foito (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Ab 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde, ab 1. Oktober 2022 liegt er bei 12 Euro. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Nur Minderheit plant Entlassungen

München, 11. September 2022. Die deutlich höheren Mindestlöhne ab Oktober werden die Inflation weiter anheizen, hat eine Umfrage des Ifo-Instituts München ergeben: Demnach wollen 58 Prozent der befragten Unternehmen mit höheren Preisen auf die steigenden Personalkosten reagieren. „Das dürfte die ohnehin schon große Inflation weiter antreiben“, schätzte Ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link ein. Denn diesmal treffen die Lohnerhöhungen mit besonders hohen Kostensteigerungen für Energie und Rohstoffe, Corona-Nachwirkungen sowie einem Abschwung in vielen westlichen Industrieländern zusammen.

Mindestlohn seit 2015 um 41 % gestiegen

Die Regierung hat für den 1. Oktober 2022 einen Mindestlohn von zwölf Euro verordnet. Im Vergleich zum 1. Januar 2015, als der Bund den Mindestlohn mit einem Satz von 8,50 Euro eingeführt hatte, ist dies ein Zuwachs um 41 Prozent. Dies entspricht jährlichen Lohnsteigerungen von 5,8 Prozent für die unteren Verdienstgruppen. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 10,45 Euro pro Stunde.

Unternehmen erhöhen Preise und streichen Weiterbildung, Boni und Arbeitszeit zusammen

Vor allem für kleinere Unternehmen mit hohem Einsatz von niedrig qualifiziertem Personal sind dies erhebliche Kostenbelastungen. Die zunächst gerade vom Ifo-Institut prophezeiten Massenentlassungen von Ungelernten sind allerdings bisher ausgeblieben. Auch auf die nächste Erhöhungsrunde im Herbst will nur eine Minderheit von 12,7 Prozent mit Entlassungen reagieren. Bisher haben viele Unternehmen vor allem mit Sparkursen an anderen Stellschrauben im Betrieb auf die höheren Personalkosten reagiert , mit Arbeitszeit-Kürzungen und vor allem Preiserhöhungen – beispielsweise höhren Brötchenpreisen. Diesmal wollen 18 Prozent der Firmen die durchschnittliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten senken, 17,6 Prozent denken über Kürzungen bei zusätzlichen Lohnbestandteilen wie Sonderzahlungen, Boni und geldwerten Vorteilen nach. Außerdem wollen die Unternehmen ihre Investitionen sowie Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zurückschrauben.

Knapp 40 % der Ost-Unternehmen zahlen weniger als 12 € pro Stunde

Die Mindestlohn hat im Osten Deutschlands größere praktische Relevanz als im Westen: „In Westdeutschland beschäftigen bisher 29,1 Prozent der teilnehmenden Unternehmen zu weniger als 12 Euro pro Stunde, im Osten jedoch 39,9 Prozent“, teilte das Ifo mit. „Unterschiede gibt es auch zwischen den Branchen: In der Gastronomie sind 78,0 Prozent der befragten Firmen betroffen, im Beherbergungssektor 65,1 Prozent der Betriebe. In der Zeitarbeit bezahlen derzeit 63,5 Prozent der Firmen unter dem neuen Mindestlohn, im Landverkehr 46,7. Überdurchschnittlich betroffen sind auch der Einzelhandel mit 57,9 Prozent, die Textilindustrie mit 71,9 Prozent und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit 61,4 Prozent der Unternehmen.“

Autor: hw

Quelle: Ifo

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt