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Magie der Risse

In der Mikroskopaufnahme sind der "Kaffeerand" und die Risse zu sehen, die sich bilden, wenn der Tropfen einer Siliziumdioxid-Suspension vertrocknet. Abb.: ILK DD / Physics Today 74, 8, 64 (2021)

In der Mikroskopaufnahme sind der „Kaffeerand“ und die Risse zu sehen, die sich bilden, wenn der Tropfen einer Siliziumdioxid-Suspension vertrocknet. Abb.: ILK DD / Physics Today 74, 8, 64 (2021)

Dresdner Aufnahme von vertrockneten Nanotech-Tropfen auf Titelseite von „Physics today“

Dresden, 7. Januar 2022. Auf den ersten Blick mag man an einen durchfrosteten Baumstamm denken oder ein begonnenes, doch dann vergessenes Mandala. Doch tatsächlich handelt es sich um einen vertrockneten Kieselsäure-Tropfen unterm Mikroskop. Entstanden ist diese Aufnahme am privaten Institut für Luft- und Kältetechnik (ILK) Dresden. Und dieses Wissenschaftsfoto hat die Redakteure der renommierten Fachzeitschrift „Physics today“ so beeindruckt, dass sie es nun auf ihrer Titelseite publiziert haben.

Unerwünschten Beschichtungs-Rissen in Thermosyphons auf der Spur

Hintergrund war eine gemeinsame Untersuchung des ILK, der polnischen „University of Science and Technology Wrocław“ und der italienischen „University of Padova“. Die Forschenden wollten herausfinden, als ein Forscherteam dort untersuchen wollte, warum und wie sich manchmal Risse in neuen Nanobeschichtungen auf Verdampferflächen wie zum Beispiel in den Thermosyphons von Solaranlagen, Heizungen oder Dampfkesseln bilden.

Robert Mulka aus Wrocław bereitet das Tropfenexperiment im Versuchsfeld des ILK Dresden vor. Foto: ILK DD

Robert Mulka aus Wrocław bereitet das Tropfenexperiment im Versuchsfeld des ILK Dresden vor. Foto: ILK DD

Mikroströmungen und Spannungen erzeugen „Kafferand“

Dafür rührten sie eine Suspension aus Siliziumdioxid an – jenem Material, aus dem zum Beispiel Quarz und Sand bestehen. Einen zehn Mikroliter fassenden Tropfen davon träufelten sie auf eine Platte und filmten dann, wie die Flüssigkeit langsam vertrocknete. Dabei trieben Grenzspannungen und Mikroströmungen kleine Siliziumdioxid-Teilchen an die Außenseite und bildeten dort einen Rand ähnlich dem, den man unter Kaffeetassen manchmal findet. Durch diese Transportprozesse und Ablagerungen entstanden Zug- und Scherspannungen, die sich schließlich von selbst als Risse abbauten. Sie bildeten sich zunächst außen und dann auch innen als radiale Risse.

Manche Risse sind winzig – andere 140 km lang

Risse sind in der Natur und in technischen Prozessen ein allgegenwärtiges Phänomen. Beim ILK-Experiment waren die Risse nur etwa 500 Mikrometer – also einen halben Millimeter – lang. Andere hingegen sind riesig: Der Riss im Larsen-C-Schelfeis der Antarktis beispielsweise ist 140 Kilometer lang. Meist sind Risse etwas unerwünscht: Wenn beispielsweise Korrosionsschutz-Schichten reißen, beginnen Metallteile oft zu rosten. Angerissene tribologische Beschichtungen in Motoren oder anderen Maschinen wiederum können für erhebliche Reibungsverluste sorgen. Daher arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure weltweit daran, Rissbildungen zu verstehen und zu verhindern.

Autor: hw

Quelle: ILK

Wissenschaftliche Publikation:

A. Mulka u. a.: “Drying silica-nanofluid droplets“, in: Physics Today 74, 8, 64 (2021)

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt