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Fusion Bionic baut Kleinfabrik für bionische Lasereffekte in Dresden

Dr. Sabri Alamri von "Fusion Bionik" mit einer lasergravierten Probe. Foto: Ronald Bonß für das Fraunhofer-IWS

Dr. Sabri Alamri von „Fusion Bionik“ mit einer lasergravierten Probe. Foto: Ronald Bonß für das Fraunhofer-IWS

Fraunhofer-Ausgründung bekommt Millionenbetrag von Risikokapitalgebern

Dresden, 10. September 2021. Die Fraunhofer-Ausgründung „Fusion Bionic“ will in Dresden eine kleine Fabrik für bionische Lasereffekte einrichten und hat dafür nun einen Millionenbetrag von Risikokapitalisten bekommen. Das geht aus einer Mitteilung des Technologie-Unternehmens hervor. An der Finanzierung beteiligen sich der „Technologiegründerfonds Sachsen“ (TGFS), der Fraunhofer-Technologietransferfonds (FTTF) und „Avantgarde Labs Venture“ – die Wagniskapitaltochter des Dresdner Informationstechnologie-Unternehmens „Avantgarde Labs“.

Die Gründer von "Fusion Bionic" (von links nach rechts): Dr. Tim Kunze, Laura Kunze, Dr. Sabri Alamri und Benjamin Krupop. Foto: Ronald Bonß für Fusion Bionik (Pressefoto)

Die Gründer von „Fusion Bionic“ (von links nach rechts): Dr. Tim Kunze, Laura Kunze, Dr. Sabri Alamri und Benjamin Krupop. Foto: Ronald Bonß für Fusion Bionik (Pressefoto)

Laser graviert Muster nach dem Vorbild von Hai, Lotus und Motte auf technische Produkte

Die Ingenieure haben inzwischen bereits angefangen, ihr „Applikationszentrum“ im Gewerbezentrum an der Löbtauer Straße einzurichten. Dort möchte das vierköpfige Team um „Fusion Bionic“-Chef Tim Kunze künftig für diverse Auftraggeber auf die Oberflächen von Bauteilen und fertigen Produkten beispielsweise Lotus-, Haifisch- oder Mottenaugen-Effekte per Laser eingravieren. Auch wollen sie dort Anwendungsszenarien für und mit ihren Kunden entwickeln und die dafür benötigten Laserköpfe, Optiken und sogar ganze Laserzellen produzieren, teile Tim Kunze auf Oiger-Anfrage mit.

Andrés Lasagni (rechts) und Prof. Frank Mücklich (links) haben eine neue Methode gefunden, um mit Lasern sehr schnell Mikrostrukturen zu erzeugen.

Andrés Lasagni (rechts) und Prof. Frank Mücklich (links) gehörten an der TU Dresden zu den Erfindern der lasergestützten Mikrostrukturen. Foto: Klingseisen, Berthold-Leibinger-Stiftung

Technologie im Fraunhofer-Strahlinstitut IWS und an TU Dresden entwickelt

Dafür verwenden sie eine spezielle Technologie, die sie gemeinsam mit weiteren Forschern im Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) und an der TU Dresden entwickelt hatten. Dabei teilen sie Laserstrahlen optisch auf, führen sie dann wieder zusammen, so dass ein größflächiges Interferenzmuster entsteht. Trifft dieses energiereiche Überlagungsmuster auf eine Metallhaut oder eine andere Oberfläche, graviert es ein vorher am Computer entworfenes „bionisches“ Muster, also eine Struktur nach dem Vorbild der Biologie. Das kann zum Beispiel die reibungsmindernde Oberflächenstruktur der Hai-Haut sein, die Entspiegelungseffekte von Mottenaugen oder der allseits bekannte wasserabweisende Lotuseffekt.

Geldgeber erwarten „einzigartige Produkte“

„Fusion Bionic ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Technologie es uns ermöglicht, die komplexe Strukturen der Natur nachzuahmen und ihre einzigartigen Funktionen zu nutzen“, betonte Thong Le Hoang vom FTTF. „Ihr Konzept der Bionachahmung kann auf verschiedene Industriesektoren und vor allem im großen Maßstab angewendet werden.“ Zu erwarten seien daraus „einzigartige Produkte.“

Im Airbus 350 XWB stecken Kohlefaser-Kegel aus Dresden. Foto: Airbus

Bionische Laserstrukturen könnten künftig helfen, vereiste Tragflächen zu vermeiden. Foto: Airbus

Lasermuster kann ganze Tragflächen rasch bionisch veredeln

Damit rechnet auch „Fusion Bionic“-Chef Kunze: Bisher erfolgt die industrielle Herstellung funktionaler Oberflächen auf Produkten typischerweise durch Beschichtungen oder lithografische Verfahren“, erklärte er. Durch die neue Lasertechnik aus Dresden, die zum Beispiel auch große Flugzeugtragflächen quadratmeterweise gravieren kann, biete „völlig neue Freiheitsgrade bei der Oberflächengestaltung mit einer beispiellosen hohen Geschwindigkeit, die neuartige Produkte und Prozesse ermöglicht.“

KI von Avantgarde Labs Dresden soll Musterentwurf beschleunigen

Mit dem nun eingeworbenen Risikokapital und den neugeschlossenen Partnerschaften wollen Kunze und sein Team nicht nur ihr erstes Applikationszentrum in Dresden einrichten, sondern auch ihre Technologie verbessern: „Mit Hilfe künstlicher Intelligenz lässt sich das Verfahren weiter beschleunigen“, erläuterte er. Von den Partnern der aktuellen Finanzierungsrunde verspricht er sich insofern nicht nur Geld, sondern auch eine technologische Zusammenarbeit. Denn hinter dem neuen Anteilseigner „Avantgarde Labs Ventures“ steht eine Softwareschmiede aus der Dresdner Neustadt, die auf KI und Datenanalyse spezialisiert ist. Mit dieser Expertise im Rücken möchten die ehemaligen Fraunhofer-Ingenieure nun insbesondere den Entwurf neuer bionischer Lasermuster sowie der nötigen Prozessparameter mittels künstlicher Intelligenz verbessern.

Stephan Milles von der TU Dresden hat eine Aluminium-Platte so mit einem Laser graviert, dass Wasser komplett abperlt. Foto: Tobias Ritz für die TU Dresden

Lotuseffekt technologisch nachgestellt: Stephan Milles von der TU Dresden hat eine Aluminium-Platte so mit einem Laser graviert, dass Wasser komplett abperlt. Foto: Tobias Ritz für die TU Dresden

Auch Heraeus interessiert sich für Ausgründung

„Fusion Bionic“ entstand im Sommer 2021 als Ausgründung aus dem IWS. Das – inklusive Gründer – funkköpfige Team ist inzwischen aus dem Fraunhofer-Institut ausgezogen und in das städtische Gewerbezentrum an der Kesselsdorfer Straße umgezogen. Erst kürzlich hatte zudem der hessische Technologie-Konzern „Heraeus“ das Dresdner Start-up in sein „Accelerator“-Programm aufgenommen, um eine langfristige Zusammenarbeit im Edelmetall-Sektor auszuloten.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Interview Tim Kunze, PM Fusion Bionic, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt