Uni-Ausgründung „Hybr Games“ entwickelt Spiele am Schnittpunkt zwischen physischer und virtueller Welt.
Dresden, 18. Juni 2020. Die Delfine haben die Erde verlassen, weil sie die drohende Zerstörung des Planeten voraus geahnt haben. Was, das haben Sie gar nicht mitgekriegt? Kann man alles in der fünfbändigen Kult-Triologie „Per Anhalter durch die Galaxis“ nachlesen. Seitdem sabotieren die Ex-Meeressäuger penetrant die Raummissionen menschlicher Astronauten – so erzählt zumindest der Dresdner Spieledesigner Andreas Wilde die Story des britischen Schriftstellers Douglas Adams weiter. Gemeinsam mit Bartłomiej Zalewski, Milena Meißner und Jonas Kopcsek hat er aus der Delfin-Romanepisode nun ein hybrides Spiel gesponnen, das digitale und analoge Welt vereint.
Kombination aus Brettspiel und App-Spiel setzt auf Bilderkennung
In „Houston – We have a Dolphin!“ enttarnen mehrere Spieler mit- und gegeneinander eine Delfin-Verschwörung auf einem Erdenraumschiff. Dabei haben sie illustrierte Pappkarten in den Händen und ein Smartphone als Geheimnishüter und Bilderkennungsmaschine auf dem Tisch. Im Mittelpunkt steht dabei das gemeinsame soziale Erlebnis und das deduktive Rätselraten. Wenn die Idee in der internationalen Spielergemeinde ankommt, will das Team, das bisher noch in den Räumen der TU Dresden residiert, im Laufe des Sommers offiziell das Unternehmen „Hybr Games“ gründen.
Macher versprechen innovative Spielmechaniken und ein immersives Erlebnis
Wilde sieht großes Marktpotenzial für die Uni-Ausgründung: „Die hybride Technologie bietet innovative Spielmechaniken und ein sehr intensives Erlebnis, das weder klassische Brettspiele und rein digitale Spiele so haben“, ist er überzeugt. „Man kann viel tiefere Geschichten erzählen.“ Durch die digitale Unterstützung entstehe mit nur einer Handvoll Teilnehmer ein sehr komplexes Szenario mit Interaktionen, auf die ein Brettspiel sonst nur mit weit mehr Spielern komme. „Und der Einsteiger muss kein Regelbuch durchlesen, weil sich alles durch die App erklärt.“ Insofern ist das im Alltag längst allgegenwärtige Smartphone hier zur allwissenden Schnittstelle zwischen physischer und virtueller Welt geworden. „Das Handy ist wie eine Blackbox, die die Spielewelt und ihre Regeln erklärt, Hinweise streut, Musik und Videos abspielt“, ergänzt „Hybr“-Sprecherin Melena Meißner.
Fleischwolf-Video zu "Soviet Kittchen" von Hybr Games
Entstanden aus Studentenwettbewerb
Die ersten Schritte in die hybride Spielewelt hatten Andreas Wilde in Deutschland und Bartłomiej Zalewski in Polen zunächst unabhängig voneinander unternommen: Wilde entwickelte für einen Studenten-Wettbewerb 2016 die Idee, moderne Bilderkennungs-Systeme und die Rechenkraft moderner Smartphones für neuartige Spiele einzuspannen. Der Programmierer Zalewski meldete sich ein wenig später bei Wilde, weil er dessen Spielkonzept nutzen wollte. Als erste Frucht dieser deutsch-polnischen Kooperation kam im Oktober 2018 „Soviet Kitchen“ auf dem Markt: In dieser sowjetischen Küche können Spieler kooperativ die „perfekte Farbe“ mischen. Im Erstlingswerk mussten die Teilnehmer allerdings mit dem Smartphone noch QR-Codes, also Punktemuster, auf den Karten einscannen. Im neuen „Houston, we have a Dolphin!“ dagegen erkennt die Smartphone-App die Bilder auf den ausgespielten Karten selbstständig und verändert entsprechend den Spielverlauf.
Resonanz in Spiele-Szene
Und das neue Prinzip kommt an: „Die Szene postet Beiträge über unsere Spiele auf Instagram und Youtube“, erzählen Wilde und Meißner. „Was wir machen, spricht sich herum.“ Ein französischer Verlag hat ein Hybr-Spiel inzwischen lizenziert, übersetzte Versionen bahnen sich auch für Brasilien und die USA an.
Drachen-Spiel kommt mit Objekt-Verfolgung
Perspektivisch möchte das „Hybr“-Team etwa zwei neue Spiele pro Jahr veröffentlichen. Und Wilde brütet auch über neuen technologischen Ansätzen: „Das nächste Spiel wird Object Tracking unterstützen“, verrät er erste Details über das kommende Projekt „Dragon Rescue“. Dabei werden die Spieler zu Helden, die Drachen nicht töten, sondern retten wollen. „Man wird das mit Figuren auf dem Tisch spielen und die App erkennt, wohin sich die Figuren im Raum bewegen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Interview Wilde und Meißner, Hybr Games
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.