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Dresden will mehr internationale Talente angeln

Bilschirmfoto (hw) aus: Innovation made in Dresden, Quelle: Intap

Bilschirmfoto (hw) aus: Innovation made in Dresden, Quelle: Intap

Netzwerk „Intep“: Kampagne „Innovation Made in Dresden“ soll ausländischen Absolventen das „Hierbleiben“ schmackhaft machen

Dresden, 8. Juni 2021. So erfreulich die jüngsten Hightech-Ansiedlungen und Ankündigungen von Bosch, Vodafone und Jenoptik für den Standort Dresden auch sind, so haben sie doch eine Kehrseite: Sie stoßen in einen lokalen Arbeitskräftemarkt, in dem das Gerangel um die besten Köpfe im Hochtechnologiesektor ohnehin bereits im vollem Gange ist. Um den Fachkräftemangel etwas zu mildern, will das regionale Netzwerk „Intap“ nun mit einer neuen Standort-Kampagne „Innovation Made in Dresden“ Tausende internationale Studenten und andere Talente dazu bewegen, dauerhaft im „Silicon Saxony“ zu bleiben, statt wieder in die Heimat zurückzukehren oder ihr Glück in der Ferne zu versuchen.

Neuer Oberbürgermeister in Dresden: Dirk Hilbert. Foto: hilbert-fuer-dresden.de

Oberbürgermeister Dirk Hilbert. Foto: hilbert-fuer-dresden.de

Oberbürgermeister Hilbert: Selbst in Krisenjahren entstehen viele neue Jobs in Dresden

Der Bedarf an fähigen Absolventen ist zweifellos groß: „Pro Jahr entstehen bei uns zwischen 3000 und 6000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse“, informierte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zum Kampagnenstart. Selbst im Krisenjahr 2020 habe es in Dresden immer noch einen Zuwachs um 1000 Jobs gegeben. „Auch für die nächsten Jahre gehe ich weiter von einem Beschäftigungszuwachs aus.“ Das Fachkräfteproblem habe in vielen Unternehmen höchste Priorität, betonte Hilbert. Und das gelte nicht nur für die Chipfabriken und anderen richtig großen Arbeitgeber der Stadt, sondern ganz besonders auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die „KMU“.

Video aus der Dresden-
Kampagne (Quelle: Intap):

TU Dresden kann nur halb so viel Informatiker liefern wie benötigt

Wachsenden Talentebedarf sieht auch Robotron-Chef Ulf Heinemann, seines Zeichens auch sächsischer Landessprecher für den deutschen Digitalwirtschafts-Verband „Bitkom“: „Derzeit macht Software etwa fünf Prozent der Wertschöpfung in einem Auto aus“, skizzierte er eine Triebfeder dieser Entwicklung im Autoland Sachsen. „In Zukunft werden es über 40 Prozent sein, durch Cloud-Dienste, autonomes Fahren und weitere Technologietrend im Automobil.“ Und dies sorge gerade in den industrienahen Softwareschmieden Sachsens für erheblichen Fachkräftebedarf. Allein in Dresden könnte die Branche jährlich rund 1600 Informatiker und ähnliche Spezialisten aufsaugen. Die TU Dresden hat aber nur Kapazitäten, um pro Jahr rund 800 Informatiker auszubilden. „Und dieses Jahr waren es in der Praxis sogar nur 600“, warnt Heinemann. Zwar bilden auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und weitere Einrichtungen in Dresden ebenfalls Informatiker aus. Zudem hat der Freistaat erst vor wenigen Tagen der TU mehr Geld für die Informatik-Ausbildung versprochen. Dennoch ist die Softwarebranche im „Silicon Saxony“ weiter hochgradig auf internationale Zuwanderung angewiesen – nicht zuletzt, weil mancher Spezialist eben nur im Ausland zu finden ist.

Hat eigentlich Soziologie studiert, leitet jetzt aber ein Unternehmen voller Ingenieure: Geschäftsführerin Mandy Schipke erzählt auf der Messe "Karrierestart", wie das Dresdner Technologie-Startup "NOVUM" innerhalb eines Jahres nach der Gründung rentabel wurde. Foto: NOVUM

Mandy Schipke. Foto: Novum

Internationale Studenten empfinden deutsche Sprache als hohe Hürde

Ähnliches gilt auch für die Energietechnologie-Unternehmen: „In der Energiebranche ist der Fachkräftebedarf mindestens doppelt so hoch wie in der Softwarebranche“. Davon ist die Vorstandsvorsitzende Mandy Schipke vom Branchenverband „Energy Saxony“ überzeugt. „Und bei uns ist Englisch sowieso eher die Sprache der Wahl, Deutsch ist da eher optional“, betonte sie mit Blick auf die Sorgen vieler ausländischer Studenten, die die deutsche Sprache als zu schwer empfinden.

Jeder sechste Studierende stammt aus dem Ausland

Insgesamt stammten von den rund 107.000 Studenten, die im Semester 2019/20 an Sachsens unis und Hochschule eingeschrieben waren, etwa 18.000 aus dem Ausland. Auch der TU Dresden liegt der Anteil der „Internationalen“ bei 16,5 Prozent. „Darunter sind viele Top-Leute, die wir bewegen wollen, hierzubleiben“, kündigte Intap-Sprecherin Elzyata von Unold an. Erreichen wollen die Netzwerker das mit neuen Standort-Werbevideos. Außerdem organisieren sie Kennenlern-Veranstaltungen („Pitch’n‘Match-Events“), in denen hiesige Hightech-Mittelständler um die internationalen Talenten buhlen können. Zur Auftaktveranstaltung heute präsentierten sich durchweg Mittelständler und Neugründungen wie Robotron, Senorics, Racyics, Descript, Communardo, Freiberg Institut, Erwards, Flowlogix, Novum Engineering, Elevait und Enloc Energy.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Intep, LHD, Bitkom

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt