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Damit der Chirurg bald in Echtzeit auch die letzte Metastase sieht

Prof. Oliver Bruns studierte Biochemie und Molekularbiologie an der Universität Hamburg und war u. a. am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig. Seit 1. Februar 2022 ist er Professor im NCT Dresden. Foto: André Wirsig für das NCT/UCC

Prof. Oliver Bruns studierte Biochemie und Molekularbiologie an der Universität Hamburg und war u. a. am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig. Seit 1. Februar 2022 ist er Professor im NCT Dresden. Foto: André Wirsig für das NCT/UCC

Biochemiker Bruns will im Krebszentrum NCT in Dresden mit Wärmebild-Kameras Krebszellen bei OPs live sichtbar machen

Dresden, 7. Februar 2022. Künftig sollen spezielle Infrarotkamera im Gespann mit Leuchtstoffen den Chirurgen sogar einzelne verbliebene Krebszellen rings um einen Tumor sichtbar machen – und damit besonders präzise OPs möglich machen. Um diese Technologie zur Einsatzreife zu führen, hat das nationale Centrum für Tumorerkrankungen und Unikrebszentrum Dresden (NCT/UCC) nun den Biochemiker Oliver Bruns als Professor neu für „Funktionelle Bildgebung in der Operativen Onkologie“ berufen. Sein Team wird an der Schnittstelle zwischen „Biologie, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Medizin“ arbeiten und dabei „modernste Technik aus der Industrie integrieren“, kündigte das NCT an.

Hoffnung auf präzisere Eingriffe

„Die Darstellung einzelner Tumorzellen im gesamten Tumorrand und in Lymphknoten während einer Operation ist bislang ein ungelöstes Problem“, erklärte Prof. Jürgen Weitz vom NCT-Vorstand die Hintergründe. „Die Idealvorstellung wäre, dass die neue Bildgebungsmethode künftig so präzise ist, dass beispielsweise Tumorzellen rot erscheinen, Nerven grün und Blutgefäße blau. Wenn die Entwicklung in diese Richtung geht, könnte sich die Präzision und Sicherheit in der Tumorchirurgie deutlich erhöhen.“

„Abfallprodukt“ der Autoindustrie

Um dies zu erreichen, setzt der 42-jährige Bruns auf neue Fluoreszenzmittel und auf Kurzwellen-Infrarotkameras, die erst seit kurzem durch technologische Fortschritte insbesondere bei automatisch fahrenden Autos verfügbar geworden sind. Diese Wärmebild-Systeme arbeiten mit Wellenlängen um einen Mikrometer (Tausendstel Millimeter) herum, im Englischen als „short wave infrared“ (SWIR) bezeichnet.

Schärfere Bilder mit Kurzwellen-Infrarot

„Kurzwelliges Infrarotlicht bietet einen besseren Kontrast und schärfere Bilder“, betonte sagt der neuberufene Professor Bruns. „Ausgehend von unseren Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung sind wir davon überzeugt, dass die Methode das Potenzial hat, in Zukunft verbliebene Krebszellen an Tumorrändern in einer Tiefe von mehreren Millimetern abzubilden. Auch das Sichtbarmachen einiger weniger Tumorzellen in Lymphknoten liegt im Bereich des Möglichen.“

Millimeter entscheiden über Erfolg einer OP

Diese Präzision kann über Erfolg oder Misserfolg einer Krebs-Operation entscheiden: „Schneidet die Chirurgin oder der Chirurg zu nah am Tumor, können Krebszellen im Körper verbleiben“, erläutern die NCT-Experten. „Wird ein größerer Abstand gewählt, können wichtige umliegende Strukturen wie Nerven geschädigt werden.“ Bisher entnehmen die Ärzte bei solchen Eingriffen Proben des umliegenden Gewebes, die dann von Pathologen auf Metastasen durchforstet werden. Dies soll künftig durch die neue Fluoreszenz-Bildgebung mit kurzwelligem Infrarotlicht präziser und zudem in Echtzeit möglich werden.

Quelle: NCT

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt